Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite
Beylage VI.
entweder der Freyheit (maxima),
oder der Civität (media),
oder eines Dritten, je nach jenen drey Erklärun-
gen Verschiedenen (minima).

Dieses Dritte nun, durch dessen Veränderung eine Ca-
pitis deminutio
(nämlich die minima) bewirkt werden könnte,
müßte seyn:

1) nach der einen Erklärung: die Agnatenfamilie,
2) nach der andern: die Unabhängigkeit oder Abhän-
gigkeit,
3) nach der dritten: irgend ein Familienverhältniß,
worin also die in den beiden ersten Erklärungen voraus-
gesetzten Veränderungen unter andern auch mit begriffen
wären.

Bey jeder dieser drey Erklärungen entsteht ein großes,
ihnen gemeinsames Bedenken, daß nämlich nur eine Ver-
änderung
überhaupt, und nicht eine nachtheilige Ver-
änderung gefordert werden soll, so daß also auch eine vor-
theilhafte oder gleichgültige unter jenem Begriff enthalten
seyn könnte. Diese nothwendige Folge der aufgestellten
Definition widerspricht:

a) dem Ausdruck deminutio, der doch geradezu eine
Verminderung, einen Verlust bezeichnet (a);

(a) Diesem Einwurf begegnet
Noodt Comm. in Dig. IV. 5
durch die Bemerkung, minuere
könne auch so viel heißen als
mutare überhaupt. Allein von
dem Begriff des minuere ist die
Verminderung oder der Verlust
unzertrennlich; und wenn in ein-
zelnen Fällen jene beiden Aus-
drücke identisch seyn mögen, so
entsteht dieses gerade umgekehrt
nur dadurch, daß das mutare
Beylage VI.
entweder der Freyheit (maxima),
oder der Civität (media),
oder eines Dritten, je nach jenen drey Erklärun-
gen Verſchiedenen (minima).

Dieſes Dritte nun, durch deſſen Veränderung eine Ca-
pitis deminutio
(naͤmlich die minima) bewirkt werden koͤnnte,
müßte ſeyn:

1) nach der einen Erklärung: die Agnatenfamilie,
2) nach der andern: die Unabhängigkeit oder Abhän-
gigkeit,
3) nach der dritten: irgend ein Familienverhältniß,
worin alſo die in den beiden erſten Erklärungen voraus-
geſetzten Veränderungen unter andern auch mit begriffen
wären.

Bey jeder dieſer drey Erklärungen entſteht ein großes,
ihnen gemeinſames Bedenken, daß nämlich nur eine Ver-
änderung
überhaupt, und nicht eine nachtheilige Ver-
änderung gefordert werden ſoll, ſo daß alſo auch eine vor-
theilhafte oder gleichgültige unter jenem Begriff enthalten
ſeyn könnte. Dieſe nothwendige Folge der aufgeſtellten
Definition widerſpricht:

a) dem Ausdruck deminutio, der doch geradezu eine
Verminderung, einen Verluſt bezeichnet (a);

