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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840.

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§. 57. Vermögensrecht. Fortsetzung.
Vermögen zufallen soll; dadurch wäre für den unmittel-
bar praktischen Zweck nothdürftig gesorgt. Betrachtet man
aber das eigentliche Wesen und Bedürfniß des hier vor-
liegenden Rechtsverhältnisses, so muß das Vermögen als
Einheit behandelt werden, deren Grund in der gemein-
samen Beziehung auf den verstorbenen Inhaber zu suchen
ist; diese Behandlung aber führt nothwendig weiter zur
Durchführung der Ansicht des Vermögens als einer rei-
nen Quantität, mit Abstraction von der verschiedenen Be-
schaffenheit seiner einzelnen Bestandtheile (§ 56). In der
Kunstsprache wird dieses so ausgedrückt: alle Erbfolge ist
zu behandeln als eine Successio per universitatem, neben
welcher nur auf untergeordnete Weise, und als beschrän-
kende Ausnahme, eine besondere Succession in einzelne
Vermögenstheile vorkommen kann (a). Es gehört zu den
merkwürdigsten Erscheinungen in der Geschichte des Rö-
mischen Nechts, daß in demselben diese Ansicht auf so
klare und bestimmte Weise anerkannt und durchgeführt
worden ist, und zwar lediglich durch ächt praktischen Takt,
lange zuvor ehe an eine wissenschaftliche Ausbildung die-
ses Rechtsinstituts gedacht werden konnte (b).


(a) Ich gebrauche diese Aus-
drücke hier nur vorläufig; die ge-
nauere Feststellung derselben, so
wie die der Succession im Allge-
meinen, wird in einem nachfol-
genden Abschnitt vorkommen.
(b) Ich bin weit entfernt zu
behaupten, daß die Römer die-
ses Verhältniß schon frühe auf
eine abstracte Weise aufgefaßt und
bestimmt hätten. Es giebt aber
eine rein praktische Veranlassung,
auf diese Frage einzugehen, wo-
bey es sich dann zeigen muß, ob
man ihren wahren Sinn erkannt
hat oder nicht: dieses sind die
Forderungen und Schulden in der
Erbschaft. Was nun darüber

§. 57. Vermögensrecht. Fortſetzung.
Vermögen zufallen ſoll; dadurch wäre für den unmittel-
bar praktiſchen Zweck nothdürftig geſorgt. Betrachtet man
aber das eigentliche Weſen und Bedürfniß des hier vor-
liegenden Rechtsverhältniſſes, ſo muß das Vermögen als
Einheit behandelt werden, deren Grund in der gemein-
ſamen Beziehung auf den verſtorbenen Inhaber zu ſuchen
iſt; dieſe Behandlung aber führt nothwendig weiter zur
Durchführung der Anſicht des Vermögens als einer rei-
nen Quantität, mit Abſtraction von der verſchiedenen Be-
ſchaffenheit ſeiner einzelnen Beſtandtheile (§ 56). In der
Kunſtſprache wird dieſes ſo ausgedrückt: alle Erbfolge iſt
zu behandeln als eine Successio per universitatem, neben
welcher nur auf untergeordnete Weiſe, und als beſchrän-
kende Ausnahme, eine beſondere Succeſſion in einzelne
Vermögenstheile vorkommen kann (a). Es gehört zu den
merkwürdigſten Erſcheinungen in der Geſchichte des Rö-
miſchen Nechts, daß in demſelben dieſe Anſicht auf ſo
klare und beſtimmte Weiſe anerkannt und durchgeführt
worden iſt, und zwar lediglich durch ächt praktiſchen Takt,
lange zuvor ehe an eine wiſſenſchaftliche Ausbildung die-
ſes Rechtsinſtituts gedacht werden konnte (b).


(a) Ich gebrauche dieſe Aus-
drücke hier nur vorläufig; die ge-
nauere Feſtſtellung derſelben, ſo
wie die der Succeſſion im Allge-
meinen, wird in einem nachfol-
genden Abſchnitt vorkommen.
(b) Ich bin weit entfernt zu
behaupten, daß die Römer die-
ſes Verhältniß ſchon frühe auf
eine abſtracte Weiſe aufgefaßt und
beſtimmt hätten. Es giebt aber
eine rein praktiſche Veranlaſſung,
auf dieſe Frage einzugehen, wo-
bey es ſich dann zeigen muß, ob
man ihren wahren Sinn erkannt
hat oder nicht: dieſes ſind die
Forderungen und Schulden in der
Erbſchaft. Was nun darüber
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[383/0439] §. 57. Vermögensrecht. Fortſetzung. Vermögen zufallen ſoll; dadurch wäre für den unmittel- bar praktiſchen Zweck nothdürftig geſorgt. Betrachtet man aber das eigentliche Weſen und Bedürfniß des hier vor- liegenden Rechtsverhältniſſes, ſo muß das Vermögen als Einheit behandelt werden, deren Grund in der gemein- ſamen Beziehung auf den verſtorbenen Inhaber zu ſuchen iſt; dieſe Behandlung aber führt nothwendig weiter zur Durchführung der Anſicht des Vermögens als einer rei- nen Quantität, mit Abſtraction von der verſchiedenen Be- ſchaffenheit ſeiner einzelnen Beſtandtheile (§ 56). In der Kunſtſprache wird dieſes ſo ausgedrückt: alle Erbfolge iſt zu behandeln als eine Successio per universitatem, neben welcher nur auf untergeordnete Weiſe, und als beſchrän- kende Ausnahme, eine beſondere Succeſſion in einzelne Vermögenstheile vorkommen kann (a). Es gehört zu den merkwürdigſten Erſcheinungen in der Geſchichte des Rö- miſchen Nechts, daß in demſelben dieſe Anſicht auf ſo klare und beſtimmte Weiſe anerkannt und durchgeführt worden iſt, und zwar lediglich durch ächt praktiſchen Takt, lange zuvor ehe an eine wiſſenſchaftliche Ausbildung die- ſes Rechtsinſtituts gedacht werden konnte (b). (a) Ich gebrauche dieſe Aus- drücke hier nur vorläufig; die ge- nauere Feſtſtellung derſelben, ſo wie die der Succeſſion im Allge- meinen, wird in einem nachfol- genden Abſchnitt vorkommen. (b) Ich bin weit entfernt zu behaupten, daß die Römer die- ſes Verhältniß ſchon frühe auf eine abſtracte Weiſe aufgefaßt und beſtimmt hätten. Es giebt aber eine rein praktiſche Veranlaſſung, auf dieſe Frage einzugehen, wo- bey es ſich dann zeigen muß, ob man ihren wahren Sinn erkannt hat oder nicht: dieſes ſind die Forderungen und Schulden in der Erbſchaft. Was nun darüber

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840, S. 383. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system01_1840/439>, abgerufen am 25.11.2024.