Sarganeck, Georg: Ueberzeugende und bewegliche Warnung vor allen Sünden der Unreinigkeit und Heimlichen Unzucht. Züllichau, 1740.Betrachtung der Unreinigkeit. wissen ihre Jahrszeiten, und folgen der Natur, wie sie die-selbe leitet. Sie sind keusch und eingezogen, wenn der na- türliche Trieb aufhöret: hitzig und grimmig, wenn die ani- malischen Geister wieder rege werden. Mit einem Wort sie stellen sich dar, wenn es die Natur befihlet, und eher nicht. Der Mensch aber, der ungezähmte Mensch, den we- der die Gesetze GOttes, noch die Gesetze der Natur bändigen können, lässet seinen verderbten Neigungen den Zügel schies- sen, und unterwirft die Natur, die Vernunft, ja die Re- ligion selbst, einer unordentlichen und ungestümen Reitzung. Sein Verstand wird von seinem Willen, und sein Wille von seinem Laster regieret. Die viehische Begierde tyrannisiret über den Menschen, und seine Vernunft wird von seinen äus- lichen Sinnen beherrschet. - - - - Wenn die Wuth seiner Neigung durch die muntern Geister seiner Jugend rege gemacht wird: so steiget dieselbe zu einem ungemein hohen Grad, und ist kein Aufhören. Sie wird durch die na- türliche Ausleerung nicht gelöschet: sondern er bleibet immer bey seiner Unsinnigkeit, und weiß weder Maaß noch Ziel. Es ist umsonst, daß ihn GOtt mit Vernunft begabet hat, um sich derselben zum Leitstern seines Lebens, zur Regiererin sei- ner Neigungen, und zur Beherrscherin seiner Leidenschaften zu bedienen. Wenn seine verderbte Neigung einmal die Herrschaft behält: so ist sie einem hartmäuligen Pferde gleich, das kein Gebiß fühlet, keine Zucht annimmt, und sich von nichts als seinem eigenen tollen Kopf regieren lässet. Ferner p. 520. Diejenige Gerechtigkeit, die an das Licht tzende
Betrachtung der Unreinigkeit. wiſſen ihre Jahrszeiten, und folgen der Natur, wie ſie die-ſelbe leitet. Sie ſind keuſch und eingezogen, wenn der na- tuͤrliche Trieb aufhoͤret: hitzig und grimmig, wenn die ani- maliſchen Geiſter wieder rege werden. Mit einem Wort ſie ſtellen ſich dar, wenn es die Natur befihlet, und eher nicht. Der Menſch aber, der ungezaͤhmte Menſch, den we- der die Geſetze GOttes, noch die Geſetze der Natur baͤndigen koͤnnen, laͤſſet ſeinen verderbten Neigungen den Zuͤgel ſchieſ- ſen, und unterwirft die Natur, die Vernunft, ja die Re- ligion ſelbſt, einer unordentlichen und ungeſtuͤmen Reitzung. Sein Verſtand wird von ſeinem Willen, und ſein Wille von ſeinem Laſter regieret. Die viehiſche Begierde tyranniſiret uͤber den Menſchen, und ſeine Vernunft wird von ſeinen aͤuſ- lichen Sinnen beherrſchet. ‒ ‒ ‒ ‒ Wenn die Wuth ſeiner Neigung durch die muntern Geiſter ſeiner Jugend rege gemacht wird: ſo ſteiget dieſelbe zu einem ungemein hohen Grad, und iſt kein Aufhoͤren. Sie wird durch die na- tuͤrliche Ausleerung nicht geloͤſchet: ſondern er bleibet immer bey ſeiner Unſinnigkeit, und weiß weder Maaß noch Ziel. Es iſt umſonſt, daß ihn GOtt mit Vernunft begabet hat, um ſich derſelben zum Leitſtern ſeines Lebens, zur Regiererin ſei- ner Neigungen, und zur Beherrſcherin ſeiner Leidenſchaften zu bedienen. Wenn ſeine verderbte Neigung einmal die Herrſchaft behaͤlt: ſo iſt ſie einem hartmaͤuligen Pferde gleich, das kein Gebiß fuͤhlet, keine Zucht annimmt, und ſich von nichts als ſeinem eigenen tollen Kopf regieren laͤſſet. Ferner p. 520. Diejenige Gerechtigkeit, die an das Licht tzende
