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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840.

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Buch I. Quellen. Kap. III. Quellen des heutigen R. R.
und wurde von den Staatsbeamten, an die sie gerichtet
waren, nach allgemeinen Vorschriften bewirkt, ohne daß
es dazu in jedem einzelnen Fall einer besonderen Anwei-
sung bedurfte; zuweilen jedoch wurde diese Anweisung in
der Verordnung selbst ausgedrückt (f). Eben so konnten
auch die pragmaticae sanctiones eigentliche Gesetze seyn (g),
so daß bey ihnen wie bey den weniger förmlichen epistolae
immer noch Etwas hinzugedacht werden muß, wenn sie
in das Gebiet der eigentlichen, in ihrer Gültigkeit begränz-
ten Rescripte fallen sollen.

Was ist es nun also, das die eigentlichen Rescripte
characterisirt, und von den Edicten streng unterscheidet?
Es ist ihre Bestimmung, lediglich auf einen einzelnen
Rechtsfall einzuwirken, womit denn von selbst verbunden
ist der Mangel jeder öffentlichen Bekanntmachung. Da-
gegen haben sie mit anderen Constitutionen das gemein,
daß sie auf einer Regel beruhen, und diese Regel aus-
sprechen, jedoch nur zum Zweck dieser concreten Anwen-
dung. Übrigens kommen bey ihnen folgende wichtige Un-
terschiede vor.

1. Sie werden erlassen auf die Anfrage bald einer
einzelnen Partey (libellus), bald einer Richterbehörde (h).
Dieses letzte kommt besonders in der wichtigen, zu einer

(f) Z. B. in L. un. C. de
grege domin.
(11. 75.). Andere
Stellen sind gesammelt bey Gü-
yet
S. 74.
(g) So z. B. Justinians San-
ctio pragmatica pro Petitione
Vigilii
über die Einrichtung von
Italien nach der vollendeten Ero-
berung.
(h) L 7 pr. C. de div. rescr.
(1. 23.).

Buch I. Quellen. Kap. III. Quellen des heutigen R. R.
und wurde von den Staatsbeamten, an die ſie gerichtet
waren, nach allgemeinen Vorſchriften bewirkt, ohne daß
es dazu in jedem einzelnen Fall einer beſonderen Anwei-
ſung bedurfte; zuweilen jedoch wurde dieſe Anweiſung in
der Verordnung ſelbſt ausgedrückt (f). Eben ſo konnten
auch die pragmaticae sanctiones eigentliche Geſetze ſeyn (g),
ſo daß bey ihnen wie bey den weniger förmlichen epistolae
immer noch Etwas hinzugedacht werden muß, wenn ſie
in das Gebiet der eigentlichen, in ihrer Gültigkeit begränz-
ten Reſcripte fallen ſollen.

Was iſt es nun alſo, das die eigentlichen Reſcripte
characteriſirt, und von den Edicten ſtreng unterſcheidet?
Es iſt ihre Beſtimmung, lediglich auf einen einzelnen
Rechtsfall einzuwirken, womit denn von ſelbſt verbunden
iſt der Mangel jeder öffentlichen Bekanntmachung. Da-
gegen haben ſie mit anderen Conſtitutionen das gemein,
daß ſie auf einer Regel beruhen, und dieſe Regel aus-
ſprechen, jedoch nur zum Zweck dieſer concreten Anwen-
dung. Übrigens kommen bey ihnen folgende wichtige Un-
terſchiede vor.

1. Sie werden erlaſſen auf die Anfrage bald einer
einzelnen Partey (libellus), bald einer Richterbehörde (h).
Dieſes letzte kommt beſonders in der wichtigen, zu einer

(f) Z. B. in L. un. C. de
grege domin.
(11. 75.). Andere
Stellen ſind geſammelt bey Gü-
yet
S. 74.
(g) So z. B. Juſtinians San-
ctio pragmatica pro Petitione
Vigilii
über die Einrichtung von
Italien nach der vollendeten Ero-
berung.
(h) L 7 pr. C. de div. rescr.
(1. 23.).
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[132/0188] Buch I. Quellen. Kap. III. Quellen des heutigen R. R. und wurde von den Staatsbeamten, an die ſie gerichtet waren, nach allgemeinen Vorſchriften bewirkt, ohne daß es dazu in jedem einzelnen Fall einer beſonderen Anwei- ſung bedurfte; zuweilen jedoch wurde dieſe Anweiſung in der Verordnung ſelbſt ausgedrückt (f). Eben ſo konnten auch die pragmaticae sanctiones eigentliche Geſetze ſeyn (g), ſo daß bey ihnen wie bey den weniger förmlichen epistolae immer noch Etwas hinzugedacht werden muß, wenn ſie in das Gebiet der eigentlichen, in ihrer Gültigkeit begränz- ten Reſcripte fallen ſollen. Was iſt es nun alſo, das die eigentlichen Reſcripte characteriſirt, und von den Edicten ſtreng unterſcheidet? Es iſt ihre Beſtimmung, lediglich auf einen einzelnen Rechtsfall einzuwirken, womit denn von ſelbſt verbunden iſt der Mangel jeder öffentlichen Bekanntmachung. Da- gegen haben ſie mit anderen Conſtitutionen das gemein, daß ſie auf einer Regel beruhen, und dieſe Regel aus- ſprechen, jedoch nur zum Zweck dieſer concreten Anwen- dung. Übrigens kommen bey ihnen folgende wichtige Un- terſchiede vor. 1. Sie werden erlaſſen auf die Anfrage bald einer einzelnen Partey (libellus), bald einer Richterbehörde (h). Dieſes letzte kommt beſonders in der wichtigen, zu einer (f) Z. B. in L. un. C. de grege domin. (11. 75.). Andere Stellen ſind geſammelt bey Gü- yet S. 74. (g) So z. B. Juſtinians San- ctio pragmatica pro Petitione Vigilii über die Einrichtung von Italien nach der vollendeten Ero- berung. (h) L 7 pr. C. de div. rescr. (1. 23.).

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system01_1840/188>, abgerufen am 04.05.2024.