Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

§. 34. Grund des Gesetzes.
barkeit für Andere eben so zufällig eintritt, wie sie bey
den Gesetzgründen natürlich ist und nur zufällig fehlen
kann. Dahin gehören solche Begebenheiten, welche zu
einem Gesetz den Anstoß gegeben haben, die aber eben so
auch zu ganz anderen Maaßregeln hätten führen kön-
nen (d). Eben dahin gehören die zuweilen ganz indivi-
duellen und vorübergehenden Wirkungen, um deren Wil-
len der Gesetzgeber die bleibende und ins Allgemeine wir-
kende Regel aufgestellt hat (e). -- Solchen subjectiven
Beziehungen müssen wir selbst den beschränkten Gebrauch
gänzlich absprechen, welcher den Gesetzgründen so eben
eingeräumt worden ist. Nur der negative Gebrauch
kann von ihnen gemacht werden, daß vielleicht aus ihnen
die Abwesenheit irgend eines wahren Gesetzgrundes erhellt:
dann werden sie dazu dienen, uns gegen die irrige An-
nahme eines solchen zu verwahren (f).


(d) So z. B. das Verbrechen,
welches zu dem Sc. Macedonia-
num
Veranlassung gegeben hat.
L. 1 pr. de Sc. Maced. (14. 6.).
(e) So z. B. unter K. Clau-
dius das Gesetz, welches die Ehe
mit des Bruders Tochter allge-
mein frey gab, nur damit der
Kaiser die Agrippina, Tochter des
Germanicus, zur Gemahlin neh-
men konnte. Suetonii Claud.
C. 26. Taciti annal. XII.
5--7.
(f) Gewöhnlich werden diese
subjective Beziehungen von dem
Grund des Gesetzes nicht hin-
reichend gesondert, wozu denn
die schwankenden Ausdrücke Be-
weggrund, Veranlassung,
Absicht
des Gesetzes nicht we-
nig beytragen. Am wenigsten
ungenau scheint hierin Hufe-
land
Geist des Römischen Rechts
Th. 1. Giessen 1813. S. 13--19.

§. 34. Grund des Geſetzes.
barkeit für Andere eben ſo zufällig eintritt, wie ſie bey
den Geſetzgründen natürlich iſt und nur zufällig fehlen
kann. Dahin gehören ſolche Begebenheiten, welche zu
einem Geſetz den Anſtoß gegeben haben, die aber eben ſo
auch zu ganz anderen Maaßregeln hätten führen kön-
nen (d). Eben dahin gehören die zuweilen ganz indivi-
duellen und vorübergehenden Wirkungen, um deren Wil-
len der Geſetzgeber die bleibende und ins Allgemeine wir-
kende Regel aufgeſtellt hat (e). — Solchen ſubjectiven
Beziehungen müſſen wir ſelbſt den beſchränkten Gebrauch
gänzlich abſprechen, welcher den Geſetzgründen ſo eben
eingeräumt worden iſt. Nur der negative Gebrauch
kann von ihnen gemacht werden, daß vielleicht aus ihnen
die Abweſenheit irgend eines wahren Geſetzgrundes erhellt:
dann werden ſie dazu dienen, uns gegen die irrige An-
nahme eines ſolchen zu verwahren (f).