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0225" n="205"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Betrachtung der Unreinigkeit.</hi></fw><lb/> wiſſen ihre Jahrszeiten, und folgen der Natur, wie ſie die-<lb/> ſelbe leitet. Sie ſind keuſch und eingezogen, wenn der na-<lb/> tuͤrliche Trieb aufhoͤret: hitzig und grimmig, wenn die ani-<lb/> maliſchen Geiſter wieder rege werden. Mit einem Wort<lb/> ſie ſtellen ſich dar, wenn es die Natur befihlet, und eher<lb/> nicht. Der Menſch aber, der ungezaͤhmte Menſch, den we-<lb/> der die Geſetze GOttes, noch die Geſetze der Natur baͤndigen<lb/> koͤnnen, laͤſſet ſeinen verderbten Neigungen den Zuͤgel ſchieſ-<lb/> ſen, und unterwirft <hi rendition="#fr">die Natur, die Vernunft, ja die Re-<lb/> ligion ſelbſt,</hi> einer unordentlichen und ungeſtuͤmen Reitzung.<lb/> Sein Verſtand wird von ſeinem Willen, und ſein Wille von<lb/> ſeinem Laſter regieret. Die viehiſche Begierde tyranniſiret<lb/> uͤber den Menſchen, und ſeine Vernunft wird von ſeinen aͤuſ-<lb/> lichen Sinnen beherrſchet. ‒ ‒ ‒ ‒ Wenn die Wuth<lb/> ſeiner Neigung durch die muntern Geiſter ſeiner Jugend<lb/> rege gemacht wird: ſo ſteiget dieſelbe zu einem ungemein<lb/> hohen Grad, und iſt kein Aufhoͤren. Sie wird durch die na-<lb/> tuͤrliche Ausleerung nicht geloͤſchet: ſondern er bleibet immer<lb/> bey ſeiner Unſinnigkeit, und weiß weder Maaß noch Ziel.<lb/> Es iſt umſonſt, daß ihn GOtt mit Vernunft begabet hat, um<lb/> ſich derſelben zum Leitſtern ſeines Lebens, zur Regiererin ſei-<lb/> ner Neigungen, und zur Beherrſcherin ſeiner Leidenſchaften<lb/> zu bedienen. Wenn ſeine verderbte Neigung einmal die<lb/> Herrſchaft behaͤlt: ſo iſt ſie einem hartmaͤuligen Pferde gleich,<lb/> das kein Gebiß fuͤhlet, keine Zucht annimmt, und ſich von<lb/> nichts als ſeinem eigenen tollen Kopf regieren laͤſſet.</p><lb/> <p>Ferner <hi rendition="#aq">p.</hi> 520. Diejenige Gerechtigkeit, die an das Licht<lb/> bringet, was im Finſtern verborgen iſt, kann das Laſter durch<lb/> die Straffe offenbar machen. Und da mag es von iederman,<lb/> der es anſiehet, mit Schrecken geleſen werden, weil zarte Oh-<lb/> ren mit der Beſchreibung nicht geaͤrgert ſeyn wollen. Und<lb/> dieſes iſt keine ungewoͤhnliche Zuͤchtigung. Die goͤttliche<lb/> Vorſehung befindet oͤfters fuͤr gut, ſich deren zu bedienen.<lb/> Die Trunckenheit, ob ſie ſchon noch ſo verborgen iſt, wird durch<lb/> die Kennzeichen, die Salomo giebet, kund gemachet, wenn er<lb/> ſaget: <hi rendition="#fr">Wo ſind rothe Augen? Wo ſind Wunden ohne<lb/> Urſache? Nemlich, wo man beym Wein liegt, nnd koͤmmt<lb/> auszuſauffen, was eingeſchenckt iſt,</hi> Spruͤchw. 23, 29.<lb/> Alſo mag man gleichfals ſprechen: <hi rendition="#fr">Wo ſind magere<lb/> Geſichter? Wo ſind verfaulte Gebeine? Wo<lb/> ſind garſtige Kranckheiten? Wo man ſeinen<lb/> unordentlichen Begierden weder Ziel noch Maaß<lb/> vorzuſchreiben weiß.</hi> Sind dieſes nicht die Leute, von wel-<lb/> chen ich rede? Sie moͤgen ſich dieſes zu ihrer Warnung die-<lb/> nen laſſen. ‒ ‒ ‒ Jch koͤnnte auch einige lebendige Exempel<lb/> der gedachten Unmaͤßigkeit| anfuͤhren, welche die aͤuſſerſte<lb/> Schande erlebet haben, denen ihre krancken Leiber, ſchmer-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">tzende</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [205/0225]
Betrachtung der Unreinigkeit.
