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Savigny, Friedrich Carl von: Vom Beruf unsrer Zeit für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft. Heidelberg, 1814.

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nicht übereinstimmen, ein friedlicher Streit möglich,
und ein solcher führt, wo nicht zur Vereinigung der
Streitenden, doch zu besserer Einsicht im Ganzen.

Von zwey Meynungen über die Einrichtung des
bürgerlichen Rechts, die mir bekannt geworden sind,
geht die eine auf Herstellung des alten Zustandes 1),
die zweyte auf Annahme eines gemeinschaftlichen Ge-
setzbuches für die Deutschen Staaten 2). Zur Er-
läuterung dieser zweyten Meynung sind gleich hier
einige Bemerkungen nöthig, indem sie in einem
doppelten historischen Zusammenhang betrachtet wer-
den muß.

Erstens nämlich steht sie in Verbindung mit vie-
len ähnlichen Vorschlägen und Versuchen seit der
Mitte des achtzehnten Jahrhunderts. In dieser Zeit
hatte sich durch ganz Europa ein völlig unerleuchte-
ter Bildungstrieb geregt. Sinn und Gefühl für die
Größe und Eigenthümlichkeit anderer Zeiten, so wie
für die naturgemäße Entwicklung der Völker und Ver-
fassungen, also alles was die Geschichte heilsam und
fruchtbar machen muß, war verloren: an die Stelle
getreten war eine gränzenlose Erwartung von der

1) Rehberg über den Code Napoleon. Hannover 1814.
2) K. E. Schmid Deutschlands Wiedergeburt. Jena 1814. S.
135 etc. Thibaut über die Nothwendigkeit eines allg. bürgerlichen
Rechts für Deutschland. Heidelberg 1814. Jener wünscht für den
Augenblick Annahme des Oesterreichischen Gesetzbuchs, dieser sogleich
ein neues.

nicht übereinſtimmen, ein friedlicher Streit möglich,
und ein ſolcher führt, wo nicht zur Vereinigung der
Streitenden, doch zu beſſerer Einſicht im Ganzen.

Von zwey Meynungen über die Einrichtung des
bürgerlichen Rechts, die mir bekannt geworden ſind,
geht die eine auf Herſtellung des alten Zuſtandes 1),
die zweyte auf Annahme eines gemeinſchaftlichen Ge-
ſetzbuches für die Deutſchen Staaten 2). Zur Er-
läuterung dieſer zweyten Meynung ſind gleich hier
einige Bemerkungen nöthig, indem ſie in einem
doppelten hiſtoriſchen Zuſammenhang betrachtet wer-
den muß.

Erſtens nämlich ſteht ſie in Verbindung mit vie-
len ähnlichen Vorſchlägen und Verſuchen ſeit der
Mitte des achtzehnten Jahrhunderts. In dieſer Zeit
hatte ſich durch ganz Europa ein völlig unerleuchte-
ter Bildungstrieb geregt. Sinn und Gefühl für die
Größe und Eigenthümlichkeit anderer Zeiten, ſo wie
für die naturgemäße Entwicklung der Völker und Ver-
faſſungen, alſo alles was die Geſchichte heilſam und
fruchtbar machen muß, war verloren: an die Stelle
getreten war eine gränzenloſe Erwartung von der

1) Rehberg über den Code Napoleon. Hannover 1814.
2) K. E. Schmid Deutſchlands Wiedergeburt. Jena 1814. S.
135 ꝛc. Thibaut über die Nothwendigkeit eines allg. bürgerlichen
Rechts für Deutſchland. Heidelberg 1814. Jener wünſcht für den
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[4/0014] nicht übereinſtimmen, ein friedlicher Streit möglich, und ein ſolcher führt, wo nicht zur Vereinigung der Streitenden, doch zu beſſerer Einſicht im Ganzen. Von zwey Meynungen über die Einrichtung des bürgerlichen Rechts, die mir bekannt geworden ſind, geht die eine auf Herſtellung des alten Zuſtandes 1), die zweyte auf Annahme eines gemeinſchaftlichen Ge- ſetzbuches für die Deutſchen Staaten 2). Zur Er- läuterung dieſer zweyten Meynung ſind gleich hier einige Bemerkungen nöthig, indem ſie in einem doppelten hiſtoriſchen Zuſammenhang betrachtet wer- den muß. Erſtens nämlich ſteht ſie in Verbindung mit vie- len ähnlichen Vorſchlägen und Verſuchen ſeit der Mitte des achtzehnten Jahrhunderts. In dieſer Zeit hatte ſich durch ganz Europa ein völlig unerleuchte- ter Bildungstrieb geregt. Sinn und Gefühl für die Größe und Eigenthümlichkeit anderer Zeiten, ſo wie für die naturgemäße Entwicklung der Völker und Ver- faſſungen, alſo alles was die Geſchichte heilſam und fruchtbar machen muß, war verloren: an die Stelle getreten war eine gränzenloſe Erwartung von der 1) Rehberg über den Code Napoleon. Hannover 1814. 2) K. E. Schmid Deutſchlands Wiedergeburt. Jena 1814. S. 135 ꝛc. Thibaut über die Nothwendigkeit eines allg. bürgerlichen Rechts für Deutſchland. Heidelberg 1814. Jener wünſcht für den Augenblick Annahme des Oeſterreichiſchen Geſetzbuchs, dieſer ſogleich ein neues.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: Vom Beruf unsrer Zeit für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft. Heidelberg, 1814, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_gesetzgebung_1814/14>, abgerufen am 05.12.2024.