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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840.

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§. 69. Wirkungen der capitis deminutio.
denkbar. Dagegen ist es auffallend, daß auch seine Cog-
nation zerstört seyn soll (f), da es doch außerdem aner-
kannt ist, daß blos juristische Ereignisse (so lange die
Freyheit fortdauert) das natürliche Band des Blutes nicht
stören können (g). Ohne Zweifel ist auch jene Regel von
der aufgehobenen Cognation nur ein ungenauer Ausdruck.
Die Cognation selbst dauert fort, aber ihre wichtigsten
juristischen Wirkungen hören auf; insbesondere kann der
Deportirte weder selbst ein cognatisches Erbrecht in An-
spruch nehmen, noch das eines entfernteren Verwandten
hindern (Note c). Daß die Cognation als Ehehinderniß
nicht aufgehoben wird, versteht sich ohnehin von selbst,
indem sie in dieser Beziehung sogar im Sklavenstand ent-
stehen und nachher stets fortwirken kann (§ 65).

Ganz anders verhält es sich mit der minima c. d. (h).
Zwar kommen auch bey dieser solche Wirkungen vor,
welche sich nach der Natur der einzelnen Handlung ganz
von selbst verstehen; so z. B. muß der Arrogirte nothwen-

(f) § 6 J. de cap. dem (1. 16.).
"Sed et, si in insulam quis de-
portatus sit, cognatio solvitur."
L. 4 § 11 de gradibus
(38. 10.).
In dieser letzten Stelle wird auch
die Affinität als aufgehoben an-
gegeben, welches freylich durch die
im Text für die Cognation ge-
gebene Erklärung noch nicht be-
greiflich wird. -- Nicht dahin ge-
hört L. 17 § 5 ad Sc. Treb. (36.
1.), worin blos von der Ausle-
gung eines Fideicommisses, also
von der wahrscheinlichen Absicht
des Erblassers, die Rede ist.
(g) § 3 J. de leg. adgn. tut.
(1. 15.). L. 8 de R. J.
(50. 17.),
und andere Stellen.
(h) Der Unterschied der Wir-
kung der geringsten c. d. und der
höheren Grade wird im Allge-
meinen anerkannt in L. 2 pr.
L.
7 § 2. 3 de cap. min.
(4. 5.).

§. 69. Wirkungen der capitis deminutio.
denkbar. Dagegen iſt es auffallend, daß auch ſeine Cog-
nation zerſtört ſeyn ſoll (f), da es doch außerdem aner-
kannt iſt, daß blos juriſtiſche Ereigniſſe (ſo lange die
Freyheit fortdauert) das natürliche Band des Blutes nicht
ſtören können (g). Ohne Zweifel iſt auch jene Regel von
der aufgehobenen Cognation nur ein ungenauer Ausdruck.
Die Cognation ſelbſt dauert fort, aber ihre wichtigſten
juriſtiſchen Wirkungen hören auf; insbeſondere kann der
Deportirte weder ſelbſt ein cognatiſches Erbrecht in An-
ſpruch nehmen, noch das eines entfernteren Verwandten
hindern (Note c). Daß die Cognation als Ehehinderniß
nicht aufgehoben wird, verſteht ſich ohnehin von ſelbſt,
indem ſie in dieſer Beziehung ſogar im Sklavenſtand ent-
ſtehen und nachher ſtets fortwirken kann (§ 65).

Ganz anders verhält es ſich mit der minima c. d. (h).
Zwar kommen auch bey dieſer ſolche Wirkungen vor,
welche ſich nach der Natur der einzelnen Handlung ganz
von ſelbſt verſtehen; ſo z. B. muß der Arrogirte nothwen-

(f) § 6 J. de cap. dem (1. 16.).
„Sed et, si in insulam quis de-
portatus sit, cognatio solvitur.”
L. 4 § 11 de gradibus
(38. 10.).
In dieſer letzten Stelle wird auch
die Affinität als aufgehoben an-
gegeben, welches freylich durch die
im Text für die Cognation ge-
gebene Erklärung noch nicht be-
greiflich wird. — Nicht dahin ge-
hört L. 17 § 5 ad Sc. Treb. (36.
1.), worin blos von der Ausle-
gung eines Fideicommiſſes, alſo
von der wahrſcheinlichen Abſicht
des Erblaſſers, die Rede iſt.
(g) § 3 J. de leg. adgn. tut.
(1. 15.). L. 8 de R. J.
(50. 17.),
und andere Stellen.
(h) Der Unterſchied der Wir-
kung der geringſten c. d. und der
höheren Grade wird im Allge-
meinen anerkannt in L. 2 pr.
L.
7 § 2. 3 de cap. min.
(4. 5.).
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[73/0087] §. 69. Wirkungen der capitis deminutio. denkbar. Dagegen iſt es auffallend, daß auch ſeine Cog- nation zerſtört ſeyn ſoll (f), da es doch außerdem aner- kannt iſt, daß blos juriſtiſche Ereigniſſe (ſo lange die Freyheit fortdauert) das natürliche Band des Blutes nicht ſtören können (g). Ohne Zweifel iſt auch jene Regel von der aufgehobenen Cognation nur ein ungenauer Ausdruck. Die Cognation ſelbſt dauert fort, aber ihre wichtigſten juriſtiſchen Wirkungen hören auf; insbeſondere kann der Deportirte weder ſelbſt ein cognatiſches Erbrecht in An- ſpruch nehmen, noch das eines entfernteren Verwandten hindern (Note c). Daß die Cognation als Ehehinderniß nicht aufgehoben wird, verſteht ſich ohnehin von ſelbſt, indem ſie in dieſer Beziehung ſogar im Sklavenſtand ent- ſtehen und nachher ſtets fortwirken kann (§ 65). Ganz anders verhält es ſich mit der minima c. d. (h). Zwar kommen auch bey dieſer ſolche Wirkungen vor, welche ſich nach der Natur der einzelnen Handlung ganz von ſelbſt verſtehen; ſo z. B. muß der Arrogirte nothwen- (f) § 6 J. de cap. dem (1. 16.). „Sed et, si in insulam quis de- portatus sit, cognatio solvitur.” L. 4 § 11 de gradibus (38. 10.). In dieſer letzten Stelle wird auch die Affinität als aufgehoben an- gegeben, welches freylich durch die im Text für die Cognation ge- gebene Erklärung noch nicht be- greiflich wird. — Nicht dahin ge- hört L. 17 § 5 ad Sc. Treb. (36. 1.), worin blos von der Ausle- gung eines Fideicommiſſes, alſo von der wahrſcheinlichen Abſicht des Erblaſſers, die Rede iſt. (g) § 3 J. de leg. adgn. tut. (1. 15.). L. 8 de R. J. (50. 17.), und andere Stellen. (h) Der Unterſchied der Wir- kung der geringſten c. d. und der höheren Grade wird im Allge- meinen anerkannt in L. 2 pr. L. 7 § 2. 3 de cap. min. (4. 5.).

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840/87>, abgerufen am 03.05.2024.