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Sarganeck, Georg: Ueberzeugende und bewegliche Warnung vor allen Sünden der Unreinigkeit und Heimlichen Unzucht. Züllichau, 1740.

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Anatomisch-Medicinische
Gebrauch derselben weit, weit unter
alles unvernünftige Vieh zu setzen sind?

Denn das Vieh wird ja nicht leichte zu sei-
nem Schaden etwas zu viel thun; und Sie
dürften sich doch wol schon mancher Exempel
erinnern, da Sie sich eine Maladie, Trägheit,
Kopfweh, Grimmen, Schwindel, Ungeschick-
lichkeit zum Gottesdienst und Arbeit etc. an den
Hals gegessen und getruncken haben. Wun-
der, daß Sie diß nicht dem allerhei-
ligsten GOtt auch anschreiben wollen,
und mit ihm rechten, warum er Jh-
nen den Appetit gegeben, ohne wel-
chen Sie doch Hungers sterben könten,

und durch den Sie die Süßigkeit GOttes in
seinen Creaturen zu schmecken, und ihm desto-
mehr für alles danckbar zu seyn, solten erwe-
cket werden! Daher so gar der Heide Cice-
"ro
sagt: die Wollust sey allerdings etwas,
"so mit Ueberlegung und Einwilligung, nicht
"aber aus unumgänglichen Triebe geschiehet:
"Denn wäre sie natürlich oder nothwen-
"dig, so würden ihr alle nachgeben müs-
"sen, alle auf gleiche Weise, und alle zu
"jederzeit,
(wie man zum Exempel des Essens,
"Trinckens, Athemholens, Schlaffens allezeit
"unumgänglich bedarf) und Niemand wür-
"de von derselben durch Schande oder
"Ehrbarkeit, durch Uberlegung oder
"Erfahrung unsers Schadens können
"zurück gehalten werden.
" Nun aber ja
die tägliche Erfahrung lehret, daß nicht alle,

son-

Anatomiſch-Mediciniſche
Gebrauch derſelben weit, weit unter
alles unvernuͤnftige Vieh zu ſetzen ſind?

Denn das Vieh wird ja nicht leichte zu ſei-
nem Schaden etwas zu viel thun; und Sie
duͤrften ſich doch wol ſchon mancher Exempel
erinnern, da Sie ſich eine Maladie, Traͤgheit,
Kopfweh, Grimmen, Schwindel, Ungeſchick-
lichkeit zum Gottesdienſt und Arbeit ꝛc. an den
Hals gegeſſen und getruncken haben. Wun-
der, daß Sie diß nicht dem allerhei-
ligſten GOtt auch anſchreiben wollen,
und mit ihm rechten, warum er Jh-
nen den Appetit gegeben, ohne wel-
chen Sie doch Hungers ſterben koͤnten,

und durch den Sie die Suͤßigkeit GOttes in
ſeinen Creaturen zu ſchmecken, und ihm deſto-
mehr fuͤr alles danckbar zu ſeyn, ſolten erwe-
cket werden! Daher ſo gar der Heide Cice-
„ro
ſagt: die Wolluſt ſey allerdings etwas,
„ſo mit Ueberlegung und Einwilligung, nicht
„aber aus unumgaͤnglichen Triebe geſchiehet:
„Denn waͤre ſie natuͤrlich oder nothwen-
„dig, ſo wuͤrden ihr alle nachgeben muͤſ-
„ſen, alle auf gleiche Weiſe, und alle zu
„jederzeit,
(wie man zum Exempel des Eſſens,
„Trinckens, Athemholens, Schlaffens allezeit
„unumgaͤnglich bedarf) und Niemand wuͤr-
„de von derſelben durch Schande oder
„Ehrbarkeit, durch Uberlegung oder
„Erfahrung unſers Schadens koͤnnen
„zuruͤck gehalten werden.
‟ Nun aber ja
die taͤgliche Erfahrung lehret, daß nicht alle,

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[16/0036] Anatomiſch-Mediciniſche Gebrauch derſelben weit, weit unter alles unvernuͤnftige Vieh zu ſetzen ſind? Denn das Vieh wird ja nicht leichte zu ſei- nem Schaden etwas zu viel thun; und Sie duͤrften ſich doch wol ſchon mancher Exempel erinnern, da Sie ſich eine Maladie, Traͤgheit, Kopfweh, Grimmen, Schwindel, Ungeſchick- lichkeit zum Gottesdienſt und Arbeit ꝛc. an den Hals gegeſſen und getruncken haben. Wun- der, daß Sie diß nicht dem allerhei- ligſten GOtt auch anſchreiben wollen, und mit ihm rechten, warum er Jh- nen den Appetit gegeben, ohne wel- chen Sie doch Hungers ſterben koͤnten, und durch den Sie die Suͤßigkeit GOttes in ſeinen Creaturen zu ſchmecken, und ihm deſto- mehr fuͤr alles danckbar zu ſeyn, ſolten erwe- cket werden! Daher ſo gar der Heide Cice- „ro ſagt: die Wolluſt ſey allerdings etwas, „ſo mit Ueberlegung und Einwilligung, nicht „aber aus unumgaͤnglichen Triebe geſchiehet: „Denn waͤre ſie natuͤrlich oder nothwen- „dig, ſo wuͤrden ihr alle nachgeben muͤſ- „ſen, alle auf gleiche Weiſe, und alle zu „jederzeit, (wie man zum Exempel des Eſſens, „Trinckens, Athemholens, Schlaffens allezeit „unumgaͤnglich bedarf) und Niemand wuͤr- „de von derſelben durch Schande oder „Ehrbarkeit, durch Uberlegung oder „Erfahrung unſers Schadens koͤnnen „zuruͤck gehalten werden.‟ Nun aber ja die taͤgliche Erfahrung lehret, daß nicht alle, ſon-

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Zitationshilfe: Sarganeck, Georg: Ueberzeugende und bewegliche Warnung vor allen Sünden der Unreinigkeit und Heimlichen Unzucht. Züllichau, 1740, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sarganeck_unzucht_1740/36>, abgerufen am 28.03.2024.