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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. III. Entstehung und Untergang.
Interesse der Betheiligten wenigstens denkbar, und sie gilt
und wirkt daher stets als wahre Bedingung (d).

Für diese Art der Bedingungen, die ganz auf der Frey-
heit des künftigen Berechtigten beruhen, kommt in der be-
sondern Anwendung auf Legate der Ausdruck potestativae
vor, so daß hiernach alle Bedingungen in dieser Anwen-
dung eingetheilt werden in casuales, potestativae, mixtae (e).
Wichtig ist der Begriff solcher Potestativbedingungen bey
der Erbeinsetzung des Suus filius, die nur unter einer rei-
nen Potestativbedingung gültig geschehen kann (f). Dabey
wird nun die nähere Bestimmung gegeben, es solle die
Natur der Potestativbedingung aus den besonderen Um-
ständen jedes einzelnen Falles beurtheilt werden (g).


(d) Bey Testamenten liegt das
Interesse schon darin, daß der
Erbe oder Legatar durch Erfül-
lung der Bedingung seinen Ge-
horsam gegen den Willen des Te-
stators beweist.
(e) L. un. § 7 C. de caducis
toll.
(6. 51.). In anderen Stel-
len heißt es stets conditio quae
est in potestate ipsius.
Auch
außer den Rechtsquellen scheint
das Wort potestativus nur in
einer einzigen Stelle bey Tertul-
lian vorzukommen. -- Das Fran-
zösische Gesetzbuch hat diese Ter-
minologie auch, giebt ihr aber
eine abweichende Bedeutung. Art.
1169 -- 1171.
(f) L. 4 pr. de her. inst. (28.
5.), L. 4 C. de inst. et subst.

(6. 25.).
(g) L. 4 § 1 L. 5 de her. inst.
(28. 5.), L. 28 de cond. inst.
(28. 7.), L. 4 C. de inst. et subst.

(6. 25.). -- Aus diesen Stellen
erhellt, daß auch schon die unge-
wöhnliche Schwierigkeit und Ge-
fährlichkeit der Erfüllung der Na-
tur einer Potestativbedingung im
Wege steht (ganz nach der in L. 137
§ 2 de V. O.
45. 1 angewende-
ten Ansicht), so daß es also nur
darauf ankommt, ob der gute,
kräftige Wille eines besonnenen
Menschen die Erfüllung bewirken
konnte. Ohnehin ist eigentlich nur
eine negative Bedingung schlecht-
hin potestativ, da den Entschlos-
senen keine menschliche Gewalt
zum Handeln zwingen kann. Die
leichteste positive Handlung dage-
gen (z. B. si Capitolium ascen-

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.
Intereſſe der Betheiligten wenigſtens denkbar, und ſie gilt
und wirkt daher ſtets als wahre Bedingung (d).

Für dieſe Art der Bedingungen, die ganz auf der Frey-
heit des künftigen Berechtigten beruhen, kommt in der be-
ſondern Anwendung auf Legate der Ausdruck potestativae
vor, ſo daß hiernach alle Bedingungen in dieſer Anwen-
dung eingetheilt werden in casuales, potestativae, mixtae (e).
Wichtig iſt der Begriff ſolcher Poteſtativbedingungen bey
der Erbeinſetzung des Suus filius, die nur unter einer rei-
nen Poteſtativbedingung gültig geſchehen kann (f). Dabey
wird nun die nähere Beſtimmung gegeben, es ſolle die
Natur der Poteſtativbedingung aus den beſonderen Um-
ſtänden jedes einzelnen Falles beurtheilt werden (g).


(d) Bey Teſtamenten liegt das
Intereſſe ſchon darin, daß der
Erbe oder Legatar durch Erfül-
lung der Bedingung ſeinen Ge-
horſam gegen den Willen des Te-
ſtators beweiſt.
(e) L. un. § 7 C. de caducis
toll.
(6. 51.). In anderen Stel-
len heißt es ſtets conditio quae
est in potestate ipsius.
Auch
außer den Rechtsquellen ſcheint
das Wort potestativus nur in
einer einzigen Stelle bey Tertul-
lian vorzukommen. — Das Fran-
zöſiſche Geſetzbuch hat dieſe Ter-
minologie auch, giebt ihr aber
eine abweichende Bedeutung. Art.
1169 — 1171.
(f) L. 4 pr. de her. inst. (28.
5.), L. 4 C. de inst. et subst.

