§. 75. Rechtsfähigkeit u. cap. deminutio. Heutige Anwendung.
Endlich sollte der Code gemacht werden. Nichts ist irriger, als wenn Viele glauben, dieser wäre ganz aus neuer revolutionärer Weisheit, kraft einer Art von In- spiration, hervorgegangen. Vielmehr brachten sowohl die ersten Redactoren, als nachher die Mitglieder des Staats- raths, alle ihre Kenntnisse und Irrthümer aus der Zeit der alten Jurisprudenz mit hinzu. Als Fälle der Anwen- dung des bürgerlichen Todes wurden nun folgende ange- nommen:
1) Die Emigranten. Zwar wurden die Gesetze gegen die Emigration schon im J. VIII. aufgehoben und die mei- sten Einzelnen, die es wollten, waren aus der Emigran- tenliste gestrichen, und dadurch wieder von dem bürgerli- chen Tod befreyt worden; allein theils blieben immer noch Viele übrig, die nicht zurückgekehrt waren, theils sollten und konnten auch die Wiederaufgenommenen von der Wir- kung ihres bürgerlichen Todes auf die in der Vergangen- heit eingetretenen Ehen und Erbfälle nicht befreyt werden (e).
Dagegen sollte in Zukunft die freywillige Auflösung der Verhältnisse zum Vaterland nicht mehr als bürgerli- cher Tod gelten, sondern nur noch die Eigenschaft eines Franzosen aufheben (art. 17 -- 21), welche Veränderung aber gar nicht von Erheblichkeit ist.
(e) Die Gesetze über die Emi- granten citirt Merlin l. c., p. 373. -- Bey der Discussion des Code im Staatsrath wurde die fort- dauernde Wirksamkeit und Wich- tigkeit der Emigrantengesetze über- haupt, und besonders in Bezie- hung auf ihren bürgerlichen Tod, ausdrücklich anerkannt. Confe- rence du code civil T. 1 p. 76. 77 (zu art. 24).
§. 75. Rechtsfähigkeit u. cap. deminutio. Heutige Anwendung.
Endlich ſollte der Code gemacht werden. Nichts iſt irriger, als wenn Viele glauben, dieſer wäre ganz aus neuer revolutionärer Weisheit, kraft einer Art von In- ſpiration, hervorgegangen. Vielmehr brachten ſowohl die erſten Redactoren, als nachher die Mitglieder des Staats- raths, alle ihre Kenntniſſe und Irrthümer aus der Zeit der alten Jurisprudenz mit hinzu. Als Fälle der Anwen- dung des bürgerlichen Todes wurden nun folgende ange- nommen:
1) Die Emigranten. Zwar wurden die Geſetze gegen die Emigration ſchon im J. VIII. aufgehoben und die mei- ſten Einzelnen, die es wollten, waren aus der Emigran- tenliſte geſtrichen, und dadurch wieder von dem bürgerli- chen Tod befreyt worden; allein theils blieben immer noch Viele übrig, die nicht zurückgekehrt waren, theils ſollten und konnten auch die Wiederaufgenommenen von der Wir- kung ihres bürgerlichen Todes auf die in der Vergangen- heit eingetretenen Ehen und Erbfälle nicht befreyt werden (e).
Dagegen ſollte in Zukunft die freywillige Aufloͤſung der Verhältniſſe zum Vaterland nicht mehr als bürgerli- cher Tod gelten, ſondern nur noch die Eigenſchaft eines Franzoſen aufheben (art. 17 — 21), welche Veränderung aber gar nicht von Erheblichkeit iſt.
(e) Die Geſetze über die Emi- granten citirt Merlin l. c., p. 373. — Bey der Discuſſion des Code im Staatsrath wurde die fort- dauernde Wirkſamkeit und Wich- tigkeit der Emigrantengeſetze über- haupt, und beſonders in Bezie- hung auf ihren bürgerlichen Tod, ausdrücklich anerkannt. Confé- rence du code civil T. 1 p. 76. 77 (zu art. 24).
