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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. II. Personen.
eine verfassungsmäßige Aufsicht voraus. Diese nun war
wiederum den Censoren anvertraut, welche jedesmal die
Mitglieder des Senats, der Tribus u. s. w. neu verzeich-
neten, und dadurch Gelegenheit hatten, den Infamen un-
ter die Ärarier einzutragen, also von allen Tribus aus-
zuschließen. Sie thaten dann in Vollziehung einer festen
Regel, was sie in anderen Fällen aus eigenem Gutfinden
thun mochten, so daß sie eine zwiefache Einwirkung hat-
ten, indem sie die Regel der Infamie theils zur Anwen-
dung brachten, theils durch eigenes Ermessen ergänzten (k).
Wären sie aber nachlässig gewesen in der Übung ihres
Amtes, so konnte gewiß auch jeder Consul oder Prätor,
der die Comitien hielt, den Ehrlosen zurückweisen, wenn
dieser als Candidat auftreten, ja selbst wenn er nur seine
Stimme abgeben wollte.

5) Diese Bedeutung der Infamie mußte unter den
Kaisern bald ihre Wichtigkeit verlieren, als die politischen
Rechte der Civität in den Hintergrund traten, und die
alten Formen der Tribus, der Bürgerlisten etc. in ihrer
Reinheit nicht mehr erhalten wurden. Von dieser Zeit
an blieb die Infamie nur noch in Nebenwirkungen sicht-
bar, und daraus erklärt sich die räthselhafte Gestalt,
worin sie in unsren Rechtsquellen erscheint.



(k) Vergl. hierüber besonders Niebuhr B. 2 S. 448 -- 451
(ed. 2 und 3).

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. II. Perſonen.
eine verfaſſungsmäßige Aufſicht voraus. Dieſe nun war
wiederum den Cenſoren anvertraut, welche jedesmal die
Mitglieder des Senats, der Tribus u. ſ. w. neu verzeich-
neten, und dadurch Gelegenheit hatten, den Infamen un-
ter die Ärarier einzutragen, alſo von allen Tribus aus-
zuſchließen. Sie thaten dann in Vollziehung einer feſten
Regel, was ſie in anderen Fällen aus eigenem Gutfinden
thun mochten, ſo daß ſie eine zwiefache Einwirkung hat-
ten, indem ſie die Regel der Infamie theils zur Anwen-
dung brachten, theils durch eigenes Ermeſſen ergänzten (k).
Wären ſie aber nachläſſig geweſen in der Übung ihres
Amtes, ſo konnte gewiß auch jeder Conſul oder Prätor,
der die Comitien hielt, den Ehrloſen zurückweiſen, wenn
dieſer als Candidat auftreten, ja ſelbſt wenn er nur ſeine
Stimme abgeben wollte.

5) Dieſe Bedeutung der Infamie mußte unter den
Kaiſern bald ihre Wichtigkeit verlieren, als die politiſchen
Rechte der Civität in den Hintergrund traten, und die
alten Formen der Tribus, der Bürgerliſten ꝛc. in ihrer
Reinheit nicht mehr erhalten wurden. Von dieſer Zeit
an blieb die Infamie nur noch in Nebenwirkungen ſicht-
bar, und daraus erklärt ſich die räthſelhafte Geſtalt,
worin ſie in unſren Rechtsquellen erſcheint.



(k) Vergl. hierüber beſonders Niebuhr B. 2 S. 448 — 451
(ed. 2 und 3).
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[200/0214] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. II. Perſonen. eine verfaſſungsmäßige Aufſicht voraus. Dieſe nun war wiederum den Cenſoren anvertraut, welche jedesmal die Mitglieder des Senats, der Tribus u. ſ. w. neu verzeich- neten, und dadurch Gelegenheit hatten, den Infamen un- ter die Ärarier einzutragen, alſo von allen Tribus aus- zuſchließen. Sie thaten dann in Vollziehung einer feſten Regel, was ſie in anderen Fällen aus eigenem Gutfinden thun mochten, ſo daß ſie eine zwiefache Einwirkung hat- ten, indem ſie die Regel der Infamie theils zur Anwen- dung brachten, theils durch eigenes Ermeſſen ergänzten (k). Wären ſie aber nachläſſig geweſen in der Übung ihres Amtes, ſo konnte gewiß auch jeder Conſul oder Prätor, der die Comitien hielt, den Ehrloſen zurückweiſen, wenn dieſer als Candidat auftreten, ja ſelbſt wenn er nur ſeine Stimme abgeben wollte. 5) Dieſe Bedeutung der Infamie mußte unter den Kaiſern bald ihre Wichtigkeit verlieren, als die politiſchen Rechte der Civität in den Hintergrund traten, und die alten Formen der Tribus, der Bürgerliſten ꝛc. in ihrer Reinheit nicht mehr erhalten wurden. Von dieſer Zeit an blieb die Infamie nur noch in Nebenwirkungen ſicht- bar, und daraus erklärt ſich die räthſelhafte Geſtalt, worin ſie in unſren Rechtsquellen erſcheint. (k) Vergl. hierüber beſonders Niebuhr B. 2 S. 448 — 451 (ed. 2 und 3).

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840/214>, abgerufen am 24.11.2024.