Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840.Buch I. Quellen. Kap. II. Allg. Natur der Quellen. um dem Rechtsverhältniß die nöthige Bestimmtheit zugeben: diese Regeln, die man als Auslegungen des un- vollständig gebliebenen Willens betrachten kann, nenne ich vermittelnde. -- Dieser Gegensatz ist von den Rö- mischen Juristen sehr bestimmt anerkannt. Sie bezeichnen die Regeln der ersten Art am häufigsten als jus publi- cum (a): auch als jus schlechthin (b), als jus commune (c), oder juris forma (d). Nicht selten drücken sie speciell die Beziehung aus, um deren willen die Regel diese Eigen- schaft hat, namentlich das Staatsinteresse (e), oder die guten Sitten (f). Die Regeln der zweyten Art, deren Natur sich meist aus dem Gegensatz von selbst ergiebt, haben keine so regelmäßig wiederkehrende Bezeichnung (g). -- Bey den Neueren liegt zum Theil derselbe Gedanke zum Grunde, wenn sie die Gesetze in gebietende, verbietende und erlaubende eintheilen (h). Bey dieser Eintheilung ist (a) L. 38 de pactis (2. 14.), L. 20 pr. de relig. (11. 7.), L. 42 de op. lib. (38. 1.), L. 45 § 1 de R. J. (50. 17.) etc. (b) L. 12 § 1 de pactis dot. (23. 4.), L. 27 de R. J. (50. 17.). (c) L. 7 § 16 de pactis (2. 14.). (d) L. 42 de pactis (2. 14.), L. 114 § 7 de leg. 1 (30), L. 49 § 2 de fidej. (46. 1.). (e) L. 27 § 4. L. 7 § 14 de pactis (2. 14) publica causa, res publica. (f) Consultatio § 4 in mehre- ren Stellen. (g) Res familiaris, privata, ad voluntatem spectans. L. 7 § 14. L. 27 § 4 de pactis (2. 14.). L. 12 § 1 de pactis dot. (23. 4.). L. 27 de R. J. (50. 17.). -- Von der Unterscheidung beider Arten der Rechtsregeln wird im vierten Kapitel gehandelt werden. (h) Glück I. § 14. -- Die
Veranlassung dieser Eintheilung liegt in L. 7 de leg. (1. 3.), wo nur noch ein Glied mehr vor- kommt: "Legis virtus est im- perare, vetare, permittere, pu- nire." Hier aber stehen diese Fälle nur als anspruchlose Über- sicht über die Wirkungsart der Buch I. Quellen. Kap. II. Allg. Natur der Quellen. um dem Rechtsverhältniß die nöthige Beſtimmtheit zugeben: dieſe Regeln, die man als Auslegungen des un- vollſtändig gebliebenen Willens betrachten kann, nenne ich vermittelnde. — Dieſer Gegenſatz iſt von den Rö- miſchen Juriſten ſehr beſtimmt anerkannt. Sie bezeichnen die Regeln der erſten Art am häufigſten als jus publi- cum (a): auch als jus ſchlechthin (b), als jus commune (c), oder juris forma (d). Nicht ſelten drücken ſie ſpeciell die Beziehung aus, um deren willen die Regel dieſe Eigen- ſchaft hat, namentlich das Staatsintereſſe (e), oder die guten Sitten (f). Die Regeln der zweyten Art, deren Natur ſich meiſt aus dem Gegenſatz von ſelbſt ergiebt, haben keine ſo regelmäßig wiederkehrende Bezeichnung (g). — Bey den Neueren liegt zum Theil derſelbe Gedanke zum Grunde, wenn ſie die Geſetze in gebietende, verbietende und erlaubende eintheilen (h). Bey dieſer Eintheilung iſt (a) L. 38 de pactis (2. 14.), L. 20 pr. de relig. (11. 7.), L. 42 de op. lib. (38. 1.), L. 45 § 1 de R. J. (50. 17.) etc. (b) L. 12 § 1 de pactis dot. (23. 4.), L. 27 de R. J. (50. 17.). (c) L. 7 § 16 de pactis (2. 14.). (d) L. 42 de pactis (2. 14.), L. 114 § 7 de leg. 1 (30), L. 49 § 2 de fidej. (46. 1.). (e) L. 27 § 4. L. 7 § 14 de pactis (2. 14) publica causa, res publica. (f) Consultatio § 4 in mehre- ren Stellen. (g) Res familiaris, privata, ad voluntatem spectans. L. 7 § 14. L. 27 § 4 de pactis (2. 14.). L. 12 § 1 de pactis dot. (23. 4.). L. 27 de R. J. (50. 17.). — Von der Unterſcheidung beider Arten der Rechtsregeln wird im vierten Kapitel gehandelt werden. (h) Glück I. § 14. — Die
