Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840.Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. I. Wesen und Arten. nen wir das Vermögen desselben, und die Gesammtheitder darauf bezüglichen Rechtsinstitute das Vermögens- recht (b). In der bisher betrachteten Beziehung der Person zu (b) Die deutsche Bezeichnung
des angegebenen Rechtsbegriffs ist die treffendste, die dafür gefunden werden konnte. Denn es wird dadurch unmittelbar das Wesen der Sache ausgedrückt, die durch das Daseyn jener Rechte uns zu- wachsende Macht, das was wir durch sie auszurichten im Stande sind oder vermögen. Weniger das Wesen treffend ist der Rö- mische Ausdruck bona, der in die neueren romanischen Sprachen übergegangen ist, und der zu- nächst einen Nebenbegriff bezeich- net, nämlich das durch jene Macht begründete Wohlseyn, oder die Beglückung, die sie uns gewährt. Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. I. Weſen und Arten. nen wir das Vermögen deſſelben, und die Geſammtheitder darauf bezüglichen Rechtsinſtitute das Vermögens- recht (b). In der bisher betrachteten Beziehung der Perſon zu (b) Die deutſche Bezeichnung
des angegebenen Rechtsbegriffs iſt die treffendſte, die dafür gefunden werden konnte. Denn es wird dadurch unmittelbar das Weſen der Sache ausgedrückt, die durch das Daſeyn jener Rechte uns zu- wachſende Macht, das was wir durch ſie auszurichten im Stande ſind oder vermögen. Weniger das Weſen treffend iſt der Rö- miſche Ausdruck bona, der in die neueren romaniſchen Sprachen übergegangen iſt, und der zu- nächſt einen Nebenbegriff bezeich- net, nämlich das durch jene Macht begründete Wohlſeyn, oder die Beglückung, die ſie uns gewährt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0396" n="340"/><fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">II.</hi> Rechtsverhältniſſe. Kap. <hi rendition="#aq">I.</hi> Weſen und Arten.</fw><lb/> nen wir das <hi rendition="#g">Vermögen</hi> deſſelben, und die Geſammtheit<lb/> der darauf bezüglichen Rechtsinſtitute das <hi rendition="#g">Vermögens-<lb/> recht</hi> <note place="foot" n="(b)">Die deutſche Bezeichnung<lb/> des angegebenen Rechtsbegriffs iſt<lb/> die treffendſte, die dafür gefunden<lb/> werden konnte. Denn es wird<lb/> dadurch unmittelbar das Weſen<lb/> der Sache ausgedrückt, die durch<lb/> das Daſeyn jener Rechte uns zu-<lb/> wachſende Macht, das was wir<lb/> durch ſie auszurichten im Stande<lb/> ſind oder <hi rendition="#g">vermögen</hi>. Weniger<lb/> das Weſen treffend iſt der Rö-<lb/> miſche Ausdruck <hi rendition="#aq">bona,</hi> der in die<lb/> neueren romaniſchen Sprachen<lb/> übergegangen iſt, und der zu-<lb/> nächſt einen Nebenbegriff bezeich-<lb/> net, nämlich das durch jene Macht<lb/> begründete Wohlſeyn, oder die<lb/> Beglückung, die ſie uns gewährt.</note>.</p><lb/> <p>In der bisher betrachteten Beziehung der Perſon zu<lb/> einer fremden Perſon wurde jede derſelben aufgefaßt als<lb/> ein in ſich abgeſchloſſenes Ganze, ſo daß jede, in ihrer<lb/> abſtracten Perſönlichkeit, der anderen, als einem völlig<lb/> fremden (wiewohl gleichartigen) Weſen gegenüber ſtand.<lb/> Ganz verſchieden davon iſt die zweyte mögliche Beziehung<lb/> zu fremden Perſonen, die nunmehr dargeſtellt werden ſoll.<lb/> Hier betrachten wir den einzelnen Menſchen nicht als ein<lb/> für ſich beſtehendes Weſen, ſondern als Glied des orga-<lb/> niſchen Ganzen der geſammten Menſchheit. Indem nun<lb/> ſein Zuſammenhang mit dieſem großen Ganzen ſtets durch<lb/> beſtimmte Individuen vermittelt iſt, ſo iſt ſeine Beziehung<lb/> zu dieſen Individuen die Grundlage einer neuen, ganz ei-<lb/> genthümlichen Art von Rechtsverhältniſſen. In dieſen er-<lb/> ſcheint uns der Einzelne nicht, ſo wie in den Obligationen,<lb/> als ein ſelbſtſtaͤndiges Ganze, ſondern als ein unvollſtän-<lb/> diges, der Ergänzung in einem großen Naturzuſammen-<lb/> hang bedürftiges Weſen. Dieſe Unvollſtändigkeit des Ein-<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [340/0396]
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. I. Weſen und Arten.
nen wir das Vermögen deſſelben, und die Geſammtheit
der darauf bezüglichen Rechtsinſtitute das Vermögens-
recht (b).
In der bisher betrachteten Beziehung der Perſon zu
einer fremden Perſon wurde jede derſelben aufgefaßt als
ein in ſich abgeſchloſſenes Ganze, ſo daß jede, in ihrer
abſtracten Perſönlichkeit, der anderen, als einem völlig
fremden (wiewohl gleichartigen) Weſen gegenüber ſtand.
Ganz verſchieden davon iſt die zweyte mögliche Beziehung
zu fremden Perſonen, die nunmehr dargeſtellt werden ſoll.
Hier betrachten wir den einzelnen Menſchen nicht als ein
für ſich beſtehendes Weſen, ſondern als Glied des orga-
niſchen Ganzen der geſammten Menſchheit. Indem nun
ſein Zuſammenhang mit dieſem großen Ganzen ſtets durch
beſtimmte Individuen vermittelt iſt, ſo iſt ſeine Beziehung
zu dieſen Individuen die Grundlage einer neuen, ganz ei-
genthümlichen Art von Rechtsverhältniſſen. In dieſen er-
ſcheint uns der Einzelne nicht, ſo wie in den Obligationen,
als ein ſelbſtſtaͤndiges Ganze, ſondern als ein unvollſtän-
diges, der Ergänzung in einem großen Naturzuſammen-
hang bedürftiges Weſen. Dieſe Unvollſtändigkeit des Ein-
(b) Die deutſche Bezeichnung
des angegebenen Rechtsbegriffs iſt
die treffendſte, die dafür gefunden
werden konnte. Denn es wird
dadurch unmittelbar das Weſen
der Sache ausgedrückt, die durch
das Daſeyn jener Rechte uns zu-
wachſende Macht, das was wir
durch ſie auszurichten im Stande
ſind oder vermögen. Weniger
das Weſen treffend iſt der Rö-
miſche Ausdruck bona, der in die
neueren romaniſchen Sprachen
übergegangen iſt, und der zu-
nächſt einen Nebenbegriff bezeich-
net, nämlich das durch jene Macht
begründete Wohlſeyn, oder die
Beglückung, die ſie uns gewährt.
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