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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840.

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§. 125. Zeitbestimmung.
Diese relative Art der Zeitbestimmung hat jedoch auch noch
ein ungewisses Element, das Verhältniß des Ereignisses zu
der festen, allgemeinen Zeitreihe, welches neuere Schrift-
steller die quaestio quando nennen. Doch ist sie darum
nicht minder, ihrem Begriffe nach, den Bedingungen scharf
entgegengesetzt.

Dagegen ist jedes ungewisse Ereigniß, schon seinem
Begriffe nach, eine wahre, eigentliche Bedingung, selbst
wenn es durch die dabey gebrauchten Ausdrücke den täu-
schenden Schein einer Zeitbestimmung an sich tragen sollte.
Wer z. B. Etwas "an seinem Hochzeitstage" zu
geben verspricht, der verspricht eigentlich unter der Be-
dingung, wenn er in die Ehe treten sollte, und diese erhält
nur durch die wörtliche Fassung den Schein eines dies.
Es kann dabey jedoch noch der besondere Fall eintreten,
daß mit der Bedingung auch ein Kalendertag verbunden
wird. Gesetzt, es ist Einer am 1. März 1825 geboren,
und es wird ihm Etwas versprochen: "am Tage seiner
Volljährigkeit,"
so heißt das so viel als: Am 1. März
1850, vorausgesetzt daß alsdann Jener noch lebt (f).


test. (40. 4.), L. 107 § 1 de
leg.
1 (30. un.), Gajus II. § 232,
III.
§ 100. Die Erheblichkeit die-
ser Regel wird sich sogleich in
mehreren Anwendungen zeigen.
(f) L. 22 pr. quando dies
(36. 2.) "quoniam non solum
diem, sed et conditionem hoc
legatum in se continet."
Also
sind hier beide Arten der Be-
schränkung wirklich vorhanden und
vereinigt. -- Unter die als dies
ausgedrückte Bedingung gehörte
auch der, bey den Römern so
wichtige, Fall, wenn ein Latinus
Junianus,
oder ein Eheloser, auf
die Zeit seiner Capacität (d. h.
also unter der Bedingung der-
selben) eingesetzt wurde. L. 62
pr. de her. inst. (28. 5.). L.
51

§. 125. Zeitbeſtimmung.
Dieſe relative Art der Zeitbeſtimmung hat jedoch auch noch
ein ungewiſſes Element, das Verhältniß des Ereigniſſes zu
der feſten, allgemeinen Zeitreihe, welches neuere Schrift-
ſteller die quaestio quando nennen. Doch iſt ſie darum
nicht minder, ihrem Begriffe nach, den Bedingungen ſcharf
entgegengeſetzt.

Dagegen iſt jedes ungewiſſe Ereigniß, ſchon ſeinem
Begriffe nach, eine wahre, eigentliche Bedingung, ſelbſt
wenn es durch die dabey gebrauchten Ausdrücke den täu-
ſchenden Schein einer Zeitbeſtimmung an ſich tragen ſollte.
Wer z. B. Etwas „an ſeinem Hochzeitstage“ zu
geben verſpricht, der verſpricht eigentlich unter der Be-
dingung, wenn er in die Ehe treten ſollte, und dieſe erhält
nur durch die woͤrtliche Faſſung den Schein eines dies.
Es kann dabey jedoch noch der beſondere Fall eintreten,
daß mit der Bedingung auch ein Kalendertag verbunden
wird. Geſetzt, es iſt Einer am 1. März 1825 geboren,
und es wird ihm Etwas verſprochen: „am Tage ſeiner
Volljährigkeit,“
ſo heißt das ſo viel als: Am 1. März
1850, vorausgeſetzt daß alsdann Jener noch lebt (f).


test. (40. 4.), L. 107 § 1 de
leg.
1 (30. un.), Gajus II. § 232,
III.
§ 100. Die Erheblichkeit die-
ſer Regel wird ſich ſogleich in
mehreren Anwendungen zeigen.
(f) L. 22 pr. quando dies
(36. 2.) „quoniam non solum
diem, sed et conditionem hoc
legatum in se continet.”
Alſo
ſind hier beide Arten der Be-
ſchränkung wirklich vorhanden und
vereinigt. — Unter die als dies
ausgedrückte Bedingung gehörte
auch der, bey den Römern ſo
wichtige, Fall, wenn ein Latinus
Junianus,
oder ein Eheloſer, auf
die Zeit ſeiner Capacität (d. h.
alſo unter der Bedingung der-
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pr. de her. inst. (28. 5.). L.
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[207/0219] §. 125. Zeitbeſtimmung. Dieſe relative Art der Zeitbeſtimmung hat jedoch auch noch ein ungewiſſes Element, das Verhältniß des Ereigniſſes zu der feſten, allgemeinen Zeitreihe, welches neuere Schrift- ſteller die quaestio quando nennen. Doch iſt ſie darum nicht minder, ihrem Begriffe nach, den Bedingungen ſcharf entgegengeſetzt. Dagegen iſt jedes ungewiſſe Ereigniß, ſchon ſeinem Begriffe nach, eine wahre, eigentliche Bedingung, ſelbſt wenn es durch die dabey gebrauchten Ausdrücke den täu- ſchenden Schein einer Zeitbeſtimmung an ſich tragen ſollte. Wer z. B. Etwas „an ſeinem Hochzeitstage“ zu geben verſpricht, der verſpricht eigentlich unter der Be- dingung, wenn er in die Ehe treten ſollte, und dieſe erhält nur durch die woͤrtliche Faſſung den Schein eines dies. Es kann dabey jedoch noch der beſondere Fall eintreten, daß mit der Bedingung auch ein Kalendertag verbunden wird. Geſetzt, es iſt Einer am 1. März 1825 geboren, und es wird ihm Etwas verſprochen: „am Tage ſeiner Volljährigkeit,“ ſo heißt das ſo viel als: Am 1. März 1850, vorausgeſetzt daß alsdann Jener noch lebt (f). (e) (f) L. 22 pr. quando dies (36. 2.) „quoniam non solum diem, sed et conditionem hoc legatum in se continet.” Alſo ſind hier beide Arten der Be- ſchränkung wirklich vorhanden und vereinigt. — Unter die als dies ausgedrückte Bedingung gehörte auch der, bey den Römern ſo wichtige, Fall, wenn ein Latinus Junianus, oder ein Eheloſer, auf die Zeit ſeiner Capacität (d. h. alſo unter der Bedingung der- ſelben) eingeſetzt wurde. L. 62 pr. de her. inst. (28. 5.). L. 51 (e) test. (40. 4.), L. 107 § 1 de leg. 1 (30. un.), Gajus II. § 232, III. § 100. Die Erheblichkeit die- ſer Regel wird ſich ſogleich in mehreren Anwendungen zeigen.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840/219>, abgerufen am 06.05.2024.