Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. II. Personen.
vilegien hat etwas Räthselhaftes. Gewöhnlich denkt man
sie als Begünstigung solcher einzelnen Personen, die man
dadurch ehren oder belohnen wollte. Allein wenn dieses
die Absicht war, warum wählte man nicht das viel ein-
fachere Mittel, dem Begünstigten das Recht und den Na-
men einer höheren Klasse selbst zu verleihen? Gab man
ihm die Civität, womit ohnehin die Kaiser gar nicht spar-
sam verfuhren, so hatte er ja alle jene Rechte von selbst,
ohne Privilegium. Der Unterschied war allerdings darin
bedeutend, daß das connubium und commercium conces-
sum
gewiß nur individuell war, anstatt daß die Civität
stets auf die später erzeugten Kinder übergieng; aber wel-
chen Grund hatte man, den Nachkommen den Genuß die-
ser dem Vater ertheilten Gunst zu versagen? -- Bey dem
Connubium kennen wir den Zusammenhang genau. Wer
sich im Dienst des Römischen Staats in einer Provinz
aufhielt, sollte daselbst, so lange das Dienstverhältniß
dauerte, keine Ehe schließen dürfen (k). Dieses traf auch
die Römischen Bürger, die daselbst als Soldaten in Gar-
nison standen. Wenn aber diese irgend eine Bekanntschaft
angeknüpft hatten, die nach dem Abschied zu einer Ehe
führen sollte, so pflegte man im Abschied dem Soldaten
das Connubium mit einer peregrina (oder auch mit meh-
reren, für nachfolgende Ehen) zu geben, damit seine Ehe

nos colonarios, Latinosque Ju-
nianos, eosque peregrinos, qui-
bus commercium datum est.
"

Vgl. Ulpian. XI. § 16. XX. § 8.
14. XXII. § 1--3. Gajus I.
§ 56.
(k) L. 38. 63. 65 de ritu nupt.
(23. 2.). L. 6 C. de nupt.
(5. 4.).

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. II. Perſonen.
vilegien hat etwas Räthſelhaftes. Gewoͤhnlich denkt man
ſie als Begünſtigung ſolcher einzelnen Perſonen, die man
dadurch ehren oder belohnen wollte. Allein wenn dieſes
die Abſicht war, warum wählte man nicht das viel ein-
fachere Mittel, dem Begünſtigten das Recht und den Na-
men einer höheren Klaſſe ſelbſt zu verleihen? Gab man
ihm die Civität, womit ohnehin die Kaiſer gar nicht ſpar-
ſam verfuhren, ſo hatte er ja alle jene Rechte von ſelbſt,
ohne Privilegium. Der Unterſchied war allerdings darin
bedeutend, daß das connubium und commercium conces-
sum
gewiß nur individuell war, anſtatt daß die Civität
ſtets auf die ſpäter erzeugten Kinder übergieng; aber wel-
chen Grund hatte man, den Nachkommen den Genuß die-
ſer dem Vater ertheilten Gunſt zu verſagen? — Bey dem
Connubium kennen wir den Zuſammenhang genau. Wer
ſich im Dienſt des Römiſchen Staats in einer Provinz
aufhielt, ſollte daſelbſt, ſo lange das Dienſtverhältniß
dauerte, keine Ehe ſchließen dürfen (k). Dieſes traf auch
die Römiſchen Bürger, die daſelbſt als Soldaten in Gar-
niſon ſtanden. Wenn aber dieſe irgend eine Bekanntſchaft
angeknüpft hatten, die nach dem Abſchied zu einer Ehe
führen ſollte, ſo pflegte man im Abſchied dem Soldaten
das Connubium mit einer peregrina (oder auch mit meh-
reren, für nachfolgende Ehen) zu geben, damit ſeine Ehe

nos colonarios, Latinosque Ju-
nianos, eosque peregrinos, qui-
bus commercium datum est.

