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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. II. Personen.
unter ihnen theils Ahnlichkeit, theils Verschiedenheit. Sie
sind einander ähnlich in der unfreywilligen Vertretung des
Familienhauptes durch erwerbende Handlungen, woraus
wiederum die fast gänzliche Unfähigkeit folgt, ein eigenes
Vermögen zu haben. Sie sind verschieden dadurch, daß
die Unfähigkeit des Sohnes keinen anderen Grund hatte,
als eben jene nothwendige Vertretung, so daß er daneben
noch fähig war, in einer Römischen Ehe und Verwandt-
schaft zu stehen, Testamentszeuge und Vormund zu seyn,
klagbare Schulden zu haben; anstatt daß der Sklave zu
allen diesen Verhältnissen unfähig war, weil seine Unfä-
higkeit, neben jener nothwendigen Vertretung einer be-
stimmten Person, noch einen zweyten bavon unabhängigen
Grund hatte, nämlich den absoluten Zustand des Sklaven
an sich (l). Es war eine bloße Folge dieser Verschieden-
heit, daß herrenlose Sklaven, und zwar sogar auf man-
cherley Weise, wirklich vorkamen, anstatt daß filiifamilias
ohne einen bestimmten, wirklichen Vater, von welchem sie
abhängig waren, durchaus nicht vorkommen konnten.



(l) Dieser wesentliche Unter-
schied zwischen der Unfähigkeit des
Sohnes und des Sklaven zeigt
sich nirgend so deutlich, als bey
der Adstipulation nach Gajus III.
§ 114. Die Adstipulation hatte
das Eigene, daß darin ausschlie-
ßend auf das Individuum gerech-
net war, daß also der adstipu-
lator,
nach der Absicht des Ver-
trags, ein Klagerecht nie einem
Dritten erwerben konnte, sondern
nur entweder sich selbst oder Kei-
nem. Darum heißt es bey dem
servus adstipulator: nihil agit,
bey dem filiusfamilias: agit ali-
quid,
aber sein Klagerecht ruht
während der potestas, und wird
erst lebendig nach des Vaters Tod.
Von der daneben erwähnten ca-
pitis deminutio
s. u. § 70. i.

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. II. Perſonen.
unter ihnen theils Ahnlichkeit, theils Verſchiedenheit. Sie
ſind einander ähnlich in der unfreywilligen Vertretung des
Familienhauptes durch erwerbende Handlungen, woraus
wiederum die faſt gänzliche Unfähigkeit folgt, ein eigenes
Vermögen zu haben. Sie ſind verſchieden dadurch, daß
die Unfähigkeit des Sohnes keinen anderen Grund hatte,
als eben jene nothwendige Vertretung, ſo daß er daneben
noch fähig war, in einer Römiſchen Ehe und Verwandt-
ſchaft zu ſtehen, Teſtamentszeuge und Vormund zu ſeyn,
klagbare Schulden zu haben; anſtatt daß der Sklave zu
allen dieſen Verhältniſſen unfähig war, weil ſeine Unfä-
higkeit, neben jener nothwendigen Vertretung einer be-
ſtimmten Perſon, noch einen zweyten bavon unabhängigen
Grund hatte, nämlich den abſoluten Zuſtand des Sklaven
an ſich (l). Es war eine bloße Folge dieſer Verſchieden-
heit, daß herrenloſe Sklaven, und zwar ſogar auf man-
cherley Weiſe, wirklich vorkamen, anſtatt daß filiifamilias
ohne einen beſtimmten, wirklichen Vater, von welchem ſie
abhängig waren, durchaus nicht vorkommen konnten.



(l) Dieſer weſentliche Unter-
ſchied zwiſchen der Unfähigkeit des
Sohnes und des Sklaven zeigt
ſich nirgend ſo deutlich, als bey
der Adſtipulation nach Gajus III.
§ 114. Die Adſtipulation hatte
das Eigene, daß darin ausſchlie-
ßend auf das Individuum gerech-
net war, daß alſo der adstipu-
lator,
nach der Abſicht des Ver-
trags, ein Klagerecht nie einem
Dritten erwerben konnte, ſondern
nur entweder ſich ſelbſt oder Kei-
nem. Darum heißt es bey dem
servus adstipulator: nihil agit,
bey dem filiusfamilias: agit ali-
quid,
aber ſein Klagerecht ruht
während der potestas, und wird
erſt lebendig nach des Vaters Tod.
Von der daneben erwähnten ca-
pitis deminutio
ſ. u. § 70. i.
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[56/0070] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. II. Perſonen. unter ihnen theils Ahnlichkeit, theils Verſchiedenheit. Sie ſind einander ähnlich in der unfreywilligen Vertretung des Familienhauptes durch erwerbende Handlungen, woraus wiederum die faſt gänzliche Unfähigkeit folgt, ein eigenes Vermögen zu haben. Sie ſind verſchieden dadurch, daß die Unfähigkeit des Sohnes keinen anderen Grund hatte, als eben jene nothwendige Vertretung, ſo daß er daneben noch fähig war, in einer Römiſchen Ehe und Verwandt- ſchaft zu ſtehen, Teſtamentszeuge und Vormund zu ſeyn, klagbare Schulden zu haben; anſtatt daß der Sklave zu allen dieſen Verhältniſſen unfähig war, weil ſeine Unfä- higkeit, neben jener nothwendigen Vertretung einer be- ſtimmten Perſon, noch einen zweyten bavon unabhängigen Grund hatte, nämlich den abſoluten Zuſtand des Sklaven an ſich (l). Es war eine bloße Folge dieſer Verſchieden- heit, daß herrenloſe Sklaven, und zwar ſogar auf man- cherley Weiſe, wirklich vorkamen, anſtatt daß filiifamilias ohne einen beſtimmten, wirklichen Vater, von welchem ſie abhängig waren, durchaus nicht vorkommen konnten. (l) Dieſer weſentliche Unter- ſchied zwiſchen der Unfähigkeit des Sohnes und des Sklaven zeigt ſich nirgend ſo deutlich, als bey der Adſtipulation nach Gajus III. § 114. Die Adſtipulation hatte das Eigene, daß darin ausſchlie- ßend auf das Individuum gerech- net war, daß alſo der adstipu- lator, nach der Abſicht des Ver- trags, ein Klagerecht nie einem Dritten erwerben konnte, ſondern nur entweder ſich ſelbſt oder Kei- nem. Darum heißt es bey dem servus adstipulator: nihil agit, bey dem filiusfamilias: agit ali- quid, aber ſein Klagerecht ruht während der potestas, und wird erſt lebendig nach des Vaters Tod. Von der daneben erwähnten ca- pitis deminutio ſ. u. § 70. i.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840/70>, abgerufen am 03.05.2024.