lange die Römer nur kleines und nahes Landeigen- thum hatten, sagt er, waren zwey Jahre zur Ver- jährung hinreichend, als sie aber in den Provinzen, also in großer Entfernung von Rom, Land erwar- ben, wurden zehen Jahre erfodert (die longi tem- poris praescriptio). Res mancipi hießen die Ita- lischen Grundstücke und alle bewegliche Sachen, bey beweglichen Sachen gieng durch bloße Tradition Ei- genthum über und Usucapion ging nur auf res mancipi; bey res nec mancipi aber, d. h. bey Pro- vincialgrundstücken, gab es eine longi temporis prae- scriptio, wozu kein Titel gehörte; der Inhaber dersel- ben hieß dominus bonitarius. An einer andern Stelle ist von der Justinianischen Usucapion die Rede: man müsse unterscheiden zwischen dem Diebe selbst und dem dritten, welcher von dem Diebe kaufe, jener brauche 30 Jahre, bey diesem komme die L. un. C. de usuc. transform. in Anwendung, also dreyjährige Verjährung 1), ganz als ob von res furtiva bey den Römern niemals die Rede gewesen wäre. Ein anderer sehr merkwürdiger Fall betrifft Por- talis und Maleville zugleich. Bey der Ehe- scheidung nämlich wird beständig Römisches Recht mit zur Sprache gebracht, aber Portalis und Ma- leville gehen aus von einer Geschichte der Römi- schen Ehescheidung, welche nicht etwa blos falsch,
1)l. c. p. 407.
lange die Römer nur kleines und nahes Landeigen- thum hatten, ſagt er, waren zwey Jahre zur Ver- jährung hinreichend, als ſie aber in den Provinzen, alſo in großer Entfernung von Rom, Land erwar- ben, wurden zehen Jahre erfodert (die longi tem- poris praescriptio). Res mancipi hießen die Ita- liſchen Grundſtücke und alle bewegliche Sachen, bey beweglichen Sachen gieng durch bloße Tradition Ei- genthum über und Uſucapion ging nur auf res mancipi; bey res nec mancipi aber, d. h. bey Pro- vincialgrundſtücken, gab es eine longi temporis prae- scriptio, wozu kein Titel gehörte; der Inhaber derſel- ben hieß dominus bonitarius. An einer andern Stelle iſt von der Juſtinianiſchen Uſucapion die Rede: man müſſe unterſcheiden zwiſchen dem Diebe ſelbſt und dem dritten, welcher von dem Diebe kaufe, jener brauche 30 Jahre, bey dieſem komme die L. un. C. de usuc. transform. in Anwendung, alſo dreyjährige Verjährung 1), ganz als ob von res furtiva bey den Römern niemals die Rede geweſen wäre. Ein anderer ſehr merkwürdiger Fall betrifft Por- talis und Maleville zugleich. Bey der Ehe- ſcheidung nämlich wird beſtändig Römiſches Recht mit zur Sprache gebracht, aber Portalis und Ma- leville gehen aus von einer Geſchichte der Römi- ſchen Eheſcheidung, welche nicht etwa blos falſch,
1)l. c. p. 407.
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lange die Römer nur kleines und nahes Landeigen-
thum hatten, ſagt er, waren zwey Jahre zur Ver-
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alſo in großer Entfernung von Rom, Land erwar-
ben, wurden zehen Jahre erfodert (die longi tem-
poris praescriptio). Res mancipi hießen die Ita-
liſchen Grundſtücke und alle bewegliche Sachen, bey
beweglichen Sachen gieng durch bloße Tradition Ei-
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mancipi; bey res nec mancipi aber, d. h. bey Pro-
vincialgrundſtücken, gab es eine longi temporis prae-
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ben hieß dominus bonitarius. An einer andern Stelle
iſt von der Juſtinianiſchen Uſucapion die Rede: man
müſſe unterſcheiden zwiſchen dem Diebe ſelbſt und dem
dritten, welcher von dem Diebe kaufe, jener brauche
30 Jahre, bey dieſem komme die L. un. C. de
usuc. transform. in Anwendung, alſo dreyjährige
Verjährung 1), ganz als ob von res furtiva bey
den Römern niemals die Rede geweſen wäre.
Ein anderer ſehr merkwürdiger Fall betrifft Por-
talis und Maleville zugleich. Bey der Ehe-
ſcheidung nämlich wird beſtändig Römiſches Recht
mit zur Sprache gebracht, aber Portalis und Ma-
leville gehen aus von einer Geſchichte der Römi-
ſchen Eheſcheidung, welche nicht etwa blos falſch,
1) l. c. p. 407.
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Savigny, Friedrich Carl von: Vom Beruf unsrer Zeit für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft. Heidelberg, 1814, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_gesetzgebung_1814/73>, abgerufen am 16.07.2024.
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