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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Die Fünff und Fünfftzigste Geistliche Lection

5. Zu dessen mehrer Bekräfftigung dienet ein ander Ort der heiligen
Schrifft. Jm alten Testament hatte GOtt befohlen/ daß ihm alle Erst-
Geburt/ so wohl von Menschen als Viehe zum Opffer solte geschlach-
Exod. 13.
v.
13.
tet werden: den Esel allein hat er auffm Altar nicht haben wollen. Die
Erst-Geburt deß Esels/
sagt GOtt/ solstu mit einem
Schaaff verwechßlen.
Ob wohl nun die heilige Dolmetscher
hierüber viellerhand Ursachen vorbringen/ so dienet doch diese zu unserm
Vorhaben am besten; daß nemblich durch die Esel die jenige verstanden
werden/ so da zwarn wohl anfangen/ in der Mitten deß Weegs aber
ermüdet werden und erligen: zumahlen man im gemeinen Sprichwort
sagt: Ein Esel laufft nicht lang. Diese verwirfft dann GOtt/
und hat von selbigen ein Abscheuen. Werffe derhalben/ mein Christliche
Seel/ alle Faul- und Trägheit von dir hinweg/ verlasse die Eigenschafft
deß Esels/ und nehme die Natur der Hirschen an; seye hurtig und un-
verdrossen im Dienst GOttes/ wann du demselben zu einem angenehmen
Opffer wilst geschlachtet werden. Dahero ermahnet dich billig der heilige
Lib. 1.
Sinon. in
fine.
Jsidorus und sagt: Stehe vest in der Gedult/ daß from-
me Leben/ so du hast angefangen/ verlasse nicht; deinen
gemachten guten Vorsatz/ und gethanes versprechen halte
biß zum End: seelig bistu/ wann du im guten verbleiben
wirst: selig bistu/ wann du beständiglich verharren wirst:
Das Heyl wird versprochen den Anfangenden; der Lohn

Ps. 105. v. 3aber wird den verharrenden gegeben. Selig seynd/ die
das Gerichte bewahren/ und thuen/ was recht ist zu al-
ler. Zeit.
Der ist nicht glückselig/ der Guts gethan hat; sondern der
Guts thut zu aller Zeit.

6. N[e]hme auch wohl in obacht die folgende Lehr deß H. Hieronimi: Wir
in Cap.
27.
Ezech.
werden nicht/ sagt er/ über die vergangene/ sondern
uber die gegenwärtige Dinge gerichtet werden. Behut-
samb/ behutsamb/ und forchtsamb solstu seyn/ auff
daß deine alte/ mit grosser Mühe erworbene Herr-
ligkeit/ und veste Stetigkeit im Guten/ die Wäl-
len einer eintzigen Stunden nicht zu Boden werffen.

O wie viele haben gehabt ansehnliche Eingäng/ und hergegen schändliche
Außgäng! Henricus der achte/ König in Engelland/ hat mit seiner eigenen

Hand
Die Fuͤnff und Fuͤnfftzigſte Geiſtliche Lection

5. Zu deſſen mehrer Bekraͤfftigung dienet ein ander Ort der heiligen
Schrifft. Jm alten Teſtament hatte GOtt befohlen/ daß ihm alle Erſt-
Geburt/ ſo wohl von Menſchen als Viehe zum Opffer ſolte geſchlach-
Exod. 13.
v.
13.
tet werden: den Eſel allein hat er auffm Altar nicht haben wollen. Die
Erſt-Geburt deß Eſels/
ſagt GOtt/ ſolſtu mit einem
Schaaff verwechßlen.
Ob wohl nun die heilige Dolmetſcher
hieruͤber viellerhand Urſachen vorbringen/ ſo dienet doch dieſe zu unſerm
Vorhaben am beſten; daß nemblich durch die Eſel die jenige verſtanden
werden/ ſo da zwarn wohl anfangen/ in der Mitten deß Weegs aber
ermuͤdet werden und erligen: zumahlen man im gemeinen Sprichwort
ſagt: Ein Eſel laufft nicht lang. Dieſe verwirfft dann GOtt/
und hat von ſelbigen ein Abſcheuen. Werffe derhalben/ mein Chriſtliche
Seel/ alle Faul- und Traͤgheit von dir hinweg/ verlaſſe die Eigenſchafft
deß Eſels/ und nehme die Natur der Hirſchen an; ſeye hurtig und un-
verdroſſen im Dienſt GOttes/ wann du demſelben zu einem angenehmen
Opffer wilſt geſchlachtet werden. Dahero ermahnet dich billig der heilige
Lib. 1.
Sinon. in
fine.
Jſidorus und ſagt: Stehe veſt in der Gedult/ daß from-
me Leben/ ſo du haſt angefangen/ verlaſſe nicht; deinen
gemachten guten Vorſatz/ und gethanes verſprechen halte
biß zum End: ſeelig biſtu/ wann du im guten verbleiben
wirſt: ſelig biſtu/ wann du beſtaͤndiglich verharren wirſt:
Das Heyl wird verſprochen den Anfangenden; der Lohn

Pſ. 105. v. 3aber wird den verharrenden gegeben. Selig ſeynd/ die
das Gerichte bewahren/ und thuen/ was recht iſt zu al-
ler. Zeit.
Der iſt nicht gluͤckſelig/ der Guts gethan hat; ſondern der
Guts thut zu aller Zeit.

