Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840.Vorrede. ger aus einer ungehörigen Benutzungsweise des Römi-schen Rechts, als aus mangelhafter Kenntniß desselben. Hierin nun sind wir ihnen unstreitig überlegen; allein in der Art der Benutzung neben den einheimischen Ge- setzen würden wir wohl thun von ihnen zu lernen. Schwieriger allerdings als bey ihnen ist diese Benutzung in unsrem Preußischen Vaterland, da in unsrem Land- recht theils durch die eigenthümliche Darstellungsweise, theils durch die weit getriebene Ausführlichkeit, der wirk- lich vorhandene innere Zusammenhang mit dem frühe- ren Recht oft verdeckt wird. Schwieriger also ist sie, aber darum nicht unmöglich; und wenn sie wiederher- gestellt wird, so wird damit zugleich einem wesentlichen Übel abgeholfen, das aus der Einführung des Land- rechts hervorgegangen ist. Dieses Übel besteht in der gänzlichen Abtrennung von der wissenschaftlichen Bear- beitung des gemeinen Rechts, wodurch unsrer Praxis eines der wichtigsten Bildungsmittel bisher entzogen wurde, die lebendige Berührung mit dem juristischen Denken früherer Zeiten und anderer Länder. Es ist nicht zu verkennen, daß zu der Zeit, worm die Abfassung des Preußischen Landrechts unternommen wurde, die deutsche juristische Literatur großentheils geistlos und unbehülflich geworden war, also auch die Fähigkeit eines Vorrede. ger aus einer ungehörigen Benutzungsweiſe des Römi-ſchen Rechts, als aus mangelhafter Kenntniß deſſelben. Hierin nun ſind wir ihnen unſtreitig überlegen; allein in der Art der Benutzung neben den einheimiſchen Ge- ſetzen würden wir wohl thun von ihnen zu lernen. Schwieriger allerdings als bey ihnen iſt dieſe Benutzung in unſrem Preußiſchen Vaterland, da in unſrem Land- recht theils durch die eigenthümliche Darſtellungsweiſe, theils durch die weit getriebene Ausführlichkeit, der wirk- lich vorhandene innere Zuſammenhang mit dem frühe- ren Recht oft verdeckt wird. Schwieriger alſo iſt ſie, aber darum nicht unmöglich; und wenn ſie wiederher- geſtellt wird, ſo wird damit zugleich einem weſentlichen Übel abgeholfen, das aus der Einführung des Land- rechts hervorgegangen iſt. Dieſes Übel beſteht in der gänzlichen Abtrennung von der wiſſenſchaftlichen Bear- beitung des gemeinen Rechts, wodurch unſrer Praxis eines der wichtigſten Bildungsmittel bisher entzogen wurde, die lebendige Berührung mit dem juriſtiſchen Denken früherer Zeiten und anderer Länder. Es iſt nicht zu verkennen, daß zu der Zeit, worm die Abfaſſung des Preußiſchen Landrechts unternommen wurde, die deutſche juriſtiſche Literatur großentheils geiſtlos und unbehülflich geworden war, alſo auch die Fähigkeit eines <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0035" n="XXIX"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Vorrede</hi>.</fw><lb/> ger aus einer ungehörigen Benutzungsweiſe des Römi-<lb/> ſchen Rechts, als aus mangelhafter Kenntniß deſſelben.<lb/> Hierin nun ſind wir ihnen unſtreitig überlegen; allein<lb/> in der Art der Benutzung neben den einheimiſchen Ge-<lb/> ſetzen würden wir wohl thun von ihnen zu lernen.<lb/> Schwieriger allerdings als bey ihnen iſt dieſe Benutzung<lb/> in unſrem Preußiſchen Vaterland, da in unſrem Land-<lb/> recht theils durch die eigenthümliche Darſtellungsweiſe,<lb/> theils durch die weit getriebene Ausführlichkeit, der wirk-<lb/> lich vorhandene innere Zuſammenhang mit dem frühe-<lb/> ren Recht oft verdeckt wird. Schwieriger alſo iſt ſie,<lb/> aber darum nicht unmöglich; und wenn ſie wiederher-<lb/> geſtellt wird, ſo wird damit zugleich einem weſentlichen<lb/> Übel abgeholfen, das aus der Einführung des Land-<lb/> rechts hervorgegangen iſt. Dieſes Übel beſteht in der<lb/> gänzlichen Abtrennung von der wiſſenſchaftlichen Bear-<lb/> beitung des gemeinen Rechts, wodurch unſrer Praxis<lb/> eines der wichtigſten Bildungsmittel bisher entzogen<lb/> wurde, die lebendige Berührung mit dem juriſtiſchen<lb/> Denken früherer Zeiten und anderer Länder. Es iſt<lb/> nicht zu verkennen, daß zu der Zeit, worm die Abfaſſung<lb/> des Preußiſchen Landrechts unternommen wurde, die<lb/> deutſche juriſtiſche Literatur großentheils geiſtlos und<lb/> unbehülflich geworden war, alſo auch die Fähigkeit eines<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [XXIX/0035]
Vorrede.
ger aus einer ungehörigen Benutzungsweiſe des Römi-
ſchen Rechts, als aus mangelhafter Kenntniß deſſelben.
Hierin nun ſind wir ihnen unſtreitig überlegen; allein
in der Art der Benutzung neben den einheimiſchen Ge-
ſetzen würden wir wohl thun von ihnen zu lernen.
Schwieriger allerdings als bey ihnen iſt dieſe Benutzung
in unſrem Preußiſchen Vaterland, da in unſrem Land-
recht theils durch die eigenthümliche Darſtellungsweiſe,
theils durch die weit getriebene Ausführlichkeit, der wirk-
lich vorhandene innere Zuſammenhang mit dem frühe-
ren Recht oft verdeckt wird. Schwieriger alſo iſt ſie,
aber darum nicht unmöglich; und wenn ſie wiederher-
geſtellt wird, ſo wird damit zugleich einem weſentlichen
Übel abgeholfen, das aus der Einführung des Land-
rechts hervorgegangen iſt. Dieſes Übel beſteht in der
gänzlichen Abtrennung von der wiſſenſchaftlichen Bear-
beitung des gemeinen Rechts, wodurch unſrer Praxis
eines der wichtigſten Bildungsmittel bisher entzogen
wurde, die lebendige Berührung mit dem juriſtiſchen
Denken früherer Zeiten und anderer Länder. Es iſt
nicht zu verkennen, daß zu der Zeit, worm die Abfaſſung
des Preußiſchen Landrechts unternommen wurde, die
deutſche juriſtiſche Literatur großentheils geiſtlos und
unbehülflich geworden war, alſo auch die Fähigkeit eines
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