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Sarganeck, Georg: Ueberzeugende und bewegliche Warnung vor allen Sünden der Unreinigkeit und Heimlichen Unzucht. Züllichau, 1740.

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C. 3. Mittel wieder die Unreinigkeit.

Du must dich aber in der Betrachtung der hei-
ligen Schrifft recht üben: dann dieses ist 1) ein heili-
ger Zeitvertreib, und hindert vieles böse. 2) Gibt es
Materien und Anlaß zum Gebet. Man kann
die entsetzlichen Gerichte GOttes, die Offenba-
rung seines allerheiligsten Willens, und die ma-
jestätischen Exempel der Keuschheit der Alten,
(z. E. eines Königs 1 Mos. 20.) nicht ohne
Schauer lesen. 3) Der heilige Chrysostomus
sagt: das blosse anschauen oder anrühren der hei-
ligen Schrifft könne schon die bösen Gedancken
verjagen; einen solchen Respect und Furcht prä-
ge sie ins Gemüth. Allein das ist nur wahr von
denen, die allbereit in ihrer Umkehrung näher bey
GOtt als beym Teufel sind. Einer der noch un-
ter der Macht der Finsterniß ist, könte wol die
Bibel Tag und Nacht ansehen, ohne davon hei-
liger zu werden. Ey wie mancher Gelehrter weiß
die gantze Schrifft auswendig, und weltzet sich
dennoch im Geitz, Hochmuth, Neid und heimli-
cher Lust herum? Chrysostomus war von den
Jünglingen, die den Bösewicht überwunden, und
in welchen das Wort GOttes bleibet: sein Hertz
war voll Erkenntniß und Liebe Christi: daher
konte er wol so reden von der heiligen Schrifft.
Welche aber noch nicht versetzt sind ins Reich des
Sohnes der Liebe GOttes, denen gehet es, wie
etwa einem Gefangenen, der um einen vermaur-
ten königlichen Garten herum gehet; er möchte
auch gerne sehen und haben was darinnen ist:
inzwischen kommt der Häscher, dessen Gefangener
er ist, erwischet ihn und ziehet ihn mit sich ins
Stanckloch der irdischen Lust oder Unkeuschheit.
Es gehet hier eben, wie Erasmus sagt vom
Cicerone: derjenige müsse allbereit in der Latini-

tät
III. Th. Betr. der Unreinigk. X x
C. 3. Mittel wieder die Unreinigkeit.

Du muſt dich aber in der Betrachtung der hei-
ligen Schrifft recht uͤben: dann dieſes iſt 1) ein heili-
ger Zeitvertreib, und hindert vieles boͤſe. 2) Gibt es
Materien und Anlaß zum Gebet. Man kann
die entſetzlichen Gerichte GOttes, die Offenba-
rung ſeines allerheiligſten Willens, und die ma-
jeſtaͤtiſchen Exempel der Keuſchheit der Alten,
(z. E. eines Koͤnigs 1 Moſ. 20.) nicht ohne
Schauer leſen. 3) Der heilige Chryſoſtomus
ſagt: das bloſſe anſchauen oder anruͤhren der hei-
ligen Schrifft koͤnne ſchon die boͤſen Gedancken
verjagen; einen ſolchen Reſpect und Furcht praͤ-
ge ſie ins Gemuͤth. Allein das iſt nur wahr von
denen, die allbereit in ihrer Umkehrung naͤher bey
GOtt als beym Teufel ſind. Einer der noch un-
ter der Macht der Finſterniß iſt, koͤnte wol die
Bibel Tag und Nacht anſehen, ohne davon hei-
liger zu werden. Ey wie mancher Gelehrter weiß
die gantze Schrifft auswendig, und weltzet ſich
dennoch im Geitz, Hochmuth, Neid und heimli-
cher Luſt herum? Chryſoſtomus war von den
Juͤnglingen, die den Boͤſewicht uͤberwunden, und
in welchen das Wort GOttes bleibet: ſein Hertz
war voll Erkenntniß und Liebe Chriſti: daher
konte er wol ſo reden von der heiligen Schrifft.
Welche aber noch nicht verſetzt ſind ins Reich des
Sohnes der Liebe GOttes, denen gehet es, wie
etwa einem Gefangenen, der um einen vermaur-
ten koͤniglichen Garten herum gehet; er moͤchte
auch gerne ſehen und haben was darinnen iſt:
inzwiſchen kommt der Haͤſcher, deſſen Gefangener
er iſt, erwiſchet ihn und ziehet ihn mit ſich ins
Stanckloch der irdiſchen Luſt oder Unkeuſchheit.
Es gehet hier eben, wie Eraſmus ſagt vom
Cicerone: derjenige muͤſſe allbereit in der Latini-

taͤt
III. Th. Betr. der Unreinigk. X x
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[689/0709] C. 3. Mittel wieder die Unreinigkeit. Du muſt dich aber in der Betrachtung der hei- ligen Schrifft recht uͤben: dann dieſes iſt 1) ein heili- ger Zeitvertreib, und hindert vieles boͤſe. 2) Gibt es Materien und Anlaß zum Gebet. Man kann die entſetzlichen Gerichte GOttes, die Offenba- rung ſeines allerheiligſten Willens, und die ma- jeſtaͤtiſchen Exempel der Keuſchheit der Alten, (z. E. eines Koͤnigs 1 Moſ. 20.) nicht ohne Schauer leſen. 3) Der heilige Chryſoſtomus ſagt: das bloſſe anſchauen oder anruͤhren der hei- ligen Schrifft koͤnne ſchon die boͤſen Gedancken verjagen; einen ſolchen Reſpect und Furcht praͤ- ge ſie ins Gemuͤth. Allein das iſt nur wahr von denen, die allbereit in ihrer Umkehrung naͤher bey GOtt als beym Teufel ſind. Einer der noch un- ter der Macht der Finſterniß iſt, koͤnte wol die Bibel Tag und Nacht anſehen, ohne davon hei- liger zu werden. Ey wie mancher Gelehrter weiß die gantze Schrifft auswendig, und weltzet ſich dennoch im Geitz, Hochmuth, Neid und heimli- cher Luſt herum? Chryſoſtomus war von den Juͤnglingen, die den Boͤſewicht uͤberwunden, und in welchen das Wort GOttes bleibet: ſein Hertz war voll Erkenntniß und Liebe Chriſti: daher konte er wol ſo reden von der heiligen Schrifft. Welche aber noch nicht verſetzt ſind ins Reich des Sohnes der Liebe GOttes, denen gehet es, wie etwa einem Gefangenen, der um einen vermaur- ten koͤniglichen Garten herum gehet; er moͤchte auch gerne ſehen und haben was darinnen iſt: inzwiſchen kommt der Haͤſcher, deſſen Gefangener er iſt, erwiſchet ihn und ziehet ihn mit ſich ins Stanckloch der irdiſchen Luſt oder Unkeuſchheit. Es gehet hier eben, wie Eraſmus ſagt vom Cicerone: derjenige muͤſſe allbereit in der Latini- taͤt III. Th. Betr. der Unreinigk. X x

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Zitationshilfe: Sarganeck, Georg: Ueberzeugende und bewegliche Warnung vor allen Sünden der Unreinigkeit und Heimlichen Unzucht. Züllichau, 1740, S. 689. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sarganeck_unzucht_1740/709>, abgerufen am 22.11.2024.