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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. III. Entstehung und Untergang.
Begriffs werden durch die Betrachtung solcher Fälle an-
schaulich werden, worin eine Bedingung nur dem Schein,
nicht dem Wesen nach, vorhanden ist, weil es an einem
jener Momente fehlt (b).

Es ist also keine wahre Bedingung, wenn der Eintritt
des Ereignisses nicht ungewiß ist, sondern entweder sicher
Statt findet, oder sicher unterbleibt (nothwendige oder un-
mögliche Bedingung). Die Behandlung dieser Fälle wird
unten, bey den Wirkungen der Bedingung, angegeben
werden (c).

Eben so ist es keine wahre Bedingung, wenn das als
Bedingung Ausgedrückte ohnehin schon nothwendige Vor-
aussetzung des Rechtsverhältnisses war, so daß die Noth-
wendigkeit nicht erst auf willkührliche Weise hervorgebracht
worden ist. Solche Bedingungen heißen conditiones taci-
tae,
oder quae insunt, tacite insunt, extrinsecus veniunt (d).
Beyspiele sind folgende: Erbeinsetzung unter der Bedingung,

(b) Die unmittelbare Folge ist
freylich meist dieselbe, wir mö-
gen es nun als eine Scheinbe-
dingung ansehen, oder als eine
wirkliche, aber erfüllte Bedin-
gung. Im Einzelnen aber wird
oft der Unterschied wichtig, na-
mentlich da wo überhaupt Be-
dingungen verboten sind. Aus
jener gewöhnlichen Gleichgültig-
keit erklärt es sich, wenn unsre
Rechtsquellen sich zuweilen so aus-
drücken, als wäre es eine wirk-
liche und erfüllte Bedingung; sol-
che Ausdrücke finden sich in man-
chen der in Note o angeführten
Stellen.
(c) Vgl. § 121 -- 124.
(d) L. 1 § 3 de cond. (35. 1.),
L. 99 eod., L. 25 § 1 quando
dies
(36. 2.), L. 68 de j. dot.

(23. 3.). Man kann die Natur
dieses Falles auch so ausdrücken,
daß darin die conditio juris zu-
gleich zu einer conditio facti ge-
macht wird (L. 21 de cond. 35.
1.). -- Über diesen Gegenstand ist
zu vergleichen Donellus III. 32
§ 2 -- 4.

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.
Begriffs werden durch die Betrachtung ſolcher Fälle an-
ſchaulich werden, worin eine Bedingung nur dem Schein,
nicht dem Weſen nach, vorhanden iſt, weil es an einem
jener Momente fehlt (b).

Es iſt alſo keine wahre Bedingung, wenn der Eintritt
des Ereigniſſes nicht ungewiß iſt, ſondern entweder ſicher
Statt findet, oder ſicher unterbleibt (nothwendige oder un-
mögliche Bedingung). Die Behandlung dieſer Fälle wird
unten, bey den Wirkungen der Bedingung, angegeben
werden (c).

Eben ſo iſt es keine wahre Bedingung, wenn das als
Bedingung Ausgedrückte ohnehin ſchon nothwendige Vor-
ausſetzung des Rechtsverhältniſſes war, ſo daß die Noth-
wendigkeit nicht erſt auf willkührliche Weiſe hervorgebracht
worden iſt. Solche Bedingungen heißen conditiones taci-
tae,
oder quae insunt, tacite insunt, extrinsecus veniunt (d).
Beyſpiele ſind folgende: Erbeinſetzung unter der Bedingung,

(b) Die unmittelbare Folge iſt
freylich meiſt dieſelbe, wir mö-
gen es nun als eine Scheinbe-
dingung anſehen, oder als eine
wirkliche, aber erfüllte Bedin-
gung. Im Einzelnen aber wird
oft der Unterſchied wichtig, na-
mentlich da wo überhaupt Be-
dingungen verboten ſind. Aus
jener gewöhnlichen Gleichgültig-
keit erklärt es ſich, wenn unſre
Rechtsquellen ſich zuweilen ſo aus-
drücken, als wäre es eine wirk-
liche und erfüllte Bedingung; ſol-
che Ausdrücke finden ſich in man-
chen der in Note o angeführten
Stellen.
(c) Vgl. § 121 — 124.
(d) L. 1 § 3 de cond. (35. 1.),
L. 99 eod., L. 25 § 1 quando
dies
(36. 2.), L. 68 de j. dot.

(23. 3.). Man kann die Natur
dieſes Falles auch ſo ausdrücken,
daß darin die conditio juris zu-
gleich zu einer conditio facti ge-
macht wird (L. 21 de cond. 35.
1.). — Über dieſen Gegenſtand iſt
zu vergleichen Donellus III. 32
§ 2 — 4.
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[122/0134] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang. Begriffs werden durch die Betrachtung ſolcher Fälle an- ſchaulich werden, worin eine Bedingung nur dem Schein, nicht dem Weſen nach, vorhanden iſt, weil es an einem jener Momente fehlt (b). Es iſt alſo keine wahre Bedingung, wenn der Eintritt des Ereigniſſes nicht ungewiß iſt, ſondern entweder ſicher Statt findet, oder ſicher unterbleibt (nothwendige oder un- mögliche Bedingung). Die Behandlung dieſer Fälle wird unten, bey den Wirkungen der Bedingung, angegeben werden (c). Eben ſo iſt es keine wahre Bedingung, wenn das als Bedingung Ausgedrückte ohnehin ſchon nothwendige Vor- ausſetzung des Rechtsverhältniſſes war, ſo daß die Noth- wendigkeit nicht erſt auf willkührliche Weiſe hervorgebracht worden iſt. Solche Bedingungen heißen conditiones taci- tae, oder quae insunt, tacite insunt, extrinsecus veniunt (d). Beyſpiele ſind folgende: Erbeinſetzung unter der Bedingung, (b) Die unmittelbare Folge iſt freylich meiſt dieſelbe, wir mö- gen es nun als eine Scheinbe- dingung anſehen, oder als eine wirkliche, aber erfüllte Bedin- gung. Im Einzelnen aber wird oft der Unterſchied wichtig, na- mentlich da wo überhaupt Be- dingungen verboten ſind. Aus jener gewöhnlichen Gleichgültig- keit erklärt es ſich, wenn unſre Rechtsquellen ſich zuweilen ſo aus- drücken, als wäre es eine wirk- liche und erfüllte Bedingung; ſol- che Ausdrücke finden ſich in man- chen der in Note o angeführten Stellen. (c) Vgl. § 121 — 124. (d) L. 1 § 3 de cond. (35. 1.), L. 99 eod., L. 25 § 1 quando dies (36. 2.), L. 68 de j. dot. (23. 3.). Man kann die Natur dieſes Falles auch ſo ausdrücken, daß darin die conditio juris zu- gleich zu einer conditio facti ge- macht wird (L. 21 de cond. 35. 1.). — Über dieſen Gegenſtand iſt zu vergleichen Donellus III. 32 § 2 — 4.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840/134>, abgerufen am 02.05.2024.