Veranlaſſung dieſer Eintheilung liegt in L. 7 de leg. (1. 3.), wo nur noch ein Glied mehr vor- kommt: „Legis virtus est im- perare, vetare, permittere, pu- nire.” Hier aber ſtehen dieſe Fälle nur als anſpruchloſe Über- ſicht über die Wirkungsart der <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0114" n="58"/><fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">I.</hi> Quellen. Kap. <hi rendition="#aq">II.</hi> Allg. Natur der Quellen.</fw><lb/> um dem Rechtsverhältniß die nöthige Beſtimmtheit zu<lb/> geben: dieſe Regeln, die man als Auslegungen des un-<lb/> vollſtändig gebliebenen Willens betrachten kann, nenne<lb/> ich <hi rendition="#g">vermittelnde</hi>. — Dieſer Gegenſatz iſt von den Rö-<lb/> miſchen Juriſten ſehr beſtimmt anerkannt. Sie bezeichnen<lb/> die Regeln der erſten Art am häufigſten als <hi rendition="#aq">jus publi-<lb/> cum</hi> <note place="foot" n="(a)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 38 <hi rendition="#i">de pactis</hi> (2. 14.)<hi rendition="#i">,<lb/> L.</hi> 20 <hi rendition="#i">pr. de relig.</hi> (11. 7.), <hi rendition="#i">L.</hi><lb/> 42 <hi rendition="#i">de op. lib.</hi> (38. 1.), <hi rendition="#i">L.</hi> 45<lb/> § 1 <hi rendition="#i">de R. J.</hi> (50. 17.) <hi rendition="#i">etc.</hi></hi></note>: auch als <hi rendition="#aq">jus</hi> ſchlechthin <note place="foot" n="(b)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 12 § 1 <hi rendition="#i">de pactis dot.</hi><lb/> (23. 4.)<hi rendition="#i">, L.</hi> 27 <hi rendition="#i">de R. J.</hi></hi> (50. 17.).</note>, als <hi rendition="#aq">jus commune</hi> <note place="foot" n="(c)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 7 § 16 <hi rendition="#i">de pactis</hi></hi> (2. 14.).</note>,<lb/> oder <hi rendition="#aq">juris forma</hi> <note place="foot" n="(d)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 42 <hi rendition="#i">de pactis</hi> (2. 14.),<lb/><hi rendition="#i">L.</hi> 114 § 7 <hi rendition="#i">de leg.</hi> 1 (30), <hi rendition="#i">L.</hi> 49<lb/> § 2 <hi rendition="#i">de fidej.</hi></hi> (46. 1.).</note>. Nicht ſelten drücken ſie ſpeciell die<lb/> Beziehung aus, um deren willen die Regel dieſe Eigen-<lb/> ſchaft hat, namentlich das Staatsintereſſe <note place="foot" n="(e)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 27 § 4. <hi rendition="#i">L.</hi> 7 § 14 <hi rendition="#i">de<lb/> pactis</hi> (2. 14) publica causa,<lb/> res publica.</hi></note>, oder die<lb/> guten Sitten <note place="foot" n="(f)"><hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">Consultatio</hi></hi> § 4 in mehre-<lb/> ren Stellen.</note>. Die Regeln der zweyten Art, deren<lb/> Natur ſich meiſt aus dem Gegenſatz von ſelbſt ergiebt,<lb/> haben keine ſo regelmäßig wiederkehrende Bezeichnung <note place="foot" n="(g)"><hi rendition="#aq">Res familiaris, privata,<lb/> ad voluntatem spectans. <hi rendition="#i">L.