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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Die Vier und Fünfftzigste Geistliche Lection
weilen auß einer unzimblichen Begierlichkeit deß Hertzen/ bißweilen auch auß
der widerspännigkeit deß Fleisches entstehet; so must du einer jeden ihrer Be-
schaffenheit gemäß vorkommen: als nemlich der eusserlichen Neigung durch die
eusserliche Abtödtung; und der innerliche/ durch die innerliche Mortification.

Zum andern: Wann du vermerckest/ daß du vielen bösen Neigungen
unterworffen seyest: so sehe zu/ welcher du zum mehresten seyest zugethan; oder
welche unter andern am gefährlichsten seye: selbige suche vor andern nicht auff
einmahl/ sondern vor und nach zu dämpffen/ so lang/ biß du von selbiger bösen
Neigung keinen Uberlast mehr leidest: Von dieser schreite zu der andern/ und
also fortan/ biß du alles Unkraut außgerautet habest.

Zum dritten: Müssen die alte Schaden oder Anmuthungen der See-
len/ so sich ihrem Wirth/ nemblich dem Geist offt widersetzen/ durch solche
Ubungen getödtet werden/ die denselben gerad zu wider seynd: als zum Exem-
pel/ der zum Zorn geneigt ist/ muß sich als dan zum meisten üben in der Sanfft-
muth/ wann empflndet/ daß er zum Zorn am hefftigsten angereitzet wird. Der
dem Fraaß ist zugethan/ muß sich als dann fürm Uberfluß am mehristen hü-
ten/ wann ihn der unordentliche Appetit am stärckesten anfechtet: und solche
Beschaffenheit hat es mit den übrigen. Andere böse Anmuthungen/ so den
Menschen/ der sich zur Vollkommenheit zu bequemen suchet/ seltener anfech-
ten/ oder die man vermeinet/ daß durch langwirige Ubung der Mortification
gehemmet seyn/ müssen zur Vorsorg/ damit sie nicht widerumb lebendig wer-
den/ verbannet werden durch Entziehung einiger/ auch zulässiger Dingen:
dann der sich vonden zulässigen Sachen zu Zeiten enthaltet/ der wird sich in
den unzulässigen Dingen nicht leichtlich vergreiffen: als nemblich/ wann ei-
ner seine Augen also im Zaum haltet/ daß/ ob er schon zulässige Sachen könne
anschauen/ wolle aber seine Augen darzu nicht erheben auß Liebe Gottes/ oder
der allerseligsten Jungfrauen: dieser wird nicht bald in die schädliche Neu-
schierigkeit der Augen fallen/ daß er verlange zu sehen/ was nicht zulässig ist:
eben selbiges kan auch von andern gesagt werden.

Zum vierten: Beobachte/ daß/ wann du schwacher Naturen bist/ und
empfindest mit dem H. Hietonymo, daß auch der schwache Leib dem Geist zu
Zeiten widerspännig werde; so wirst du zwarn wohl thun/ daß du bißweilen
einige eusserliche Abtödtungen zu Untertruckung deß Fleisches gebrauchest:
du must aber hierin dich grosser Bescheidenheit befleissen/ auff daß du den elen-
den Leib nicht mehr schwächest/ und gar krafftloß machest zu dem/ daß du dei-
nem Stand gemäß zu verrichten schuldig bist: wie einigen unbehutsamen
Geistlichen zu widerfahren pfleget/ welche zum Anfang ihrer Bekehrung/ oh-

ne

Die Vier und Fuͤnfftzigſte Geiſtliche Lection
weilen auß einer unzimblichen Begierlichkeit deß Hertzen/ bißweilen auch auß
der widerſpaͤnnigkeit deß Fleiſches entſtehet; ſo muſt du einer jeden ihrer Be-
ſchaffenheit gemaͤß vorkom̃en: als nemlich der euſſerlichen Neigung durch die
euſſerliche Abtoͤdtung; und der innerlichè/ durch die innerliche Mortification.

Zum andern: Wann du vermerckeſt/ daß du vielen boͤſen Neigungen
unterworffen ſeyeſt: ſo ſehe zu/ welcher du zum mehreſten ſeyeſt zugethan; oder
welche unter andern am gefaͤhrlichſten ſeye: ſelbige ſuche vor andern nicht auff
einmahl/ ſondern vor und nach zu daͤmpffen/ ſo lang/ biß du von ſelbiger boͤſen
Neigung keinen Uberlaſt mehr leideſt: Von dieſer ſchreite zu der andern/ und
alſo fortan/ biß du alles Unkraut außgerautet habeſt.