(a) Dieſem Einwurf begegnet
Noodt Comm. in Dig. IV. 5
durch die Bemerkung, minuere
könne auch ſo viel heißen als
mutare überhaupt. Allein von
dem Begriff des minuere iſt die
Verminderung oder der Verluſt
unzertrennlich; und wenn in ein-
zelnen Fällen jene beiden Aus-
drücke identiſch ſeyn mögen, ſo
entſteht dieſes gerade umgekehrt
nur dadurch, daß das mutare
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0490" n="476"/>
            <fw place="top" type="header">Beylage <hi rendition="#aq">VI.</hi></fw><lb/>
            <list>
              <item>entweder der Freyheit (<hi rendition="#aq">maxima</hi>),</item><lb/>
              <item>oder der Civität (<hi rendition="#aq">media</hi>),</item><lb/>
              <item>oder eines Dritten, je nach jenen drey Erklärun-<lb/>
gen Ver&#x017F;chiedenen (<hi rendition="#aq">minima</hi>).</item>
            </list><lb/>
            <p>Die&#x017F;es Dritte nun, durch de&#x017F;&#x017F;en Veränderung eine <hi rendition="#aq">Ca-<lb/>
pitis deminutio</hi> (na&#x0364;mlich die <hi rendition="#aq">minima</hi>) bewirkt werden ko&#x0364;nnte,<lb/>
müßte &#x017F;eyn:</p><lb/>
            <list>
              <item>1) nach der einen Erklärung: die Agnatenfamilie,</item><lb/>
              <item>2) nach der andern: die Unabhängigkeit oder Abhän-<lb/>
gigkeit,</item><lb/>
              <item>3) nach der dritten: irgend ein Familienverhältniß,<lb/>
worin al&#x017F;o die in den beiden er&#x017F;ten Erklärungen voraus-<lb/>
ge&#x017F;etzten Veränderungen unter andern auch mit begriffen<lb/>
wären.</item>
            </list><lb/>
            <p>Bey jeder die&#x017F;er drey Erklärungen ent&#x017F;teht ein großes,<lb/>
ihnen gemein&#x017F;ames Bedenken, daß nämlich nur eine <hi rendition="#g">Ver-<lb/>
änderung</hi> überhaupt, und nicht eine <hi rendition="#g">nachtheilige</hi> Ver-<lb/>
änderung gefordert werden &#x017F;oll, &#x017F;o daß al&#x017F;o auch eine vor-<lb/>
theilhafte oder gleichgültige unter jenem Begriff enthalten<lb/>
&#x017F;eyn könnte. Die&#x017F;e nothwendige Folge der aufge&#x017F;tellten<lb/>
Definition wider&#x017F;pricht:</p><lb/>
            <list>
              <item><hi rendition="#aq">a</hi>) dem Ausdruck <hi rendition="#aq">deminutio,</hi> der doch geradezu eine<lb/>
Verminderung, einen Verlu&#x017F;t bezeichnet <note xml:id="seg2pn_82_1" next="#seg2pn_82_2" place="foot" n="(a)">Die&#x017F;em Einwurf begegnet<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Noodt</hi> Comm. in Dig. IV.</hi> 5<lb/>
durch die Bemerkung, <hi rendition="#aq">minuere</hi><lb/>
könne auch &#x017F;o viel heißen als<lb/><hi rendition="#aq">mutare</hi> überhaupt. Allein von<lb/>
dem Begriff des <hi rendition="#aq">minuere</hi> i&#x017F;t die<lb/>
Verminderung oder der Verlu&#x017F;t<lb/>
unzertrennlich; und wenn in ein-<lb/>
zelnen Fällen jene beiden Aus-<lb/>
drücke identi&#x017F;ch &#x017F;eyn mögen, &#x017F;o<lb/>
ent&#x017F;teht die&#x017F;es gerade umgekehrt<lb/>
nur dadurch, daß das <hi rendition="#aq">mutare</hi></note>;</item>
            </list><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[476/0490] Beylage VI. entweder der Freyheit (maxima), oder der Civität (media), oder eines Dritten, je nach jenen drey Erklärun- gen Verſchiedenen (minima). Dieſes Dritte nun, durch deſſen Veränderung eine Ca- pitis deminutio (naͤmlich die minima) bewirkt werden koͤnnte, müßte ſeyn: 1) nach der einen Erklärung: die Agnatenfamilie, 2) nach der andern: die Unabhängigkeit oder Abhän- gigkeit, 3) nach der dritten: irgend ein Familienverhältniß, worin alſo die in den beiden erſten Erklärungen voraus- geſetzten Veränderungen unter andern auch mit begriffen wären. Bey jeder dieſer drey Erklärungen entſteht ein großes, ihnen gemeinſames Bedenken, daß nämlich nur eine Ver- änderung überhaupt, und nicht eine nachtheilige Ver- änderung gefordert werden ſoll, ſo daß alſo auch eine vor- theilhafte oder gleichgültige unter jenem Begriff enthalten ſeyn könnte. Dieſe nothwendige Folge der aufgeſtellten Definition widerſpricht: a) dem Ausdruck deminutio, der doch geradezu eine Verminderung, einen Verluſt bezeichnet (a); (a) Dieſem Einwurf begegnet Noodt Comm. in Dig. IV. 5 durch die Bemerkung, minuere könne auch ſo viel heißen als mutare überhaupt. Allein von dem Begriff des minuere iſt die Verminderung oder der Verluſt unzertrennlich; und wenn in ein- zelnen Fällen jene beiden Aus- drücke identiſch ſeyn mögen, ſo entſteht dieſes gerade umgekehrt nur dadurch, daß das mutare

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840/490
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840, S. 476. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840/490>, abgerufen am 25.11.2024.