wiſſen ihre Jahrszeiten, und folgen der Natur, wie ſie die-
ſelbe leitet. Sie ſind keuſch und eingezogen, wenn der na-
tuͤrliche Trieb aufhoͤret: hitzig und grimmig, wenn die ani-
maliſchen Geiſter wieder rege werden. Mit einem Wort
ſie ſtellen ſich dar, wenn es die Natur befihlet, und eher
nicht. Der Menſch aber, der ungezaͤhmte Menſch, den we-
der die Geſetze GOttes, noch die Geſetze der Natur baͤndigen
koͤnnen, laͤſſet ſeinen verderbten Neigungen den Zuͤgel ſchieſ-
ſen, und unterwirft die Natur, die Vernunft, ja die Re-
ligion ſelbſt, einer unordentlichen und ungeſtuͤmen Reitzung.
Sein Verſtand wird von ſeinem Willen, und ſein Wille von
ſeinem Laſter regieret. Die viehiſche Begierde tyranniſiret
uͤber den Menſchen, und ſeine Vernunft wird von ſeinen aͤuſ-
lichen Sinnen beherrſchet. ‒ ‒ ‒ ‒ Wenn die Wuth
ſeiner Neigung durch die muntern Geiſter ſeiner Jugend
rege gemacht wird: ſo ſteiget dieſelbe zu einem ungemein
hohen Grad, und iſt kein Aufhoͤren. Sie wird durch die na-
tuͤrliche Ausleerung nicht geloͤſchet: ſondern er bleibet immer
bey ſeiner Unſinnigkeit, und weiß weder Maaß noch Ziel.
Es iſt umſonſt, daß ihn GOtt mit Vernunft begabet hat, um
ſich derſelben zum Leitſtern ſeines Lebens, zur Regiererin ſei-
ner Neigungen, und zur Beherrſcherin ſeiner Leidenſchaften
zu bedienen. Wenn ſeine verderbte Neigung einmal die
Herrſchaft behaͤlt: ſo iſt ſie einem hartmaͤuligen Pferde gleich,
das kein Gebiß fuͤhlet, keine Zucht annimmt, und ſich von
nichts als ſeinem eigenen tollen Kopf regieren laͤſſet.
Ferner p. 520. Diejenige Gerechtigkeit, die an das Licht
bringet, was im Finſtern verborgen iſt, kann das Laſter durch
die Straffe offenbar machen. Und da mag es von iederman,
der es anſiehet, mit Schrecken geleſen werden, weil zarte Oh-
ren mit der Beſchreibung nicht geaͤrgert ſeyn wollen. Und
dieſes iſt keine ungewoͤhnliche Zuͤchtigung. Die goͤttliche
Vorſehung befindet oͤfters fuͤr gut, ſich deren zu bedienen.
Die Trunckenheit, ob ſie ſchon noch ſo verborgen iſt, wird durch
die Kennzeichen, die Salomo giebet, kund gemachet, wenn er
ſaget: Wo ſind rothe Augen? Wo ſind Wunden ohne
Urſache? Nemlich, wo man beym Wein liegt, nnd koͤmmt
auszuſauffen, was eingeſchenckt iſt, Spruͤchw. 23, 29.
Alſo mag man gleichfals ſprechen: Wo ſind magere
Geſichter? Wo ſind verfaulte Gebeine? Wo
ſind garſtige Kranckheiten? Wo man ſeinen
unordentlichen Begierden weder Ziel noch Maaß
vorzuſchreiben weiß. Sind dieſes nicht die Leute, von wel-
chen ich rede? Sie moͤgen ſich dieſes zu ihrer Warnung die-
nen laſſen. ‒ ‒ ‒ Jch koͤnnte auch einige lebendige Exempel
der gedachten Unmaͤßigkeit| anfuͤhren, welche die aͤuſſerſte
Schande erlebet haben, denen ihre krancken Leiber, ſchmer-
tzende
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |