von Status, und nur als eine ganz müßige, nichtssagende Varietät für libertas allein.
Scheinbare Bestätigung erhält die Lehre von den drey Status durch künstliche Herleitung aus zwey in unsren Quellen enthaltenen Angaben, woraus allein jene Lehre au- genscheinlich entstanden ist:
a) Aus der dreyfachen capitis deminutio, verbunden mit der Definition der capitis deminutio als Status muta- tio, wodurch beide Begriffe in unmittelbare Verbindung gesetzt werden. Davon kann erst weiter unten, durch die Untersuchung der wahren Natur der capitis deminutio, Rechenschaft gegeben werden.
b) Aus folgender Stelle des Paulus:
L. 11 de cap. min. (4. 5.). "Capitis deminutionis tria genera sunt: maxima, media, minima; tria enim sunt, quae habemus, libertatem, civitatem, familiam" etc.
Auch diese Stelle kann erst bey der capitis deminutio vollständig erklärt werden. Schon hier aber muß es je- dem Unbefangenen auffallen, daß gerade der Ausdruck Status von Paulus nicht gebraucht ist, sondern an des- sen Stelle der höchst seltsame, von keinem Standpunkt aus zu rechtfertigende, Ausdruck quae habemus. Einen entscheidendern Beweis kann es kaum geben, daß die Rö- mer die drey Status, wenigstens unter diesem Namen, nicht kannten; sonst hätte gewiß Paulus nicht unterlassen, den sicheren und bequemen Kunstausdruck zu gebrauchen an- statt einer höchst ungenügenden Umschreibung.
Beylage VI.
von Status, und nur als eine ganz müßige, nichtsſagende Varietät für libertas allein.
Scheinbare Beſtätigung erhält die Lehre von den drey Status durch künſtliche Herleitung aus zwey in unſren Quellen enthaltenen Angaben, woraus allein jene Lehre au- genſcheinlich entſtanden iſt:
a) Aus der dreyfachen capitis deminutio, verbunden mit der Definition der capitis deminutio als Status muta- tio, wodurch beide Begriffe in unmittelbare Verbindung geſetzt werden. Davon kann erſt weiter unten, durch die Unterſuchung der wahren Natur der capitis deminutio, Rechenſchaft gegeben werden.
b) Aus folgender Stelle des Paulus:
L. 11 de cap. min. (4. 5.). „Capitis deminutionis tria genera sunt: maxima, media, minima; tria enim sunt, quae habemus, libertatem, civitatem, familiam” etc.
Auch dieſe Stelle kann erſt bey der capitis deminutio vollſtändig erklärt werden. Schon hier aber muß es je- dem Unbefangenen auffallen, daß gerade der Ausdruck Status von Paulus nicht gebraucht iſt, ſondern an deſ- ſen Stelle der höchſt ſeltſame, von keinem Standpunkt aus zu rechtfertigende, Ausdruck quae habemus. Einen entſcheidendern Beweis kann es kaum geben, daß die Rö- mer die drey Status, wenigſtens unter dieſem Namen, nicht kannten; ſonſt hätte gewiß Paulus nicht unterlaſſen, den ſicheren und bequemen Kunſtausdruck zu gebrauchen an- ſtatt einer höchſt ungenügenden Umſchreibung.
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Beylage VI.
von Status, und nur als eine ganz müßige, nichtsſagende
Varietät für libertas allein.
Scheinbare Beſtätigung erhält die Lehre von den drey
Status durch künſtliche Herleitung aus zwey in unſren
Quellen enthaltenen Angaben, woraus allein jene Lehre au-
genſcheinlich entſtanden iſt:
a) Aus der dreyfachen capitis deminutio, verbunden
mit der Definition der capitis deminutio als Status muta-
tio, wodurch beide Begriffe in unmittelbare Verbindung
geſetzt werden. Davon kann erſt weiter unten, durch die
Unterſuchung der wahren Natur der capitis deminutio,
Rechenſchaft gegeben werden.
b) Aus folgender Stelle des Paulus:
L. 11 de cap. min. (4. 5.). „Capitis deminutionis tria
genera sunt: maxima, media, minima; tria enim sunt,
quae habemus, libertatem, civitatem, familiam” etc.
Auch dieſe Stelle kann erſt bey der capitis deminutio
vollſtändig erklärt werden. Schon hier aber muß es je-
dem Unbefangenen auffallen, daß gerade der Ausdruck
Status von Paulus nicht gebraucht iſt, ſondern an deſ-
ſen Stelle der höchſt ſeltſame, von keinem Standpunkt
aus zu rechtfertigende, Ausdruck quae habemus. Einen
entſcheidendern Beweis kann es kaum geben, daß die Rö-
mer die drey Status, wenigſtens unter dieſem Namen, nicht
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ſicheren und bequemen Kunſtausdruck zu gebrauchen an-
ſtatt einer höchſt ungenügenden Umſchreibung.
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840, S. 474. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840/488>, abgerufen am 22.11.2024.
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