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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. II. Personen.
ren ist der Sohn fähig, denn diese ist ein öffentli-
ches Amt.

Der Sohn hat Commercium, und ist daher fähig, bey
Mancipationen und Testamenten als Zeuge zu erscheinen,
wozu der Sklave ganz unfähig ist. -- Aber Eigenthum
oder Servituten haben kann der Sohn nicht.

Der Sohn kann keine Schuldforderungen haben, weil
darin eine eigene Macht liegt. Schulden zu haben, ist er
durchaus fähig, ja diese Schulden sind schon jetzt civiles
obligationes,
also klagbar (f). Der Grund dieses Unter-
schieds liegt darin, daß der Sohn überhaupt den Vater
reicher machen kann, aber nicht ärmer (g). -- Diese Sätze
erleiden jedoch eine Modification für das wechselseitige
Schuldverhältniß zwischen dem Vater und Sohn: an den
Vater kann der Sohn auch Forderungen haben, aber nur
als naturales obligationes: umgekehrt kann er auch Schuld-
ner des Vaters seyn, aber gleichfalls nur in einer natu-
ralis obligatio
(h). Es galt also in dieser Hinsicht ganz

(f) L. 39 de O. et A. (44. 7.).
"Filiusfamilias ex omnibus cau-
sis tanquam paterfamilias obli-
gatur, et ob id agi cum eo tan-
quam cum patrefamilias potest."
L. 57 de jud. (5. 1.). L. 44. 45
de peculio (15. 1.). L. 141 § 2
de V. O. (45. 1.). L. 8 § 4 de
acceptilat.
(46. 4.). -- Eine ganz
singuläre Ausnahme ist es, daß
der Sohn ohne des Vaters Wil-
len durch ein Votum nicht ver-
pflichtet wird. L. 2 § 1 de pol-
lic.
(50. 12.).
(g) Geradezu ausgesprochen fin-
det sich diese Regel nur bey Skla-
ven. L. 133 de R. J. (50. 17.).
"Melior conditio nostra per
servos fieri potest, deterior
fieri non potest,"
und in ähn-
lichen Stellen. In dieser Hin-
sicht aber standen Sklaven und
Kinder auf gleicher Linie.
(h) Die Möglichkeit einer na-
turalis obligatio
zwischen Vater
und Sohn liegt zum Grunde in
L. 38 pr. § 1. 2 de cond. indeb.
(12. 6.). Die Unmöglichkeit von

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. II. Perſonen.
ren iſt der Sohn fähig, denn dieſe iſt ein öffentli-
ches Amt.

Der Sohn hat Commercium, und iſt daher fähig, bey
Mancipationen und Teſtamenten als Zeuge zu erſcheinen,
wozu der Sklave ganz unfähig iſt. — Aber Eigenthum
oder Servituten haben kann der Sohn nicht.

Der Sohn kann keine Schuldforderungen haben, weil
darin eine eigene Macht liegt. Schulden zu haben, iſt er
durchaus fähig, ja dieſe Schulden ſind ſchon jetzt civiles
obligationes,
alſo klagbar (f). Der Grund dieſes Unter-
ſchieds liegt darin, daß der Sohn überhaupt den Vater
reicher machen kann, aber nicht ärmer (g). — Dieſe Sätze
erleiden jedoch eine Modification für das wechſelſeitige
Schuldverhältniß zwiſchen dem Vater und Sohn: an den
Vater kann der Sohn auch Forderungen haben, aber nur
als naturales obligationes: umgekehrt kann er auch Schuld-
ner des Vaters ſeyn, aber gleichfalls nur in einer natu-
ralis obligatio
(h). Es galt alſo in dieſer Hinſicht ganz

(f) L. 39 de O. et A. (44. 7.).
„Filiusfamilias ex omnibus cau-
sis tanquam paterfamilias obli-
gatur, et ob id agi cum eo tan-
quam cum patrefamilias potest.”
L. 57 de jud. (5. 1.). L. 44. 45
de peculio (15. 1.). L. 141 § 2
de V. O. (45. 1.). L. 8 § 4 de
acceptilat.
(46. 4.). — Eine ganz
ſinguläre Ausnahme iſt es, daß
der Sohn ohne des Vaters Wil-
len durch ein Votum nicht ver-
pflichtet wird. L. 2 § 1 de pol-
lic.
(50. 12.).
(g) Geradezu ausgeſprochen fin-
det ſich dieſe Regel nur bey Skla-
ven. L. 133 de R. J. (50. 17.).
„Melior conditio nostra per
servos fieri potest, deterior
fieri non potest,”
und in ähn-
lichen Stellen. In dieſer Hin-
ſicht aber ſtanden Sklaven und
Kinder auf gleicher Linie.
(h) Die Möglichkeit einer na-
turalis obligatio
zwiſchen Vater
und Sohn liegt zum Grunde in
L. 38 pr. § 1. 2 de cond. indeb.
(12. 6.). Die Unmöglichkeit von
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[54/0068] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. II. Perſonen. ren iſt der Sohn fähig, denn dieſe iſt ein öffentli- ches Amt. Der Sohn hat Commercium, und iſt daher fähig, bey Mancipationen und Teſtamenten als Zeuge zu erſcheinen, wozu der Sklave ganz unfähig iſt. — Aber Eigenthum oder Servituten haben kann der Sohn nicht. Der Sohn kann keine Schuldforderungen haben, weil darin eine eigene Macht liegt. Schulden zu haben, iſt er durchaus fähig, ja dieſe Schulden ſind ſchon jetzt civiles obligationes, alſo klagbar (f). Der Grund dieſes Unter- ſchieds liegt darin, daß der Sohn überhaupt den Vater reicher machen kann, aber nicht ärmer (g). — Dieſe Sätze erleiden jedoch eine Modification für das wechſelſeitige Schuldverhältniß zwiſchen dem Vater und Sohn: an den Vater kann der Sohn auch Forderungen haben, aber nur als naturales obligationes: umgekehrt kann er auch Schuld- ner des Vaters ſeyn, aber gleichfalls nur in einer natu- ralis obligatio (h). Es galt alſo in dieſer Hinſicht ganz (f) L. 39 de O. et A. (44. 7.). „Filiusfamilias ex omnibus cau- sis tanquam paterfamilias obli- gatur, et ob id agi cum eo tan- quam cum patrefamilias potest.” L. 57 de jud. (5. 1.). L. 44. 45 de peculio (15. 1.). L. 141 § 2 de V. O. (45. 1.). L. 8 § 4 de acceptilat. (46. 4.). — Eine ganz ſinguläre Ausnahme iſt es, daß der Sohn ohne des Vaters Wil- len durch ein Votum nicht ver- pflichtet wird. L. 2 § 1 de pol- lic. (50. 12.). (g) Geradezu ausgeſprochen fin- det ſich dieſe Regel nur bey Skla- ven. L. 133 de R. J. (50. 17.). „Melior conditio nostra per servos fieri potest, deterior fieri non potest,” und in ähn- lichen Stellen. In dieſer Hin- ſicht aber ſtanden Sklaven und Kinder auf gleicher Linie. (h) Die Möglichkeit einer na- turalis obligatio zwiſchen Vater und Sohn liegt zum Grunde in L. 38 pr. § 1. 2 de cond. indeb. (12. 6.). Die Unmöglichkeit von

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840/68>, abgerufen am 03.05.2024.