(6. 25.).
(g) L. 4 § 1 L. 5 de her. inst.
(28. 5.), L. 28 de cond. inst.
(28. 7.), L. 4 C. de inst. et subst.

(6. 25.). — Aus dieſen Stellen
erhellt, daß auch ſchon die unge-
wöhnliche Schwierigkeit und Ge-
fährlichkeit der Erfüllung der Na-
tur einer Poteſtativbedingung im
Wege ſteht (ganz nach der in L. 137
§ 2 de V. O.
45. 1 angewende-
ten Anſicht), ſo daß es alſo nur
darauf ankommt, ob der gute,
kräftige Wille eines beſonnenen
Menſchen die Erfüllung bewirken
konnte. Ohnehin iſt eigentlich nur
eine negative Bedingung ſchlecht-
hin poteſtativ, da den Entſchloſ-
ſenen keine menſchliche Gewalt
zum Handeln zwingen kann. Die
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gen (z. B. si Capitolium ascen-
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[130/0142] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang. Intereſſe der Betheiligten wenigſtens denkbar, und ſie gilt und wirkt daher ſtets als wahre Bedingung (d). Für dieſe Art der Bedingungen, die ganz auf der Frey- heit des künftigen Berechtigten beruhen, kommt in der be- ſondern Anwendung auf Legate der Ausdruck potestativae vor, ſo daß hiernach alle Bedingungen in dieſer Anwen- dung eingetheilt werden in casuales, potestativae, mixtae (e). Wichtig iſt der Begriff ſolcher Poteſtativbedingungen bey der Erbeinſetzung des Suus filius, die nur unter einer rei- nen Poteſtativbedingung gültig geſchehen kann (f). Dabey wird nun die nähere Beſtimmung gegeben, es ſolle die Natur der Poteſtativbedingung aus den beſonderen Um- ſtänden jedes einzelnen Falles beurtheilt werden (g). (d) Bey Teſtamenten liegt das Intereſſe ſchon darin, daß der Erbe oder Legatar durch Erfül- lung der Bedingung ſeinen Ge- horſam gegen den Willen des Te- ſtators beweiſt. (e) L. un. § 7 C. de caducis toll. (6. 51.). In anderen Stel- len heißt es ſtets conditio quae est in potestate ipsius. Auch außer den Rechtsquellen ſcheint das Wort potestativus nur in einer einzigen Stelle bey Tertul- lian vorzukommen. — Das Fran- zöſiſche Geſetzbuch hat dieſe Ter- minologie auch, giebt ihr aber eine abweichende Bedeutung. Art. 1169 — 1171. (f) L. 4 pr. de her. inst. (28. 5.), L. 4 C. de inst. et subst. (6. 25.). (g) L. 4 § 1 L. 5 de her. inst. (28. 5.), L. 28 de cond. inst. (28. 7.), L. 4 C. de inst. et subst. (6. 25.). — Aus dieſen Stellen erhellt, daß auch ſchon die unge- wöhnliche Schwierigkeit und Ge- fährlichkeit der Erfüllung der Na- tur einer Poteſtativbedingung im Wege ſteht (ganz nach der in L. 137 § 2 de V. O. 45. 1 angewende- ten Anſicht), ſo daß es alſo nur darauf ankommt, ob der gute, kräftige Wille eines beſonnenen Menſchen die Erfüllung bewirken konnte. Ohnehin iſt eigentlich nur eine negative Bedingung ſchlecht- hin poteſtativ, da den Entſchloſ- ſenen keine menſchliche Gewalt zum Handeln zwingen kann. Die leichteſte poſitive Handlung dage- gen (z. B. si Capitolium ascen-

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840/142>, abgerufen am 02.05.2024.