</hi> 7<lb/> § 14. <hi rendition="#i">L.</hi> 27 § 4 <hi rendition="#i">de pactis</hi> (2.<lb/> 14.). <hi rendition="#i">L.</hi> 12 § 1 <hi rendition="#i">de pactis dot.</hi><lb/> (23. 4.). <hi rendition="#i">L.</hi> 27 <hi rendition="#i">de R. J.</hi></hi> (50.<lb/> 17.). — Von der Unterſcheidung<lb/> beider Arten der Rechtsregeln<lb/> wird im vierten Kapitel gehandelt<lb/> werden.</note>. —<lb/> Bey den Neueren liegt zum Theil derſelbe Gedanke zum<lb/> Grunde, wenn ſie die Geſetze in gebietende, verbietende<lb/> und erlaubende eintheilen <note xml:id="seg2pn_6_1" next="#seg2pn_6_2" place="foot" n="(h)"><hi rendition="#g">Glück</hi><hi rendition="#aq">I.</hi> § 14. — Die<lb/> Veranlaſſung dieſer Eintheilung<lb/> liegt in <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 7 <hi rendition="#i">de leg.</hi></hi> (1. 3.), wo<lb/> nur noch ein Glied mehr vor-<lb/> kommt: <hi rendition="#aq">„Legis virtus est im-<lb/> perare, vetare, permittere, pu-<lb/> nire.”</hi> Hier aber ſtehen dieſe<lb/> Fälle nur als anſpruchloſe Über-<lb/> ſicht über die Wirkungsart der</note>. Bey dieſer Eintheilung iſt<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [58/0114]
Buch I. Quellen. Kap. II. Allg. Natur der Quellen.
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vollſtändig gebliebenen Willens betrachten kann, nenne
ich vermittelnde. — Dieſer Gegenſatz iſt von den Rö-
miſchen Juriſten ſehr beſtimmt anerkannt. Sie bezeichnen
die Regeln der erſten Art am häufigſten als jus publi-
cum (a): auch als jus ſchlechthin (b), als jus commune (c),
oder juris forma (d). Nicht ſelten drücken ſie ſpeciell die
Beziehung aus, um deren willen die Regel dieſe Eigen-
ſchaft hat, namentlich das Staatsintereſſe (e), oder die
guten Sitten (f). Die Regeln der zweyten Art, deren
Natur ſich meiſt aus dem Gegenſatz von ſelbſt ergiebt,
haben keine ſo regelmäßig wiederkehrende Bezeichnung (g). —
Bey den Neueren liegt zum Theil derſelbe Gedanke zum
Grunde, wenn ſie die Geſetze in gebietende, verbietende
und erlaubende eintheilen (h). Bey dieſer Eintheilung iſt
(a) L. 38 de pactis (2. 14.),
L. 20 pr. de relig. (11. 7.), L.
42 de op. lib. (38. 1.), L. 45
§ 1 de R. J. (50. 17.) etc.
(b) L. 12 § 1 de pactis dot.
(23. 4.), L. 27 de R. J. (50. 17.).
(c) L. 7 § 16 de pactis (2. 14.).
(d) L. 42 de pactis (2. 14.),
L. 114 § 7 de leg. 1 (30), L. 49
§ 2 de fidej. (46. 1.).
(e) L. 27 § 4. L. 7 § 14 de
pactis (2. 14) publica causa,
res publica.
(f) Consultatio § 4 in mehre-
ren Stellen.
(g) Res familiaris, privata,
ad voluntatem spectans. L. 7
§ 14. L. 27 § 4 de pactis (2.
14.). L. 12 § 1 de pactis dot.
(23. 4.). L. 27 de R. J. (50.
17.). — Von der Unterſcheidung
beider Arten der Rechtsregeln
wird im vierten Kapitel gehandelt
werden.
(h) Glück I. § 14. — Die
Veranlaſſung dieſer Eintheilung
liegt in L. 7 de leg. (1. 3.), wo
nur noch ein Glied mehr vor-
kommt: „Legis virtus est im-
perare, vetare, permittere, pu-
nire.” Hier aber ſtehen dieſe
Fälle nur als anſpruchloſe Über-
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