Santa Clara, Abraham a: Mercks Wienn/ Das ist : Deß wütenden Todts Ein umständige Beschreibung. Wien, 1680.Mercks Wienn. aus Zwang der übermässigen Lieb selbiges unver-wendlich anblicket/ und wie sich diese Himmels- Fackel wendet/ also wendet sich gleichförmig diese Blum/ ja wann solche an statt der Blätter Flü- gel hätte/ glaubte ich ungezweiffelt/ daß sie schnell eyfferig wurde hinauf fliegen zu diesem gul- denen Schatz/ wann nun die Sonn untergehet/ und ihre schönste Strahlen unter die Erd fallen/ so vermuthest du etwan/ als erlösche gleichmässig die Lieb dieser Blumen? Nein/ nein/ sondern nicht ohne Verwunderung ist zu sehen/ wie die Blum vor lauter Traurigkeit die gelbe Blätter zusammen zie- het/ das goldfarbe Angesicht halben Theil ver- hüllt/ und mit geneigtem Haupt gegen der Erden schauet/ wo das Liebste verborgen. Von dieser Sonnen-Blum kanst und solst Ob N 3
Mercks Wienn. aus Zwang der uͤbermaͤſſigen Lieb ſelbiges unver-wendlich anblicket/ und wie ſich dieſe Himmels- Fackel wendet/ alſo wendet ſich gleichfoͤrmig dieſe Blum/ ja wann ſolche an ſtatt der Blaͤtter Fluͤ- gel haͤtte/ glaubte ich ungezweiffelt/ daß ſie ſchnell eyfferig wurde hinauf fliegen zu dieſem gul- denen Schatz/ wann nun die Sonn untergehet/ und ihre ſchoͤnſte Strahlen unter die Erd fallen/ ſo vermutheſt du etwan/ als erloͤſche gleichmaͤſſig die Lieb dieſer Blumen? Nein/ nein/ ſondern nicht ohne Verwunderung iſt zu ſehen/ wie die Blum vor lauter Traurigkeit die gelbe Blaͤtter zuſammen zie- het/ das goldfarbe Angeſicht halben Theil ver- huͤllt/ und mit geneigtem Haupt gegen der Erden ſchauet/ wo das Liebſte verborgen. Von dieſer Sonnen-Blum kanſt und ſolſt Ob N 3
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0205" n="189[195]"/><fw place="top" type="header">Mercks Wienn.</fw><lb/> aus Zwang der uͤbermaͤſſigen Lieb ſelbiges unver-<lb/> wendlich anblicket/ und wie ſich dieſe Himmels-<lb/> Fackel wendet/ alſo wendet ſich gleichfoͤrmig dieſe<lb/> Blum/ ja wann ſolche an ſtatt der Blaͤtter Fluͤ-<lb/> gel haͤtte/ glaubte ich ungezweiffelt/ daß ſie<lb/> ſchnell eyfferig wurde hinauf fliegen zu dieſem gul-<lb/> denen Schatz/ wann nun die Sonn untergehet/<lb/> und ihre ſchoͤnſte Strahlen unter die Erd fallen/<lb/> ſo vermutheſt du etwan/ als erloͤſche gleichmaͤſſig<lb/> die Lieb dieſer Blumen? Nein/ nein/ ſondern nicht<lb/> ohne Verwunderung iſt zu ſehen/ wie die Blum vor<lb/> lauter Traurigkeit die gelbe Blaͤtter zuſammen zie-<lb/> het/ das goldfarbe Angeſicht halben Theil ver-<lb/> huͤllt/ und mit geneigtem Haupt gegen der Erden<lb/> ſchauet/ wo das Liebſte verborgen.</p><lb/> <p>Von dieſer Sonnen-Blum kanſt und ſolſt<lb/> billig mein Wienner ein heilſame Lehr ſchoͤpffen;<lb/> Gedencke/ daß du dieſen und dieſe Verwandte ge-<lb/> liebt haſt uͤber alles/ gedenke/ daß dero Geſell-<lb/> ſchafft dir ein einige Erquickung geweſt iſt/ ge-<lb/> dencke/ daß dero Gutthaten in Magnets-Kraͤff-<lb/> ten dein Hertz gezogen/ weil aber dieſe durch den<lb/> wuͤtenden Todt ſeynd unter die Erd gerathen/<lb/> alſo laſſe fein dein vorgehabte Lieb und Treu noch<lb/> nicht erloͤſchen/ ſondern wende mit der Sonnen-<lb/> Wend dein Angeſicht zu der Erden/ in dero/<lb/> unter dero dein verſtorbener Vatter/ Mutter/<lb/> Schweſter und Anverwandte liegen/ ſchencke und<lb/> ſchicke ihnen ein heiliges Allmoſen/ ein heilige<lb/> Communion/ ein heiligen Roſen-Krantz/ forderſt<lb/> ein heilige Meß/ damit ſie die Krafft deren aus<lb/> dem peinlichen Fegfeuer deſto ehender die Seelig-<lb/> keit erreichen.</p><lb/> <fw place="bottom" type="sig">N 3</fw> <fw place="bottom" type="catch">Ob</fw><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [189[195]/0205]
Mercks Wienn.
aus Zwang der uͤbermaͤſſigen Lieb ſelbiges unver-
wendlich anblicket/ und wie ſich dieſe Himmels-
Fackel wendet/ alſo wendet ſich gleichfoͤrmig dieſe
Blum/ ja wann ſolche an ſtatt der Blaͤtter Fluͤ-
gel haͤtte/ glaubte ich ungezweiffelt/ daß ſie
ſchnell eyfferig wurde hinauf fliegen zu dieſem gul-
denen Schatz/ wann nun die Sonn untergehet/
und ihre ſchoͤnſte Strahlen unter die Erd fallen/
ſo vermutheſt du etwan/ als erloͤſche gleichmaͤſſig
die Lieb dieſer Blumen? Nein/ nein/ ſondern nicht
ohne Verwunderung iſt zu ſehen/ wie die Blum vor
lauter Traurigkeit die gelbe Blaͤtter zuſammen zie-
het/ das goldfarbe Angeſicht halben Theil ver-
huͤllt/ und mit geneigtem Haupt gegen der Erden
ſchauet/ wo das Liebſte verborgen.
Von dieſer Sonnen-Blum kanſt und ſolſt
billig mein Wienner ein heilſame Lehr ſchoͤpffen;
Gedencke/ daß du dieſen und dieſe Verwandte ge-
liebt haſt uͤber alles/ gedenke/ daß dero Geſell-
ſchafft dir ein einige Erquickung geweſt iſt/ ge-
dencke/ daß dero Gutthaten in Magnets-Kraͤff-
ten dein Hertz gezogen/ weil aber dieſe durch den
wuͤtenden Todt ſeynd unter die Erd gerathen/
alſo laſſe fein dein vorgehabte Lieb und Treu noch
nicht erloͤſchen/ ſondern wende mit der Sonnen-
Wend dein Angeſicht zu der Erden/ in dero/
unter dero dein verſtorbener Vatter/ Mutter/
Schweſter und Anverwandte liegen/ ſchencke und
ſchicke ihnen ein heiliges Allmoſen/ ein heilige
Communion/ ein heiligen Roſen-Krantz/ forderſt
ein heilige Meß/ damit ſie die Krafft deren aus
dem peinlichen Fegfeuer deſto ehender die Seelig-
keit erreichen.
Ob
N 3
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |