Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840.Buch I. Quellen. Kap. III. Quellen des heutigen R. R. Von diesem Gesichtspunct aus erklären sich leicht alle calli et homin um imperitorum voluntates, quum Trajanus nun- quam libellis responderit, ne ad alias causas facta praefer- rentur, quae ad gratiam com- posita viderentur." Jenes Vor- haben des Kaisers konnte nur auf die Autorität der Rescripte für die Zukunft gehen, denn die Rechtsfälle selbst, worin die ve- teres principes rescribirt hat- ten, waren ja damals längst er- ledigt und vergessen. (u) Es ist also nicht nöthig, wegen dieser sehr gewöhnlichen Bekanntschaft mit den Rescripten, eine öffentliche Bekanntmachung derselben anzunehmen, wie es von Güyet a. a. O. S. 74 ge- schieht. (v) So z. B. Papirii Justi
libri XX constitutionum, wel- ches nach den erhaltenen Frag- menten Rescripte waren. Spä- terhin der Gregorianische und Hermogenianische Codex wenig- stens zum großen Theil. -- Fer- ner gehören dahin ohne Zweifel die Semestria des D. Marcus, halbjährige Sammlungen einer Auswahl der wichtigsten Re- scripte (vielleicht auch Decrete) des Kaisers, vielleicht von Pri- vatpersonen veranstaltet, vielleicht auch vom Kaiser selbst, in wel- chem Fall dieses als eine Art von gesetzlicher Publication hätte gel- ten können. Vgl. darüber Bris- sonius v. Semestria, Cujacius in Papin. L. 72 de cond., Opp. IV. 489, deren Erklärung der Semestria ich nicht für richtig halte. Buch I. Quellen. Kap. III. Quellen des heutigen R. R. Von dieſem Geſichtspunct aus erklären ſich leicht alle calli et homin um imperitorum voluntates, quum Trajanus nun- quam libellis responderit, ne ad alias causas facta praefer- rentur, quae ad gratiam com- posita viderentur.” Jenes Vor- haben des Kaiſers konnte nur auf die Autorität der Reſcripte für die Zukunft gehen, denn die Rechtsfälle ſelbſt, worin die ve- teres principes reſcribirt hat- ten, waren ja damals längſt er- ledigt und vergeſſen. (u) Es iſt alſo nicht nöthig, wegen dieſer ſehr gewöhnlichen Bekanntſchaft mit den Reſcripten, eine öffentliche Bekanntmachung derſelben anzunehmen, wie es von Güyet a. a. O. S. 74 ge- ſchieht. (v) So z. B. Papirii Justi
libri XX constitutionum, wel- ches nach den erhaltenen Frag- menten Reſcripte waren. Spä- terhin der Gregorianiſche und Hermogenianiſche Codex wenig- ſtens zum großen Theil. — Fer- ner gehören dahin ohne Zweifel die Semestria des D. Marcus, halbjährige Sammlungen einer Auswahl der wichtigſten Re- ſcripte (vielleicht auch Decrete) des Kaiſers, vielleicht von Pri- vatperſonen veranſtaltet, vielleicht auch vom Kaiſer ſelbſt, in wel- chem Fall dieſes als eine Art von geſetzlicher Publication hätte gel- ten können. Vgl. darüber Bris- sonius v. Semestria, Cujacius in Papin. L. 72 de cond., Opp. IV. 489, deren Erklärung der Semestria ich nicht für richtig halte. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0196" n="140"/> <fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">I.</hi> Quellen. Kap. <hi rendition="#aq">III.</hi> Quellen des heutigen R. R.</fw><lb/> <p>Von dieſem Geſichtspunct aus erklären ſich leicht alle<lb/> Erſcheinungen, die wir bey den Reſcripten finden. Es<lb/> erklärt ſich, daß die Juriſten davon eine ſehr umfaſſende<lb/> Kenntniß haben konnten, da ſie ſelbſt meiſt in der Nähe<lb/> des Kaiſers lebten, oft die Abfaſſung der Reſcripte be-<lb/> ſorgten, noch öfter aber freyen Zutritt zu den Archiven<lb/> haben konnten <note place="foot" n="(u)">Es iſt alſo nicht nöthig,<lb/> wegen dieſer ſehr gewöhnlichen<lb/> Bekanntſchaft mit den Reſcripten,<lb/> eine öffentliche Bekanntmachung<lb/> derſelben anzunehmen, wie es<lb/> von <hi rendition="#g">Güyet</hi> a. a. O. S. 74 ge-<lb/> ſchieht.