Vgl. Ulpian. XI. § 16. XX. § 8.
14. XXII. § 1—3. Gajus I.
§ 56.
(k) L. 38. 63. 65 de ritu nupt.
(23. 2.). L. 6 C. de nupt.
(5. 4.).
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0056" n="42"/><fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">II.</hi> Rechtsverhältni&#x017F;&#x017F;e. Kap. <hi rendition="#aq">II.</hi> Per&#x017F;onen.</fw><lb/>
vilegien hat etwas Räth&#x017F;elhaftes. Gewo&#x0364;hnlich denkt man<lb/>
&#x017F;ie als Begün&#x017F;tigung &#x017F;olcher einzelnen Per&#x017F;onen, die man<lb/>
dadurch ehren oder belohnen wollte. Allein wenn die&#x017F;es<lb/>
die Ab&#x017F;icht war, warum wählte man nicht das viel ein-<lb/>
fachere Mittel, dem Begün&#x017F;tigten das Recht und den Na-<lb/>
men einer höheren Kla&#x017F;&#x017F;e &#x017F;elb&#x017F;t zu verleihen? Gab man<lb/>
ihm die Civität, womit ohnehin die Kai&#x017F;er gar nicht &#x017F;par-<lb/>
&#x017F;am verfuhren, &#x017F;o hatte er ja alle jene Rechte von &#x017F;elb&#x017F;t,<lb/>
ohne Privilegium. Der Unter&#x017F;chied war allerdings darin<lb/>
bedeutend, daß das <hi rendition="#aq">connubium</hi> und <hi rendition="#aq">commercium conces-<lb/>
sum</hi> gewiß nur individuell war, an&#x017F;tatt daß die Civität<lb/>
&#x017F;tets auf die &#x017F;päter erzeugten Kinder übergieng; aber wel-<lb/>
chen Grund hatte man, den Nachkommen den Genuß die-<lb/>
&#x017F;er dem Vater ertheilten Gun&#x017F;t zu ver&#x017F;agen? &#x2014; Bey dem<lb/>
Connubium kennen wir den Zu&#x017F;ammenhang genau. Wer<lb/>
&#x017F;ich im Dien&#x017F;t des Römi&#x017F;chen Staats in einer Provinz<lb/>
aufhielt, &#x017F;ollte da&#x017F;elb&#x017F;t, &#x017F;o lange das Dien&#x017F;tverhältniß<lb/>
dauerte, keine Ehe &#x017F;chließen dürfen <note place="foot" n="(k)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 38. 63. 65 <hi rendition="#i">de ritu nupt.</hi><lb/>
(23. 2.). <hi rendition="#i">L.</hi> 6 <hi rendition="#i">C. de nupt.</hi></hi> (5. 4.).</note>. Die&#x017F;es traf auch<lb/>
die Römi&#x017F;chen Bürger, die da&#x017F;elb&#x017F;t als Soldaten in Gar-<lb/>
ni&#x017F;on &#x017F;tanden. Wenn aber die&#x017F;e irgend eine Bekannt&#x017F;chaft<lb/>
angeknüpft hatten, die nach dem Ab&#x017F;chied zu einer Ehe<lb/>
führen &#x017F;ollte, &#x017F;o pflegte man im Ab&#x017F;chied dem Soldaten<lb/>
das Connubium mit einer <hi rendition="#aq">peregrina</hi> (oder auch mit meh-<lb/>
reren, für nachfolgende Ehen) zu geben, damit &#x017F;eine Ehe<lb/><note xml:id="seg2pn_8_2" prev="#seg2pn_8_1" place="foot" n="(i)"><hi rendition="#aq">nos colonarios, Latinosque Ju-<lb/>
nianos, <hi rendition="#i">eosque peregrinos, qui-<lb/>
bus commercium datum est.</hi>&#x201D;</hi><lb/>
Vgl. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Ulpian</hi>. XI. § 16. XX. § 8.<lb/>
14. XXII. § 1&#x2014;3. <hi rendition="#k">Gajus</hi> I.</hi> § 56.</note><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[42/0056] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. II. Perſonen. vilegien hat etwas Räthſelhaftes. Gewoͤhnlich denkt man ſie als Begünſtigung ſolcher einzelnen Perſonen, die man dadurch ehren oder belohnen wollte. Allein wenn dieſes die Abſicht war, warum wählte man nicht das viel ein- fachere Mittel, dem Begünſtigten das Recht und den Na- men einer höheren Klaſſe ſelbſt zu verleihen? Gab man ihm die Civität, womit ohnehin die Kaiſer gar nicht ſpar- ſam verfuhren, ſo hatte er ja alle jene Rechte von ſelbſt, ohne Privilegium. Der Unterſchied war allerdings darin bedeutend, daß das connubium und commercium conces- sum gewiß nur individuell war, anſtatt daß die Civität ſtets auf die ſpäter erzeugten Kinder übergieng; aber wel- chen Grund hatte man, den Nachkommen den Genuß die- ſer dem Vater ertheilten Gunſt zu verſagen? — Bey dem Connubium kennen wir den Zuſammenhang genau. Wer ſich im Dienſt des Römiſchen Staats in einer Provinz aufhielt, ſollte daſelbſt, ſo lange das Dienſtverhältniß dauerte, keine Ehe ſchließen dürfen (k). Dieſes traf auch die Römiſchen Bürger, die daſelbſt als Soldaten in Gar- niſon ſtanden. Wenn aber dieſe irgend eine Bekanntſchaft angeknüpft hatten, die nach dem Abſchied zu einer Ehe führen ſollte, ſo pflegte man im Abſchied dem Soldaten das Connubium mit einer peregrina (oder auch mit meh- reren, für nachfolgende Ehen) zu geben, damit ſeine Ehe (i) (k) L. 38. 63. 65 de ritu nupt. (23. 2.). L. 6 C. de nupt. (5. 4.). (i) nos colonarios, Latinosque Ju- nianos, eosque peregrinos, qui- bus commercium datum est.” Vgl. Ulpian. XI. § 16. XX. § 8. 14. XXII. § 1—3. Gajus I. § 56.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840/56
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840/56>, abgerufen am 03.05.2024.