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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840.

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§. 80. Infamie. Juristische Bedeutung. (Fortsetzung.)

Dieser Satz ist es, der wohl am ersten bezweifelt wer-
den könnte. Denn wenngleich bey der vollständigen oder
unvollständigen Ertheilung der Civität an fremde Städte
suffragium und honores stets verbunden genannt werden,
so ließe es sich doch bey einer positiven Anstalt, wie die
Infamie, sehr wohl denken, daß man dem Ehrlosen das
höhere Recht der Wählbarkeit entzogen, das niedere Recht
der Stimmfähigkeit aber gelassen hätte. Daß dieses je-
doch nicht so war, sondern vielmehr der Infame auch
das suffragium verlor, ergiebt sich aus folgenden Zeug-
nissen. Zuerst stellt Cicero in den oben angeführten Stel-
len (§ 79. b. g) das Verhältniß der censorischen Ehren-
kränkung zur Infamie so dar, daß jene leichter und will-
kührlicher eintreten kann, diese aber in ihrer Wirkung ge-
waltiger und verderblicher erscheint. Da er nun eben da-
selbst als das äußerste Ziel der censorischen Willkühr die
Herabsetzung eines Bürgers zum Ärarier angiebt, so kann
die Wirkung der Infamie unmöglich geringer als die äu-
ßerste Wirkung jener Willkühr angenommen werden.

Noch unmittelbarer aber bestätigen die aufgestellte Be-

Andenken nur noch in einer lee-
ren Formalität: die Centurien
aber kamen mit den Tribus in
eine solche Verbindung, daß sie
als Theile derselben angesehen
wurden. (Cicero pro Plancio
C.
20 und viele andere Stellen.)
Von dieser Zeit an war die
Stimmfähigkeit überhaupt gleich-
bedeutend geworden mit der Stel-
lung in irgend einer Tribus, und
der unter die Ärarier Verstoßene
verlor mit der Tribus zugleich
das Stimmrecht, und die Fähig-
keit so wie die Verpflichtung zum
regelmäßigen Kriegsdienst. Nie-
buhr
B. 1 S. 492 -- 495 ed. 4
(521 -- 524 ed. 3); vergl. B. 3
S. 346 -- 352, S. 383 -- 384.
§. 80. Infamie. Juriſtiſche Bedeutung. (Fortſetzung.)

Dieſer Satz iſt es, der wohl am erſten bezweifelt wer-
den könnte. Denn wenngleich bey der vollſtändigen oder
unvollſtändigen Ertheilung der Civität an fremde Städte
suffragium und honores ſtets verbunden genannt werden,
ſo ließe es ſich doch bey einer poſitiven Anſtalt, wie die
Infamie, ſehr wohl denken, daß man dem Ehrloſen das
höhere Recht der Wählbarkeit entzogen, das niedere Recht
der Stimmfähigkeit aber gelaſſen hätte. Daß dieſes je-
doch nicht ſo war, ſondern vielmehr der Infame auch
das suffragium verlor, ergiebt ſich aus folgenden Zeug-
niſſen. Zuerſt ſtellt Cicero in den oben angeführten Stel-
len (§ 79. b. g) das Verhältniß der cenſoriſchen Ehren-
kränkung zur Infamie ſo dar, daß jene leichter und will-
kührlicher eintreten kann, dieſe aber in ihrer Wirkung ge-
waltiger und verderblicher erſcheint. Da er nun eben da-
ſelbſt als das äußerſte Ziel der cenſoriſchen Willkühr die
Herabſetzung eines Bürgers zum Ärarier angiebt, ſo kann
die Wirkung der Infamie unmöglich geringer als die äu-
ßerſte Wirkung jener Willkühr angenommen werden.

Noch unmittelbarer aber beſtätigen die aufgeſtellte Be-

Andenken nur noch in einer lee-
ren Formalität: die Centurien
aber kamen mit den Tribus in
eine ſolche Verbindung, daß ſie
als Theile derſelben angeſehen
wurden. (Cicero pro Plancio
C.
20 und viele andere Stellen.)
Von dieſer Zeit an war die
Stimmfähigkeit überhaupt gleich-
bedeutend geworden mit der Stel-
lung in irgend einer Tribus, und
der unter die Ärarier Verſtoßene
verlor mit der Tribus zugleich
das Stimmrecht, und die Fähig-
keit ſo wie die Verpflichtung zum
regelmäßigen Kriegsdienſt. Nie-
buhr
B. 1 S. 492 — 495 ed. 4
(521 — 524 ed. 3); vergl. B. 3
S. 346 — 352, S. 383 — 384.
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[203/0217] §. 80. Infamie. Juriſtiſche Bedeutung. (Fortſetzung.) Dieſer Satz iſt es, der wohl am erſten bezweifelt wer- den könnte. Denn wenngleich bey der vollſtändigen oder unvollſtändigen Ertheilung der Civität an fremde Städte suffragium und honores ſtets verbunden genannt werden, ſo ließe es ſich doch bey einer poſitiven Anſtalt, wie die Infamie, ſehr wohl denken, daß man dem Ehrloſen das höhere Recht der Wählbarkeit entzogen, das niedere Recht der Stimmfähigkeit aber gelaſſen hätte. Daß dieſes je- doch nicht ſo war, ſondern vielmehr der Infame auch das suffragium verlor, ergiebt ſich aus folgenden Zeug- niſſen. Zuerſt ſtellt Cicero in den oben angeführten Stel- len (§ 79. b. g) das Verhältniß der cenſoriſchen Ehren- kränkung zur Infamie ſo dar, daß jene leichter und will- kührlicher eintreten kann, dieſe aber in ihrer Wirkung ge- waltiger und verderblicher erſcheint. Da er nun eben da- ſelbſt als das äußerſte Ziel der cenſoriſchen Willkühr die Herabſetzung eines Bürgers zum Ärarier angiebt, ſo kann die Wirkung der Infamie unmöglich geringer als die äu- ßerſte Wirkung jener Willkühr angenommen werden. Noch unmittelbarer aber beſtätigen die aufgeſtellte Be- (c) (c) Andenken nur noch in einer lee- ren Formalität: die Centurien aber kamen mit den Tribus in eine ſolche Verbindung, daß ſie als Theile derſelben angeſehen wurden. (Cicero pro Plancio C. 20 und viele andere Stellen.) Von dieſer Zeit an war die Stimmfähigkeit überhaupt gleich- bedeutend geworden mit der Stel- lung in irgend einer Tribus, und der unter die Ärarier Verſtoßene verlor mit der Tribus zugleich das Stimmrecht, und die Fähig- keit ſo wie die Verpflichtung zum regelmäßigen Kriegsdienſt. Nie- buhr B. 1 S. 492 — 495 ed. 4 (521 — 524 ed. 3); vergl. B. 3 S. 346 — 352, S. 383 — 384.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840, S. 203. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840/217>, abgerufen am 25.11.2024.