Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

Vorrede.
tung der historischen Schule: das Werk trage also den
Character einer Parteyschrift an sich, vor welcher sich
Jeder, der nicht jener Schule angehöre, zu hüten habe.

Alles Gelingen in unsrer Wissenschaft beruht auf
dem Zusammenwirken verschiedener Geistesthätigkeiten.
Um Eine derselben, und die aus ihr vorzugsweise ent-
springende wissenschaftliche Richtung, in ihrer Eigen-
thümlichkeit zu bezeichnen, war früher von mir und An-
deren arglos der Ausdruck der historischen Schule ge-
braucht worden. Es wurde damals diese Seite der
Wissenschaft besonders hervorgehoben, nicht um den
Werth anderer Thätigkeiten und Richtungen zu vernei-
nen oder auch nur zu vermindern, sondern weil jene
Thätigkeit lange Zeit hindurch vor anderen versäumt
worden war, also vorübergehend mehr als andere einer
eifrigen Vertretung bedurfte, um in ihr natürliches Recht
wieder einzutreten. An jene Benennung nun hat sich
eine lange anhaltende, lebhafte Anfechtung geknüpft, und
noch in der neuesten Zeit sind darüber harte Worte ge-
redet worden. Eine Vertheidigung gegen solche An-
griffe würde unnütz, gewissermaßen unmöglich seyn;
denn wie die Verstimmung mehr von persönlichen Ge-
fühlen, als von wissenschaftlichen Gegensätzen, ausge-
gangen ist, so pflegen auch die Widersacher der histori-

Vorrede.
tung der hiſtoriſchen Schule: das Werk trage alſo den
Character einer Parteyſchrift an ſich, vor welcher ſich
Jeder, der nicht jener Schule angehöre, zu hüten habe.

Alles Gelingen in unſrer Wiſſenſchaft beruht auf
dem Zuſammenwirken verſchiedener Geiſtesthätigkeiten.
Um Eine derſelben, und die aus ihr vorzugsweiſe ent-
ſpringende wiſſenſchaftliche Richtung, in ihrer Eigen-
thümlichkeit zu bezeichnen, war früher von mir und An-
deren arglos der Ausdruck der hiſtoriſchen Schule ge-
braucht worden. Es wurde damals dieſe Seite der
Wiſſenſchaft beſonders hervorgehoben, nicht um den
Werth anderer Thätigkeiten und Richtungen zu vernei-
nen oder auch nur zu vermindern, ſondern weil jene
Thätigkeit lange Zeit hindurch vor anderen verſäumt
worden war, alſo vorübergehend mehr als andere einer
eifrigen Vertretung bedurfte, um in ihr natürliches Recht
wieder einzutreten. An jene Benennung nun hat ſich
eine lange anhaltende, lebhafte Anfechtung geknüpft, und
noch in der neueſten Zeit ſind darüber harte Worte ge-
redet worden. Eine Vertheidigung gegen ſolche An-
griffe würde unnütz, gewiſſermaßen unmöglich ſeyn;
denn wie die Verſtimmung mehr von perſönlichen Ge-
fühlen, als von wiſſenſchaftlichen Gegenſätzen, ausge-
gangen iſt, ſo pflegen auch die Widerſacher der hiſtori-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0019" n="XIII"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Vorrede</hi>.</fw><lb/>
tung der hi&#x017F;tori&#x017F;chen Schule: das Werk trage al&#x017F;o den<lb/>
Character einer Partey&#x017F;chrift an &#x017F;ich, vor welcher &#x017F;ich<lb/>
Jeder, der nicht jener Schule angehöre, zu hüten habe.</p><lb/>
        <p>Alles Gelingen in un&#x017F;rer Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft beruht auf<lb/>
dem Zu&#x017F;ammenwirken ver&#x017F;chiedener Gei&#x017F;testhätigkeiten.<lb/>
Um Eine der&#x017F;elben, und die aus ihr vorzugswei&#x017F;e ent-<lb/>
&#x017F;pringende wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaftliche Richtung, in ihrer Eigen-<lb/>
thümlichkeit zu bezeichnen, war früher von mir und An-<lb/>
deren arglos der Ausdruck der hi&#x017F;tori&#x017F;chen Schule ge-<lb/>
braucht worden. Es wurde damals die&#x017F;e Seite der<lb/>
Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft be&#x017F;onders hervorgehoben, nicht um den<lb/>
Werth anderer Thätigkeiten und Richtungen zu vernei-<lb/>
nen oder auch nur zu vermindern, &#x017F;ondern weil jene<lb/>
Thätigkeit lange Zeit hindurch vor anderen ver&#x017F;äumt<lb/>
worden war, al&#x017F;o vorübergehend mehr als andere einer<lb/>
eifrigen Vertretung bedurfte, um in ihr natürliches Recht<lb/>
wieder einzutreten. An jene Benennung nun hat &#x017F;ich<lb/>
eine lange anhaltende, lebhafte Anfechtung geknüpft, und<lb/>
noch in der neue&#x017F;ten Zeit &#x017F;ind darüber harte Worte ge-<lb/>
redet worden. Eine Vertheidigung gegen &#x017F;olche An-<lb/>
griffe würde unnütz, gewi&#x017F;&#x017F;ermaßen unmöglich &#x017F;eyn;<lb/>
denn wie die Ver&#x017F;timmung mehr von per&#x017F;önlichen Ge-<lb/>
fühlen, als von wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaftlichen Gegen&#x017F;ätzen, ausge-<lb/>
gangen i&#x017F;t, &#x017F;o pflegen auch die Wider&#x017F;acher der hi&#x017F;tori-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[XIII/0019] Vorrede. tung der hiſtoriſchen Schule: das Werk trage alſo den Character einer Parteyſchrift an ſich, vor welcher ſich Jeder, der nicht jener Schule angehöre, zu hüten habe. Alles Gelingen in unſrer Wiſſenſchaft beruht auf dem Zuſammenwirken verſchiedener Geiſtesthätigkeiten. Um Eine derſelben, und die aus ihr vorzugsweiſe ent- ſpringende wiſſenſchaftliche Richtung, in ihrer Eigen- thümlichkeit zu bezeichnen, war früher von mir und An- deren arglos der Ausdruck der hiſtoriſchen Schule ge- braucht worden. Es wurde damals dieſe Seite der Wiſſenſchaft beſonders hervorgehoben, nicht um den Werth anderer Thätigkeiten und Richtungen zu vernei- nen oder auch nur zu vermindern, ſondern weil jene Thätigkeit lange Zeit hindurch vor anderen verſäumt worden war, alſo vorübergehend mehr als andere einer eifrigen Vertretung bedurfte, um in ihr natürliches Recht wieder einzutreten. An jene Benennung nun hat ſich eine lange anhaltende, lebhafte Anfechtung geknüpft, und noch in der neueſten Zeit ſind darüber harte Worte ge- redet worden. Eine Vertheidigung gegen ſolche An- griffe würde unnütz, gewiſſermaßen unmöglich ſeyn; denn wie die Verſtimmung mehr von perſönlichen Ge- fühlen, als von wiſſenſchaftlichen Gegenſätzen, ausge- gangen iſt, ſo pflegen auch die Widerſacher der hiſtori-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system01_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system01_1840/19
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840, S. XIII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system01_1840/19>, abgerufen am 18.04.2024.