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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840.

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§. 104. Einleitung.
aber nur indem man obligatorische Begriffe und Regeln
auf sie anwendet (d). Es hat daher diese Lehre eine so
concrete Natur, daß es gerathener erscheint, sie an der
gegenwärtigen Stelle ganz zu übergehen, als eine Dar-
stellung ihrer Grundbegriffe zu versuchen, die doch nur
entweder unlebendig und unbefriedigend ausfallen könnte,
oder in das besondere Gebiet des Obligationenrechts hin-
übergreifen müßte.

3) Die juristischen Thatsachen können bestehen:

A. In freyen Handlungen des Betheiligten, das
heißt derjenigen Person, von deren Erwerb und Verlust
die Rede ist.

B. In zufälligen Umständen, unter welche auch die
Handlungen Anderer als des Betheiligten, imgleichen auch
Unterlassungen gehören (e).

In den freyen Handlungen ferner kann der Wille des
Handelnden auf eine zwiefache Weise thätig seyn:

a) Als unmittelbar gerichtet auf die Entstehung oder
Auflösung des Rechtsverhältnisses, wenngleich diese viel-

(d) So z. B. ist in der rei vin-
dicatio
auch Derjenige ein rech-
ter Beklagter, qui dolo desiit
possidere.
Ferner hat ebenda-
selbst in der Verurtheilung der
Dolus und die Culpa des Beklag-
ten den wichtigsten Einfluß. Allein
in diesen Fällen nimmt auch das
Verhältniß zwischen dem Kläger
und Beklagten einen obligatori-
schen Character an.
(e) Wenn ich einen Diebstahl
erleide, und dadurch Rechte er-
werbe, so ist dieses zwar von
Seiten des Diebes eine freye
Handlung, in Beziehung auf mich
aber etwas Zufälliges, außer mei-
nem Willen Liegendes. -- Wenn
ich eine Nothfrist versäume, und
dadurch ein Recht verliere, so ist
dieses niemals eine freye Hand-
lung, die Versäumniß mag nun
aus Vergessenheit oder aus Ab-
sicht hervorgegangen seyn.

§. 104. Einleitung.
aber nur indem man obligatoriſche Begriffe und Regeln
auf ſie anwendet (d). Es hat daher dieſe Lehre eine ſo
concrete Natur, daß es gerathener erſcheint, ſie an der
gegenwärtigen Stelle ganz zu übergehen, als eine Dar-
ſtellung ihrer Grundbegriffe zu verſuchen, die doch nur
entweder unlebendig und unbefriedigend ausfallen könnte,
oder in das beſondere Gebiet des Obligationenrechts hin-
übergreifen müßte.

3) Die juriſtiſchen Thatſachen können beſtehen:

A. In freyen Handlungen des Betheiligten, das
heißt derjenigen Perſon, von deren Erwerb und Verluſt
die Rede iſt.

B. In zufälligen Umſtänden, unter welche auch die
Handlungen Anderer als des Betheiligten, imgleichen auch
Unterlaſſungen gehoͤren (e).

In den freyen Handlungen ferner kann der Wille des
Handelnden auf eine zwiefache Weiſe thätig ſeyn:

a) Als unmittelbar gerichtet auf die Entſtehung oder
Auflöſung des Rechtsverhältniſſes, wenngleich dieſe viel-

(d) So z. B. iſt in der rei vin-
dicatio
auch Derjenige ein rech-
ter Beklagter, qui dolo desiit
possidere.
Ferner hat ebenda-
ſelbſt in der Verurtheilung der
Dolus und die Culpa des Beklag-
ten den wichtigſten Einfluß. Allein
in dieſen Fällen nimmt auch das
Verhältniß zwiſchen dem Kläger
und Beklagten einen obligatori-
ſchen Character an.
(e) Wenn ich einen Diebſtahl
erleide, und dadurch Rechte er-
werbe, ſo iſt dieſes zwar von
Seiten des Diebes eine freye
Handlung, in Beziehung auf mich
aber etwas Zufälliges, außer mei-
nem Willen Liegendes. — Wenn
ich eine Nothfriſt verſäume, und
dadurch ein Recht verliere, ſo iſt
dieſes niemals eine freye Hand-
lung, die Verſäumniß mag nun
aus Vergeſſenheit oder aus Ab-
ſicht hervorgegangen ſeyn.
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[5/0017] §. 104. Einleitung. aber nur indem man obligatoriſche Begriffe und Regeln auf ſie anwendet (d). Es hat daher dieſe Lehre eine ſo concrete Natur, daß es gerathener erſcheint, ſie an der gegenwärtigen Stelle ganz zu übergehen, als eine Dar- ſtellung ihrer Grundbegriffe zu verſuchen, die doch nur entweder unlebendig und unbefriedigend ausfallen könnte, oder in das beſondere Gebiet des Obligationenrechts hin- übergreifen müßte. 3) Die juriſtiſchen Thatſachen können beſtehen: A. In freyen Handlungen des Betheiligten, das heißt derjenigen Perſon, von deren Erwerb und Verluſt die Rede iſt. B. In zufälligen Umſtänden, unter welche auch die Handlungen Anderer als des Betheiligten, imgleichen auch Unterlaſſungen gehoͤren (e). In den freyen Handlungen ferner kann der Wille des Handelnden auf eine zwiefache Weiſe thätig ſeyn: a) Als unmittelbar gerichtet auf die Entſtehung oder Auflöſung des Rechtsverhältniſſes, wenngleich dieſe viel- (d) So z. B. iſt in der rei vin- dicatio auch Derjenige ein rech- ter Beklagter, qui dolo desiit possidere. Ferner hat ebenda- ſelbſt in der Verurtheilung der Dolus und die Culpa des Beklag- ten den wichtigſten Einfluß. Allein in dieſen Fällen nimmt auch das Verhältniß zwiſchen dem Kläger und Beklagten einen obligatori- ſchen Character an. (e) Wenn ich einen Diebſtahl erleide, und dadurch Rechte er- werbe, ſo iſt dieſes zwar von Seiten des Diebes eine freye Handlung, in Beziehung auf mich aber etwas Zufälliges, außer mei- nem Willen Liegendes. — Wenn ich eine Nothfriſt verſäume, und dadurch ein Recht verliere, ſo iſt dieſes niemals eine freye Hand- lung, die Verſäumniß mag nun aus Vergeſſenheit oder aus Ab- ſicht hervorgegangen ſeyn.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840/17>, abgerufen am 21.11.2024.