Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. II. Personen.
actio, als präsumtiver Procurator des Vaters, klagen, wenn
der Vater abwesend ist, und deswegen die Klage sonst
unterbleiben, oder doch lange verschoben werden müßte.
Dieses gilt unter andern bey Klagen aus einem Diebstahl,
körperlicher Beschädigung, Darlehen, Depositum, Mandat,
besonders wenn diese Verletzungen oder Rechtsgeschäfte in
Beziehung auf die Person des Sohnes stattgefunden ha-
ben, so daß vielleicht er selbst diese Klagerechte dem Va-
ter erworben hat. In einigen dieser Fälle wird noch der
unterstützende Grund hinzugefügt, daß sonst der Sohn
selbst in Noth kommen könne, wenn er z. B. sein Reise-
geld ausgeliehen oder durch Diebstahl verloren hat; dieses
ist jedoch keinesweges als allgemeiner Grund oder als Be-
dingung der Regel anzusehen (n). In diesen Fällen nun
ist es ganz gleichgültig, ob der Erwerb dieser Klagen mit
einem Peculium zusammenhieng oder nicht. Eine scharfe
Gränze für die so zulässigen Klagen zu ziehen war nicht
nöthig, da die Zulassung des Sohnes in diesen Fällen
stets auf dem freyen Ermessen der Obrigkeit beruhte. Es
versteht sich von selbst, daß der Ertrag dieser Klagen
immer wieder dem Vater erworben werden muß.


modo filio consentire, vel agen-
ti, vel fugienti, ne judicium
sine patris voluntate videatur
consistere.
"
Die Worte vel fu-
gienti
(als Beklagter) scheinen
aus Versehen herein gekommen
zu seyn, veranlaßt durch einen
falschen Schein consequenter Voll-
ständigkeit; denn verklagt werden
konnte der Sohn schon nach altem
Recht für sich allein, ohne des
Vaters Wissen, ja wider dessen
Willen. L. 3 § 4 de minor. (4. 4.).
(n) L. 18 § 1 de judic. (5. 1.).
L. 17 de reb. cred.
(12. 1.).

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. II. Perſonen.
actio, als präſumtiver Procurator des Vaters, klagen, wenn
der Vater abweſend iſt, und deswegen die Klage ſonſt
unterbleiben, oder doch lange verſchoben werden müßte.
Dieſes gilt unter andern bey Klagen aus einem Diebſtahl,
koͤrperlicher Beſchädigung, Darlehen, Depoſitum, Mandat,
beſonders wenn dieſe Verletzungen oder Rechtsgeſchäfte in
Beziehung auf die Perſon des Sohnes ſtattgefunden ha-
ben, ſo daß vielleicht er ſelbſt dieſe Klagerechte dem Va-
ter erworben hat. In einigen dieſer Fälle wird noch der
unterſtützende Grund hinzugefügt, daß ſonſt der Sohn
ſelbſt in Noth kommen könne, wenn er z. B. ſein Reiſe-
geld ausgeliehen oder durch Diebſtahl verloren hat; dieſes
iſt jedoch keinesweges als allgemeiner Grund oder als Be-
dingung der Regel anzuſehen (n). In dieſen Fällen nun
iſt es ganz gleichgültig, ob der Erwerb dieſer Klagen mit
einem Peculium zuſammenhieng oder nicht. Eine ſcharfe
Gränze für die ſo zuläſſigen Klagen zu ziehen war nicht
nöthig, da die Zulaſſung des Sohnes in dieſen Fällen
ſtets auf dem freyen Ermeſſen der Obrigkeit beruhte. Es
verſteht ſich von ſelbſt, daß der Ertrag dieſer Klagen
immer wieder dem Vater erworben werden muß.


