Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.Von der Brüderlichen Liebe. sten betriegen/ wie auch dich selbsten. Hierauß haben wir ab-zunehmen/ daß der jenige der sich nicht liebet mit einer ordentlicher Lieb/ auch nicht wisse zu lieben seinen Nächsten; dann der sich selbst untreu ist/ wem wird der treu seyn? diese ist nun die erste Regel/ nach der wir unsere Lieb zu richten haben. 2. Neben dieser aber hat uns Christus ein andere hinterlassen/ folgen- Hei-
Von der Bruͤderlichen Liebe. ſten betriegen/ wie auch dich ſelbſten. Hierauß haben wir ab-zunehmen/ daß der jenige der ſich nicht liebet mit einer ordentlicher Lieb/ auch nicht wiſſe zu lieben ſeinen Naͤchſten; dann der ſich ſelbſt untreu iſt/ wem wird der treu ſeyn? dieſe iſt nun die erſte Regel/ nach der wir unſere Lieb zu richten haben. 2. Neben dieſer aber hat uns Chriſtus ein andere hinterlaſſen/ folgen- Hei-
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Von der Bruͤderlichen Liebe.
ſten betriegen/ wie auch dich ſelbſten. Hierauß haben wir ab-
zunehmen/ daß der jenige der ſich nicht liebet mit einer ordentlicher Lieb/ auch
nicht wiſſe zu lieben ſeinen Naͤchſten; dann der ſich ſelbſt untreu iſt/ wem
wird der treu ſeyn? dieſe iſt nun die erſte Regel/ nach der wir unſere Lieb zu
richten haben.
2. Neben dieſer aber hat uns Chriſtus ein andere hinterlaſſen/ folgen-
den Jnnhalts: Jch gebe euch ein neues Gebott/ daß ihr euch
untereinander liebet/ wie ich euch geliebt hab. Auß dem
wir ſchlieſſen/ daß gleich wie uns Chriſtus freywillig geliebt/ und ohne eini-
ge Vergeltung uns ſeine himmliſche Lehr hat mitgetheilt; auß dem Wuſt
der Suͤnden her außgezogen; dieſelbige uns vergeben/ und unſere Schmer-
tzen und Schwachheit der Seelen biß zum Todt deß Creutzes uͤber ſich ge-
nommen: wir alſo/ nicht auß Liebe der Begierlichkeit/ welche den eigenen
Nutzen ſuchet ſondern auß Liebe der Freundſchafft/ ſo da eifferet den Vor-
theil deß Naͤchſtens/ einander lieben ſollen: nemblich wir ſollen allen und
jeden/ ſo wohl die Guͤter der Gnaden als der Glory von Hertzen goͤnnen/
wuͤnſchen/ auch unſern Kraͤfften gemaͤß zu erwerben uns befleiſſen: wir
ſollen unſeres Naͤchſten Laſt auff uns nehmen und tragen; die ſuͤndhaffte
Menſchen nichr verwerffen; ſondern theils durchs Gebett/ theils durch
liebliche Ermahnungen zur Buß auffmunteren/ und mit denenſelben ein
hertzliches Mitleyden tragen. Alſo hat der Heil. Apoſtel Paulus ſeinen
Naͤchſten geliebet/ wie er ſelbſt bezeuget: Jch trage groſſe Trau-
rigkeit und ſteten Schmertzen in meinem Hertzen/ dann
ich wůnſche mir ſelbſt verbannet zu ſeyn von Chriſto fůr
meine Brůder. Und an einem anderen Ort: Wer wird ſchwach/
und ich werde nicht ſchwach: wer wird geaͤrgert und ich
brenne nicht? Dieſem vornehmſten Lehrer der Heyden weichet nicht in
der Bruͤderlichen Liebe Moyſes der groſſe Diener GOttes/ der ſeinen Naͤch-
ſten alſo liebte/ daß er zum HErrn ſagen dorffte: Entweder verzeyhe
ihnen dieſe ůbelthat/ oder tilge mich auß dem Buch deß
Lebens. Das wahren rechte Liebhaber deß Naͤchſtens. Wir finden aber
noch viel andre Heiligen/ welche ſich euſſerigſt bemuͤhet/ ihren Naͤchſten durch
die Liebe zu gewinnen. Weilen nun dieſe alle herbeyzubringen ſichs nicht ge-
zimmet; als wollen wir vor dießmahl erzehlen die heroiſche That deß Heil.
Jgnatii/ Stifftern der Societaͤt JCſu. Es ware in der Stadt Pariß zu Zeiten
dieſes Heil. Manns ein ſicherer Menſch/ welcher ſich mit dem Strick der un-
ziemlicher Liebe an ein loſe Fidel ſo ſtarck verbunden/ daß der obgemeldte
Hei-
Rom. 9.
v. 3.
2.Cor. 11.
v. 29.
Exod. 32.
v. 31.
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