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0167"n="153"/><fwplace="top"type="header">§. 75. Rechtsfähigkeit u. <hirendition="#aq">cap. deminutio.</hi> Heutige Anwendung.</fw><lb/><p>Endlich ſollte der <hirendition="#aq">Code</hi> gemacht werden. Nichts iſt<lb/>
irriger, als wenn Viele glauben, dieſer wäre ganz aus<lb/>
neuer revolutionärer Weisheit, kraft einer Art von In-<lb/>ſpiration, hervorgegangen. Vielmehr brachten ſowohl die<lb/>
erſten Redactoren, als nachher die Mitglieder des Staats-<lb/>
raths, alle ihre Kenntniſſe und Irrthümer aus der Zeit<lb/>
der alten Jurisprudenz mit hinzu. Als Fälle der Anwen-<lb/>
dung des bürgerlichen Todes wurden nun folgende ange-<lb/>
nommen:</p><lb/><p>1) Die Emigranten. Zwar wurden die Geſetze gegen<lb/>
die Emigration ſchon im J. <hirendition="#aq">VIII.</hi> aufgehoben und die mei-<lb/>ſten Einzelnen, die es wollten, waren aus der Emigran-<lb/>
tenliſte geſtrichen, und dadurch wieder von dem bürgerli-<lb/>
chen Tod befreyt worden; allein theils blieben immer noch<lb/>
Viele übrig, die nicht zurückgekehrt waren, theils ſollten<lb/>
und konnten auch die Wiederaufgenommenen von der Wir-<lb/>
kung ihres bürgerlichen Todes auf die in der Vergangen-<lb/>
heit eingetretenen Ehen und Erbfälle nicht befreyt werden <noteplace="foot"n="(e)">Die Geſetze über die Emi-<lb/>
granten citirt <hirendition="#aq"><hirendition="#k">Merlin</hi> l. c., p.</hi> 373.<lb/>— Bey der Discuſſion des <hirendition="#aq">Code</hi><lb/>
im Staatsrath wurde die fort-<lb/>
dauernde Wirkſamkeit und Wich-<lb/>
tigkeit der Emigrantengeſetze über-<lb/>
haupt, und beſonders in Bezie-<lb/>
hung auf ihren bürgerlichen Tod,<lb/>
ausdrücklich anerkannt. <hirendition="#aq"><hirendition="#i">Confé-<lb/>
rence</hi> du <hirendition="#g">code</hi> civil T. 1 p.</hi> 76.<lb/>
77 (zu <hirendition="#aq">art.</hi> 24).</note>.</p><lb/><p>Dagegen ſollte in Zukunft die freywillige Aufloͤſung<lb/>
der Verhältniſſe zum Vaterland nicht mehr als bürgerli-<lb/>
cher Tod gelten, ſondern nur noch die Eigenſchaft eines<lb/>
Franzoſen aufheben (<hirendition="#aq">art.</hi> 17 — 21), welche Veränderung<lb/>
aber gar nicht von Erheblichkeit iſt.</p><lb/></div></div></div></body></text></TEI>
[153/0167]
§. 75. Rechtsfähigkeit u. cap. deminutio. Heutige Anwendung.
Endlich ſollte der Code gemacht werden. Nichts iſt
irriger, als wenn Viele glauben, dieſer wäre ganz aus
neuer revolutionärer Weisheit, kraft einer Art von In-
ſpiration, hervorgegangen. Vielmehr brachten ſowohl die
erſten Redactoren, als nachher die Mitglieder des Staats-
raths, alle ihre Kenntniſſe und Irrthümer aus der Zeit
der alten Jurisprudenz mit hinzu. Als Fälle der Anwen-
dung des bürgerlichen Todes wurden nun folgende ange-
nommen:
1) Die Emigranten. Zwar wurden die Geſetze gegen
die Emigration ſchon im J. VIII. aufgehoben und die mei-
ſten Einzelnen, die es wollten, waren aus der Emigran-
tenliſte geſtrichen, und dadurch wieder von dem bürgerli-
chen Tod befreyt worden; allein theils blieben immer noch
Viele übrig, die nicht zurückgekehrt waren, theils ſollten
und konnten auch die Wiederaufgenommenen von der Wir-
kung ihres bürgerlichen Todes auf die in der Vergangen-
heit eingetretenen Ehen und Erbfälle nicht befreyt werden (e).
Dagegen ſollte in Zukunft die freywillige Aufloͤſung
der Verhältniſſe zum Vaterland nicht mehr als bürgerli-
cher Tod gelten, ſondern nur noch die Eigenſchaft eines
Franzoſen aufheben (art. 17 — 21), welche Veränderung
aber gar nicht von Erheblichkeit iſt.
(e) Die Geſetze über die Emi-
granten citirt Merlin l. c., p. 373.
— Bey der Discuſſion des Code
im Staatsrath wurde die fort-
dauernde Wirkſamkeit und Wich-
tigkeit der Emigrantengeſetze über-
haupt, und beſonders in Bezie-
hung auf ihren bürgerlichen Tod,
ausdrücklich anerkannt. Confé-
rence du code civil T. 1 p. 76.
77 (zu art. 24).
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840/167>, abgerufen am 29.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.