</note>. Es erklärt ſich, daß ſie ſchon frühe<lb/> Sammlungen der Reſcripte in der Form von Büchern<lb/> bekannt machten <note place="foot" n="(v)">So z. B. <hi rendition="#aq">Papirii Justi<lb/> libri XX constitutionum,</hi> wel-<lb/> ches nach den erhaltenen Frag-<lb/> menten Reſcripte waren. Spä-<lb/> terhin der Gregorianiſche und<lb/> Hermogenianiſche Codex wenig-<lb/> ſtens zum großen Theil. — Fer-<lb/> ner gehören dahin ohne Zweifel<lb/> die <hi rendition="#aq">Semestria</hi> des <hi rendition="#aq">D. Marcus,</hi><lb/> halbjährige Sammlungen einer<lb/> Auswahl der wichtigſten Re-<lb/> ſcripte (vielleicht auch Decrete)<lb/> des Kaiſers, vielleicht von Pri-<lb/> vatperſonen veranſtaltet, vielleicht<lb/> auch vom Kaiſer ſelbſt, in wel-<lb/> chem Fall dieſes als eine Art von<lb/> geſetzlicher Publication hätte gel-<lb/> ten können. Vgl. darüber <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Bris-<lb/> sonius</hi> v. Semestria, <hi rendition="#k">Cujacius</hi><lb/> in Papin. L. 72 de cond., Opp.<lb/> IV.</hi> 489, deren Erklärung der<lb/><hi rendition="#aq">Semestria</hi> ich nicht für richtig<lb/> halte.</note>. Es erklärt ſich aber auch, daß ſie<lb/> nicht ſelten das Gegentheil lehrten von dem, was in<lb/> einem Reſcript enthalten war, entweder weil ſie es zufäl-<lb/><note xml:id="seg2pn_22_2" prev="#seg2pn_22_1" place="foot" n="(t)"><hi rendition="#aq">calli et homin um imperitorum<lb/> voluntates, quum Trajanus nun-<lb/> quam libellis responderit, ne<lb/> ad alias causas facta praefer-<lb/> rentur, quae ad gratiam com-<lb/> posita viderentur.”</hi> Jenes Vor-<lb/> haben des Kaiſers konnte nur<lb/> auf die Autorität der Reſcripte<lb/> für die Zukunft gehen, denn die<lb/> Rechtsfälle ſelbſt, worin die <hi rendition="#aq">ve-<lb/> teres principes</hi> reſcribirt hat-<lb/> ten, waren ja damals längſt er-<lb/> ledigt und vergeſſen.</note><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [140/0196]
Buch I. Quellen. Kap. III. Quellen des heutigen R. R.
Von dieſem Geſichtspunct aus erklären ſich leicht alle
Erſcheinungen, die wir bey den Reſcripten finden. Es
erklärt ſich, daß die Juriſten davon eine ſehr umfaſſende
Kenntniß haben konnten, da ſie ſelbſt meiſt in der Nähe
des Kaiſers lebten, oft die Abfaſſung der Reſcripte be-
ſorgten, noch öfter aber freyen Zutritt zu den Archiven
haben konnten (u). Es erklärt ſich, daß ſie ſchon frühe
Sammlungen der Reſcripte in der Form von Büchern
bekannt machten (v). Es erklärt ſich aber auch, daß ſie
nicht ſelten das Gegentheil lehrten von dem, was in
einem Reſcript enthalten war, entweder weil ſie es zufäl-
(t)
(u) Es iſt alſo nicht nöthig,
wegen dieſer ſehr gewöhnlichen
Bekanntſchaft mit den Reſcripten,
eine öffentliche Bekanntmachung
derſelben anzunehmen, wie es
von Güyet a. a. O. S. 74 ge-
ſchieht.
(v) So z. B. Papirii Justi
libri XX constitutionum, wel-
ches nach den erhaltenen Frag-
menten Reſcripte waren. Spä-
terhin der Gregorianiſche und
Hermogenianiſche Codex wenig-
ſtens zum großen Theil. — Fer-
ner gehören dahin ohne Zweifel
die Semestria des D. Marcus,
halbjährige Sammlungen einer
Auswahl der wichtigſten Re-
ſcripte (vielleicht auch Decrete)
des Kaiſers, vielleicht von Pri-
vatperſonen veranſtaltet, vielleicht
auch vom Kaiſer ſelbſt, in wel-
chem Fall dieſes als eine Art von
geſetzlicher Publication hätte gel-
ten können. Vgl. darüber Bris-
sonius v. Semestria, Cujacius
in Papin. L. 72 de cond., Opp.
IV. 489, deren Erklärung der
Semestria ich nicht für richtig
halte.
(t) calli et homin um imperitorum
voluntates, quum Trajanus nun-
quam libellis responderit, ne
ad alias causas facta praefer-
rentur, quae ad gratiam com-
posita viderentur.” Jenes Vor-
haben des Kaiſers konnte nur
auf die Autorität der Reſcripte
für die Zukunft gehen, denn die
Rechtsfälle ſelbſt, worin die ve-
teres principes reſcribirt hat-
ten, waren ja damals längſt er-
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