modo filio consentire, vel agen-
ti, vel fugienti, ne judicium
sine patris voluntate videatur
consistere.
Die Worte vel fu-
gienti
(als Beklagter) ſcheinen
aus Verſehen herein gekommen
zu ſeyn, veranlaßt durch einen
falſchen Schein conſequenter Voll-
ſtändigkeit; denn verklagt werden
konnte der Sohn ſchon nach altem
Recht für ſich allein, ohne des
Vaters Wiſſen, ja wider deſſen
Willen. L. 3 § 4 de minor. (4. 4.).
(n) L. 18 § 1 de judic. (5. 1.).
L. 17 de reb. cred.
(12. 1.).
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0112" n="98"/><fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">II.</hi> Rechtsverhältni&#x017F;&#x017F;e. Kap. <hi rendition="#aq">II.</hi> Per&#x017F;onen.</fw><lb/><hi rendition="#aq">actio,</hi> als prä&#x017F;umtiver Procurator des Vaters, klagen, wenn<lb/>
der Vater abwe&#x017F;end i&#x017F;t, und deswegen die Klage &#x017F;on&#x017F;t<lb/>
unterbleiben, oder doch lange ver&#x017F;choben werden müßte.<lb/>
Die&#x017F;es gilt unter andern bey Klagen aus einem Dieb&#x017F;tahl,<lb/>
ko&#x0364;rperlicher Be&#x017F;chädigung, Darlehen, Depo&#x017F;itum, Mandat,<lb/>
be&#x017F;onders wenn die&#x017F;e Verletzungen oder Rechtsge&#x017F;chäfte in<lb/>
Beziehung auf die Per&#x017F;on des Sohnes &#x017F;tattgefunden ha-<lb/>
ben, &#x017F;o daß vielleicht er &#x017F;elb&#x017F;t die&#x017F;e Klagerechte dem Va-<lb/>
ter erworben hat. In einigen die&#x017F;er Fälle wird noch der<lb/>
unter&#x017F;tützende Grund hinzugefügt, daß &#x017F;on&#x017F;t der Sohn<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t in Noth kommen könne, wenn er z. B. &#x017F;ein Rei&#x017F;e-<lb/>
geld ausgeliehen oder durch Dieb&#x017F;tahl verloren hat; die&#x017F;es<lb/>
i&#x017F;t jedoch keinesweges als allgemeiner Grund oder als Be-<lb/>
dingung der Regel anzu&#x017F;ehen <note place="foot" n="(n)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 18 § 1 <hi rendition="#i">de judic.</hi> (5. 1.).<lb/><hi rendition="#i">L.</hi> 17 <hi rendition="#i">de reb. cred.</hi></hi> (12. 1.).</note>. In die&#x017F;en Fällen nun<lb/>
i&#x017F;t es ganz gleichgültig, ob der Erwerb die&#x017F;er Klagen mit<lb/>
einem Peculium zu&#x017F;ammenhieng oder nicht. Eine &#x017F;charfe<lb/>
Gränze für die &#x017F;o zulä&#x017F;&#x017F;igen Klagen zu ziehen war nicht<lb/>
nöthig, da die Zula&#x017F;&#x017F;ung des Sohnes in die&#x017F;en Fällen<lb/>
&#x017F;tets auf dem freyen Erme&#x017F;&#x017F;en der Obrigkeit beruhte. Es<lb/>
ver&#x017F;teht &#x017F;ich von &#x017F;elb&#x017F;t, daß der Ertrag die&#x017F;er Klagen<lb/>
immer wieder dem Vater erworben werden muß.</p><lb/>
            <p>
              <note xml:id="seg2pn_20_2" prev="#seg2pn_20_1" place="foot" n="(m)"><hi rendition="#aq">modo filio consentire, vel agen-<lb/>
ti, vel fugienti, <hi rendition="#i">ne judicium<lb/>
sine patris voluntate videatur<lb/>
consistere.</hi>&#x201D;</hi> Die Worte <hi rendition="#aq">vel fu-<lb/>
gienti</hi> (als Beklagter) &#x017F;cheinen<lb/>
aus Ver&#x017F;ehen herein gekommen<lb/>
zu &#x017F;eyn, veranlaßt durch einen<lb/>
fal&#x017F;chen Schein con&#x017F;equenter Voll-<lb/>
&#x017F;tändigkeit; denn verklagt werden<lb/>
konnte der Sohn &#x017F;chon nach altem<lb/>
Recht für &#x017F;ich allein, ohne des<lb/>
Vaters Wi&#x017F;&#x017F;en, ja wider de&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Willen. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 3 § 4 <hi rendition="#i">de minor.</hi></hi> (4. 4.).</note>
            </p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[98/0112] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. II. Perſonen. actio, als präſumtiver Procurator des Vaters, klagen, wenn der Vater abweſend iſt, und deswegen die Klage ſonſt unterbleiben, oder doch lange verſchoben werden müßte. Dieſes gilt unter andern bey Klagen aus einem Diebſtahl, koͤrperlicher Beſchädigung, Darlehen, Depoſitum, Mandat, beſonders wenn dieſe Verletzungen oder Rechtsgeſchäfte in Beziehung auf die Perſon des Sohnes ſtattgefunden ha- ben, ſo daß vielleicht er ſelbſt dieſe Klagerechte dem Va- ter erworben hat. In einigen dieſer Fälle wird noch der unterſtützende Grund hinzugefügt, daß ſonſt der Sohn ſelbſt in Noth kommen könne, wenn er z. B. ſein Reiſe- geld ausgeliehen oder durch Diebſtahl verloren hat; dieſes iſt jedoch keinesweges als allgemeiner Grund oder als Be- dingung der Regel anzuſehen (n). In dieſen Fällen nun iſt es ganz gleichgültig, ob der Erwerb dieſer Klagen mit einem Peculium zuſammenhieng oder nicht. Eine ſcharfe Gränze für die ſo zuläſſigen Klagen zu ziehen war nicht nöthig, da die Zulaſſung des Sohnes in dieſen Fällen ſtets auf dem freyen Ermeſſen der Obrigkeit beruhte. Es verſteht ſich von ſelbſt, daß der Ertrag dieſer Klagen immer wieder dem Vater erworben werden muß. (m) (n) L. 18 § 1 de judic. (5. 1.). L. 17 de reb. cred. (12. 1.). (m) modo filio consentire, vel agen- ti, vel fugienti, ne judicium sine patris voluntate videatur consistere.” Die Worte vel fu- gienti (als Beklagter) ſcheinen aus Verſehen herein gekommen zu ſeyn, veranlaßt durch einen falſchen Schein conſequenter Voll- ſtändigkeit; denn verklagt werden konnte der Sohn ſchon nach altem Recht für ſich allein, ohne des Vaters Wiſſen, ja wider deſſen Willen. L. 3 § 4 de minor. (4. 4.).

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840/112
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840/112>, abgerufen am 03.05.2024.