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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840.

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Beylage I.
gentium ist ihm das ältere, so alt als das Menschengeschlecht
selbst (b). Es entspringt aus der allen Menschen inwoh-
nenden naturalis ratio (c). Daher nennt er es anderwärts
auch jus naturale, wie er denn die natürlichen Erwerbun-
gen des Eigenthums mit willkührlicher Abwechslung bald
auf das jus naturale zurückführt (d), bald auf die natura-
lis ratio
(e). Den Satz, daß dem Eigenthümer des Bo-
dens stets auch das Haus gehört, gründet er auf Jus ci-
vile
und naturale zugleich (f). Die Agnationen und Co-
gnationen nennt er civilia und naturalia jura (g). Offen-
bar also nimmt er nur zwey Arten an, und Jus naturale
ist ihm mit Jus gentium völlig gleichbedeutend.

Eben so kennt Modestin nur zweyerley Recht, civile
und naturale (h). Dasselbe findet sich bey Paulus, der
auch die Wirkung der servilis cognatio als eines Ehehin-
dernisses dem naturale jus zuschreibt (i). Desgleichen wird
naturale jus von Marcian, Florentinus und Lici-
nius Rufinus
in Fällen gebraucht, in welchen sie un-
zweifelhaft das Jus gentium meynen, ja selbst mit diesem
Ausdruck abwechseln (k).


(b) L. 1 pr. de adqu. rer. dom.
(41. 1.).
(c) Gajus I. § 1. 189. L. 1
pr. de adqu. rer. dom.
(41. 1.).
(d) Gajus II. § 65. 73.
(e) Gajus II. § 66. 69. 79.
(f) L. 2 de superfic. (43. 18.).
(g) Gajus I. § 158.
(h) L. 4 § 2 de grad. (38. 10.).
(i) L. 11 de J. et J. (1. 1.).
L. 14 § 2 de ritu nupt.
(23. 2.).
(k) L. 2. 3. 4. de div. rer. (1.
8.). L. 59 de obl. et act. (44. 7.).
L. 32 de R. J.
(50. 17.). Auch
Cicero stellt überall nur natura
und lex einander gegenüber, und
nimmt natura und Jus gentium
als gleichbedeutend an. Cicero
de off. III.
15.

Beylage I.
gentium iſt ihm das ältere, ſo alt als das Menſchengeſchlecht
ſelbſt (b). Es entſpringt aus der allen Menſchen inwoh-
nenden naturalis ratio (c). Daher nennt er es anderwärts
auch jus naturale, wie er denn die natürlichen Erwerbun-
gen des Eigenthums mit willkührlicher Abwechslung bald
auf das jus naturale zurückführt (d), bald auf die natura-
lis ratio
(e). Den Satz, daß dem Eigenthümer des Bo-
dens ſtets auch das Haus gehört, gruͤndet er auf Jus ci-
vile
und naturale zugleich (f). Die Agnationen und Co-
gnationen nennt er civilia und naturalia jura (g). Offen-
bar alſo nimmt er nur zwey Arten an, und Jus naturale
iſt ihm mit Jus gentium völlig gleichbedeutend.

Eben ſo kennt Modeſtin nur zweyerley Recht, civile
und naturale (h). Daſſelbe findet ſich bey Paulus, der
auch die Wirkung der servilis cognatio als eines Ehehin-
derniſſes dem naturale jus zuſchreibt (i). Desgleichen wird
naturale jus von Marcian, Florentinus und Lici-
nius Rufinus
in Fällen gebraucht, in welchen ſie un-
zweifelhaft das Jus gentium meynen, ja ſelbſt mit dieſem
Ausdruck abwechſeln (k).


(b) L. 1 pr. de adqu. rer. dom.
(41. 1.).
(c) Gajus I. § 1. 189. L. 1
pr. de adqu. rer. dom.
(41. 1.).
(d) Gajus II. § 65. 73.
(e) Gajus II. § 66. 69. 79.
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(h) L. 4 § 2 de grad. (38. 10.).
(i) L. 11 de J. et J. (1. 1.).
L. 14 § 2 de ritu nupt.
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(k) L. 2. 3. 4. de div. rer. (1.
8.). L. 59 de obl. et act. (44. 7.).
L. 32 de R. J.
(50. 17.). Auch
Cicero ſtellt überall nur natura
und lex einander gegenüber, und
nimmt natura und Jus gentium
als gleichbedeutend an. Cicero
de off. III.
15.
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[414/0470] Beylage I. gentium iſt ihm das ältere, ſo alt als das Menſchengeſchlecht ſelbſt (b). Es entſpringt aus der allen Menſchen inwoh- nenden naturalis ratio (c). Daher nennt er es anderwärts auch jus naturale, wie er denn die natürlichen Erwerbun- gen des Eigenthums mit willkührlicher Abwechslung bald auf das jus naturale zurückführt (d), bald auf die natura- lis ratio (e). Den Satz, daß dem Eigenthümer des Bo- dens ſtets auch das Haus gehört, gruͤndet er auf Jus ci- vile und naturale zugleich (f). Die Agnationen und Co- gnationen nennt er civilia und naturalia jura (g). Offen- bar alſo nimmt er nur zwey Arten an, und Jus naturale iſt ihm mit Jus gentium völlig gleichbedeutend. Eben ſo kennt Modeſtin nur zweyerley Recht, civile und naturale (h). Daſſelbe findet ſich bey Paulus, der auch die Wirkung der servilis cognatio als eines Ehehin- derniſſes dem naturale jus zuſchreibt (i). Desgleichen wird naturale jus von Marcian, Florentinus und Lici- nius Rufinus in Fällen gebraucht, in welchen ſie un- zweifelhaft das Jus gentium meynen, ja ſelbſt mit dieſem Ausdruck abwechſeln (k). (b) L. 1 pr. de adqu. rer. dom. (41. 1.). (c) Gajus I. § 1. 189. L. 1 pr. de adqu. rer. dom. (41. 1.). (d) Gajus II. § 65. 73. (e) Gajus II. § 66. 69. 79. (f) L. 2 de superfic. (43. 18.). (g) Gajus I. § 158. (h) L. 4 § 2 de grad. (38. 10.). (i) L. 11 de J. et J. (1. 1.). L. 14 § 2 de ritu nupt. (23. 2.). (k) L. 2. 3. 4. de div. rer. (1. 8.). L. 59 de obl. et act. (44. 7.). L. 32 de R. J. (50. 17.). Auch Cicero ſtellt überall nur natura und lex einander gegenüber, und nimmt natura und Jus gentium als gleichbedeutend an. Cicero de off. III. 15.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840, S. 414. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system01_1840/470>, abgerufen am 03.05.2024.