Savigny, Friedrich Carl von: Vom Beruf unsrer Zeit für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft. Heidelberg, 1814.Ganz consequent wird daher dem Vormund das 1) Digest. lib. 27 tit. a.
Ganz conſequent wird daher dem Vormund das 1) Digest. lib. 27 tit. a.
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Ganz conſequent wird daher dem Vormund das
Recht und die Verbindlichkeit der Erziehung „gleich
dem Vater“ übertragen (§. 216), wobey er nur in
wichtigen und bedenklichen Angelegenheiten an die
Genehmigung des Gerichts gebunden iſt. Allein der
Sinn jener Römiſchen Regel iſt ein ganz anderer:
die persona, von welcher darin geſprochen wird,
iſt die juriſtiſche Perſönlichkeit des Pupillen, die Fä-
higkeit deſſelben zu förmlichen Handlungen. Dieſe
Fähigkeit für alle Anwendungen zu ergänzen (will
die Stelle ſagen) iſt der Hauptberuf des Tutors,
darum muß ſich ſein Amt allgemein auf alle Theile
des Vermögens erſtrecken, und kann nicht auf ein-
zelne Rechtsverhältniſſe des Pupillen beſchränkt wer-
den. Darum hat denn auch der Römiſche Tutor
mit der Erziehung des Pupillen durchaus gar nichts
zu ſchaffen, ſondern über dieſe verfügt der Prätor
ganz frey nach den Umſtänden, wobei zufällig ſeine
Wahl auf den Tutor wie auf jeden Andern fallen
kann 1). Man wird dagegen einwenden, eben die-
ſen Satz des Römiſchen Rechts habe man aus guten
Gründen abändern wollen. Wohl: aber der übrige
Zuſammenhang macht dabey eine nicht geringe
Schwierigkeit. Denn das Geſetzbuch hat aus dem
Römiſchen Rechte das ſtrenge Recht der nächſten
Verwandten auf tutela legitima angenommen (§.
1) Digest. lib. 27 tit. a.
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Zitationshilfe: | Savigny, Friedrich Carl von: Vom Beruf unsrer Zeit für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft. Heidelberg, 1814, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_gesetzgebung_1814/114>, abgerufen am 23.07.2024. |