Savigny, Friedrich Carl von: Vom Beruf unsrer Zeit für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft. Heidelberg, 1814.lich zu machen, was auf solche Weise entstehen kann, 1) Tacitus, Agricola C. 5. D 2
lich zu machen, was auf ſolche Weiſe entſtehen kann, 1) Tacitus, Agricola C. 5. D 2
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0061" n="51"/> lich zu machen, was auf ſolche Weiſe entſtehen kann,<lb/> an die Zeit nach der Auflöſung des weſtrömiſchen<lb/> Reichs erinnern, wo eben ſo ein unvollkommner Zuſtand<lb/> der Rechtskenntniß fixirt worden iſt (S. 34). Der<lb/> einzige Fall, der hier eine Vergleichung darbietet, iſt<lb/> das Edict des Oſtgothiſchen Theoderich, weil hier<lb/> allein das vorhandene Recht in einer eigenen, neuen<lb/> Form dargeſtellt werden ſollte. Ich bin weit ent-<lb/> fernt zu glauben, daß, was wir hervorbringen könn-<lb/> ten, dieſem Edict völlig gleich ſehen würde, denn der<lb/> Unterſchied der Zeiten iſt in der That ſehr groß: die<lb/> Römer im Jahr 500 hatten Mühe zu ſagen was<lb/> ſie dachten, wir verſtehen gewiſſermaaßen zu ſchrei-<lb/> ben: ferner gab es damals gar keine juriſtiſche Schrift-<lb/> ſteller, wir haben daran keinen Mangel. Allein da-<lb/> rin iſt die Aehnlichkeit unverkennbar, daß dort ein<lb/> hiſtoriſcher Stoff dargeſtellt werden ſollte, den man<lb/> nicht überſah und nicht regieren konnte, und den wir<lb/> Mühe haben in dieſer Darſtellung wieder zu erkennen.<lb/> Und darin iſt der Nachtheil entſchieden auf unſrer Seite,<lb/> daß im Jahr 500 nichts zu verderben war. In unſrer<lb/> Zeit dagegen iſt ein lebendiges Beſtreben nicht abzu-<lb/> läugnen, und niemand kann wiſſen, wie viel beſſeres<lb/> wir der Zukunft entziehen, indem wir gegenwärtige<lb/> Mängel befeſtigen. Denn <hi rendition="#aq">„ut corpora lente au-<lb/> gescunt, cito extinguuntur; sic ingenia studiaque<lb/> oppresseris facilius quam revocaveris.“</hi> <note place="foot" n="1)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">Tacitus</hi>, Agricola C.</hi> 5.</note></p><lb/> <fw place="bottom" type="sig">D 2</fw><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [51/0061]
lich zu machen, was auf ſolche Weiſe entſtehen kann,
an die Zeit nach der Auflöſung des weſtrömiſchen
Reichs erinnern, wo eben ſo ein unvollkommner Zuſtand
der Rechtskenntniß fixirt worden iſt (S. 34). Der
einzige Fall, der hier eine Vergleichung darbietet, iſt
das Edict des Oſtgothiſchen Theoderich, weil hier
allein das vorhandene Recht in einer eigenen, neuen
Form dargeſtellt werden ſollte. Ich bin weit ent-
fernt zu glauben, daß, was wir hervorbringen könn-
ten, dieſem Edict völlig gleich ſehen würde, denn der
Unterſchied der Zeiten iſt in der That ſehr groß: die
Römer im Jahr 500 hatten Mühe zu ſagen was
ſie dachten, wir verſtehen gewiſſermaaßen zu ſchrei-
ben: ferner gab es damals gar keine juriſtiſche Schrift-
ſteller, wir haben daran keinen Mangel. Allein da-
rin iſt die Aehnlichkeit unverkennbar, daß dort ein
hiſtoriſcher Stoff dargeſtellt werden ſollte, den man
nicht überſah und nicht regieren konnte, und den wir
Mühe haben in dieſer Darſtellung wieder zu erkennen.
Und darin iſt der Nachtheil entſchieden auf unſrer Seite,
daß im Jahr 500 nichts zu verderben war. In unſrer
Zeit dagegen iſt ein lebendiges Beſtreben nicht abzu-
läugnen, und niemand kann wiſſen, wie viel beſſeres
wir der Zukunft entziehen, indem wir gegenwärtige
Mängel befeſtigen. Denn „ut corpora lente au-
gescunt, cito extinguuntur; sic ingenia studiaque
oppresseris facilius quam revocaveris.“ 1)
1) Tacitus, Agricola C. 5.
D 2
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