(d) So z. B. das Verbrechen,
welches zu dem Sc. Macedonia-
num
Veranlaſſung gegeben hat.
L. 1 pr. de Sc. Maced. (14. 6.).
(e) So z. B. unter K. Clau-
dius das Geſetz, welches die Ehe
mit des Bruders Tochter allge-
mein frey gab, nur damit der
Kaiſer die Agrippina, Tochter des
Germanicus, zur Gemahlin neh-
men konnte. Suetonii Claud.
C. 26. Taciti annal. XII.
5—7.
(f) Gewöhnlich werden dieſe
ſubjective Beziehungen von dem
Grund des Geſetzes nicht hin-
reichend geſondert, wozu denn
die ſchwankenden Ausdrücke Be-
weggrund, Veranlaſſung,
Abſicht
des Geſetzes nicht we-
nig beytragen. Am wenigſten
ungenau ſcheint hierin Hufe-
land
Geiſt des Römiſchen Rechts
Th. 1. Gieſſen 1813. S. 13—19.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0277" n="221"/><fw place="top" type="header">§. 34. Grund des Ge&#x017F;etzes.</fw><lb/>
barkeit für Andere eben &#x017F;o zufällig eintritt, wie &#x017F;ie bey<lb/>
den Ge&#x017F;etzgründen natürlich i&#x017F;t und nur zufällig fehlen<lb/>
kann. Dahin gehören &#x017F;olche Begebenheiten, welche zu<lb/>
einem Ge&#x017F;etz den An&#x017F;toß gegeben haben, die aber eben &#x017F;o<lb/>
auch zu ganz anderen Maaßregeln hätten führen kön-<lb/>
nen <note place="foot" n="(d)">So z. B. das Verbrechen,<lb/>
welches zu dem <hi rendition="#aq">Sc. Macedonia-<lb/>
num</hi> Veranla&#x017F;&#x017F;ung gegeben hat.<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 1 <hi rendition="#i">pr. de Sc. Maced.</hi></hi> (14. 6.).</note>. Eben dahin gehören die zuweilen ganz indivi-<lb/>
duellen und vorübergehenden Wirkungen, um deren Wil-<lb/>
len der Ge&#x017F;etzgeber die bleibende und ins Allgemeine wir-<lb/>
kende Regel aufge&#x017F;tellt hat <note place="foot" n="(e)">So z. B. unter K. Clau-<lb/>
dius das Ge&#x017F;etz, welches die Ehe<lb/>
mit des Bruders Tochter allge-<lb/>
mein frey gab, nur damit der<lb/>
Kai&#x017F;er die Agrippina, Tochter des<lb/>
Germanicus, zur Gemahlin neh-<lb/>
men konnte. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Suetonii</hi> Claud.<lb/>
C. 26. <hi rendition="#k">Taciti</hi> annal. XII.</hi> 5&#x2014;7.</note>. &#x2014; Solchen &#x017F;ubjectiven<lb/>
Beziehungen mü&#x017F;&#x017F;en wir &#x017F;elb&#x017F;t den be&#x017F;chränkten Gebrauch<lb/>
gänzlich ab&#x017F;prechen, welcher den Ge&#x017F;etzgründen &#x017F;o eben<lb/>
eingeräumt worden i&#x017F;t. Nur der negative Gebrauch<lb/>
kann von ihnen gemacht werden, daß vielleicht aus ihnen<lb/>
die Abwe&#x017F;enheit irgend eines wahren Ge&#x017F;etzgrundes erhellt:<lb/>
dann werden &#x017F;ie dazu dienen, uns gegen die irrige An-<lb/>
nahme eines &#x017F;olchen zu verwahren <note place="foot" n="(f)">Gewöhnlich werden die&#x017F;e<lb/>
&#x017F;ubjective Beziehungen von dem<lb/>
Grund des Ge&#x017F;etzes nicht hin-<lb/>
reichend ge&#x017F;ondert, wozu denn<lb/>
die &#x017F;chwankenden Ausdrücke <hi rendition="#g">Be-<lb/>
weggrund, Veranla&#x017F;&#x017F;ung,<lb/>
Ab&#x017F;icht</hi> des Ge&#x017F;etzes nicht we-<lb/>
nig beytragen. Am wenig&#x017F;ten<lb/>
ungenau &#x017F;cheint hierin <hi rendition="#g">Hufe-<lb/>
land</hi> Gei&#x017F;t des Römi&#x017F;chen Rechts<lb/>
Th. 1. Gie&#x017F;&#x017F;en 1813. S. 13&#x2014;19.</note>.</p>
          </div><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[221/0277] §. 34. Grund des Geſetzes. barkeit für Andere eben ſo zufällig eintritt, wie ſie bey den Geſetzgründen natürlich iſt und nur zufällig fehlen kann. Dahin gehören ſolche Begebenheiten, welche zu einem Geſetz den Anſtoß gegeben haben, die aber eben ſo auch zu ganz anderen Maaßregeln hätten führen kön- nen (d). Eben dahin gehören die zuweilen ganz indivi- duellen und vorübergehenden Wirkungen, um deren Wil- len der Geſetzgeber die bleibende und ins Allgemeine wir- kende Regel aufgeſtellt hat (e). — Solchen ſubjectiven Beziehungen müſſen wir ſelbſt den beſchränkten Gebrauch gänzlich abſprechen, welcher den Geſetzgründen ſo eben eingeräumt worden iſt. Nur der negative Gebrauch kann von ihnen gemacht werden, daß vielleicht aus ihnen die Abweſenheit irgend eines wahren Geſetzgrundes erhellt: dann werden ſie dazu dienen, uns gegen die irrige An- nahme eines ſolchen zu verwahren (f). (d) So z. B. das Verbrechen, welches zu dem Sc. Macedonia- num Veranlaſſung gegeben hat. L. 1 pr. de Sc. Maced. (14. 6.). (e) So z. B. unter K. Clau- dius das Geſetz, welches die Ehe mit des Bruders Tochter allge- mein frey gab, nur damit der Kaiſer die Agrippina, Tochter des Germanicus, zur Gemahlin neh- men konnte. Suetonii Claud. C. 26. Taciti annal. XII. 5—7. (f) Gewöhnlich werden dieſe ſubjective Beziehungen von dem Grund des Geſetzes nicht hin- reichend geſondert, wozu denn die ſchwankenden Ausdrücke Be- weggrund, Veranlaſſung, Abſicht des Geſetzes nicht we- nig beytragen. Am wenigſten ungenau ſcheint hierin Hufe- land Geiſt des Römiſchen Rechts Th. 1. Gieſſen 1813. S. 13—19.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system01_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system01_1840/277
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system01_1840/277>, abgerufen am 25.11.2024.