6. N[e]hme auch wohl in obacht die folgende Lehr deß H. Hieronimi: Wir
in Cap.
27.
Ezech.
werden nicht/ ſagt er/ über die vergangene/ ſondern
ůber die gegenwaͤrtige Dinge gerichtet werden. Behut-
ſamb/ behutſamb/ und forchtſamb ſolſtu ſeyn/ auff
daß deine alte/ mit groſſer Mühe erworbene Herr-
ligkeit/ und veſte Stetigkeit im Guten/ die Waͤl-
len einer eintzigen Stunden nicht zu Boden werffen.

O wie viele haben gehabt anſehnliche Eingaͤng/ und hergegen ſchaͤndliche
Außgaͤng! Henricus der achte/ Koͤnig in Engelland/ hat mit ſeiner eigenen

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[252[752]/0780] Die Fuͤnff und Fuͤnfftzigſte Geiſtliche Lection 5. Zu deſſen mehrer Bekraͤfftigung dienet ein ander Ort der heiligen Schrifft. Jm alten Teſtament hatte GOtt befohlen/ daß ihm alle Erſt- Geburt/ ſo wohl von Menſchen als Viehe zum Opffer ſolte geſchlach- tet werden: den Eſel allein hat er auffm Altar nicht haben wollen. Die Erſt-Geburt deß Eſels/ ſagt GOtt/ ſolſtu mit einem Schaaff verwechßlen. Ob wohl nun die heilige Dolmetſcher hieruͤber viellerhand Urſachen vorbringen/ ſo dienet doch dieſe zu unſerm Vorhaben am beſten; daß nemblich durch die Eſel die jenige verſtanden werden/ ſo da zwarn wohl anfangen/ in der Mitten deß Weegs aber ermuͤdet werden und erligen: zumahlen man im gemeinen Sprichwort ſagt: Ein Eſel laufft nicht lang. Dieſe verwirfft dann GOtt/ und hat von ſelbigen ein Abſcheuen. Werffe derhalben/ mein Chriſtliche Seel/ alle Faul- und Traͤgheit von dir hinweg/ verlaſſe die Eigenſchafft deß Eſels/ und nehme die Natur der Hirſchen an; ſeye hurtig und un- verdroſſen im Dienſt GOttes/ wann du demſelben zu einem angenehmen Opffer wilſt geſchlachtet werden. Dahero ermahnet dich billig der heilige Jſidorus und ſagt: Stehe veſt in der Gedult/ daß from- me Leben/ ſo du haſt angefangen/ verlaſſe nicht; deinen gemachten guten Vorſatz/ und gethanes verſprechen halte biß zum End: ſeelig biſtu/ wann du im guten verbleiben wirſt: ſelig biſtu/ wann du beſtaͤndiglich verharren wirſt: Das Heyl wird verſprochen den Anfangenden; der Lohn aber wird den verharrenden gegeben. Selig ſeynd/ die das Gerichte bewahren/ und thuen/ was recht iſt zu al- ler. Zeit. Der iſt nicht gluͤckſelig/ der Guts gethan hat; ſondern der Guts thut zu aller Zeit. Exod. 13. v. 13. Lib. 1. Sinon. in fine. Pſ. 105. v. 3 6. Nehme auch wohl in obacht die folgende Lehr deß H. Hieronimi: Wir werden nicht/ ſagt er/ über die vergangene/ ſondern ůber die gegenwaͤrtige Dinge gerichtet werden. Behut- ſamb/ behutſamb/ und forchtſamb ſolſtu ſeyn/ auff daß deine alte/ mit groſſer Mühe erworbene Herr- ligkeit/ und veſte Stetigkeit im Guten/ die Waͤl- len einer eintzigen Stunden nicht zu Boden werffen. O wie viele haben gehabt anſehnliche Eingaͤng/ und hergegen ſchaͤndliche Außgaͤng! Henricus der achte/ Koͤnig in Engelland/ hat mit ſeiner eigenen Hand in Cap. 27. Ezech.

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 252[752]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/780>, abgerufen am 22.11.2024.