Zum dritten: Muͤſſen die alte Schaden oder Anmuthungen der See-
len/ ſo ſich ihrem Wirth/ nemblich dem Geiſt offt widerſetzen/ durch ſolche
Ubungen getoͤdtet werden/ die denſelben gerad zu wider ſeynd: als zum Exem-
pel/ der zum Zorn geneigt iſt/ muß ſich als dan zum meiſten uͤben in der Sanfft-
muth/ wann empflndet/ daß er zum Zorn am hefftigſten angereitzet wird. Der
dem Fraaß iſt zugethan/ muß ſich als dann fuͤrm Uberfluß am mehriſten huͤ-
ten/ wann ihn der unordentliche Appetit am ſtaͤrckeſten anfechtet: und ſolche
Beſchaffenheit hat es mit den uͤbrigen. Andere boͤſe Anmuthungen/ ſo den
Menſchen/ der ſich zur Vollkommenheit zu bequemen ſuchet/ ſeltener anfech-
ten/ oder die man vermeinet/ daß durch langwirige Ubung der Mortification
gehemmet ſeyn/ muͤſſen zur Vorſorg/ damit ſie nicht widerumb lebendig wer-
den/ verbannet werden durch Entziehung einiger/ auch zulaͤſſiger Dingen:
dann der ſich vonden zulaͤſſigen Sachen zu Zeiten enthaltet/ der wird ſich in
den unzulaͤſſigen Dingen nicht leichtlich vergreiffen: als nemblich/ wann ei-
ner ſeine Augen alſo im Zaum haltet/ daß/ ob er ſchon zulaͤſſige Sachen koͤnne
anſchauen/ wolle aber ſeine Augen darzu nicht erheben auß Liebe Gottes/ oder
der allerſeligſten Jungfrauen: dieſer wird nicht bald in die ſchaͤdliche Neu-
ſchierigkeit der Augen fallen/ daß er verlange zu ſehen/ was nicht zulaͤſſig iſt:
eben ſelbiges kan auch von andern geſagt werden.

Zum vierten: Beobachte/ daß/ wann du ſchwacher Naturen biſt/ und
empfindeſt mit dem H. Hietonymo, daß auch der ſchwache Leib dem Geiſt zu
Zeiten widerſpaͤnnig werde; ſo wirſt du zwarn wohl thun/ daß du bißweilen
einige euſſerliche Abtoͤdtungen zu Untertruckung deß Fleiſches gebraucheſt:
du muſt aber hierin dich groſſer Beſcheidenheit befleiſſen/ auff daß du den elen-
den Leib nicht mehr ſchwaͤcheſt/ und gar krafftloß macheſt zu dem/ daß du dei-
nem Stand gemaͤß zu verrichten ſchuldig biſt: wie einigen unbehutſamen
Geiſtlichen zu widerfahren pfleget/ welche zum Anfang ihrer Bekehrung/ oh-

ne
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[726/0754] Die Vier und Fuͤnfftzigſte Geiſtliche Lection weilen auß einer unzimblichen Begierlichkeit deß Hertzen/ bißweilen auch auß der widerſpaͤnnigkeit deß Fleiſches entſtehet; ſo muſt du einer jeden ihrer Be- ſchaffenheit gemaͤß vorkom̃en: als nemlich der euſſerlichen Neigung durch die euſſerliche Abtoͤdtung; und der innerlichè/ durch die innerliche Mortification. Zum andern: Wann du vermerckeſt/ daß du vielen boͤſen Neigungen unterworffen ſeyeſt: ſo ſehe zu/ welcher du zum mehreſten ſeyeſt zugethan; oder welche unter andern am gefaͤhrlichſten ſeye: ſelbige ſuche vor andern nicht auff einmahl/ ſondern vor und nach zu daͤmpffen/ ſo lang/ biß du von ſelbiger boͤſen Neigung keinen Uberlaſt mehr leideſt: Von dieſer ſchreite zu der andern/ und alſo fortan/ biß du alles Unkraut außgerautet habeſt. Zum dritten: Muͤſſen die alte Schaden oder Anmuthungen der See- len/ ſo ſich ihrem Wirth/ nemblich dem Geiſt offt widerſetzen/ durch ſolche Ubungen getoͤdtet werden/ die denſelben gerad zu wider ſeynd: als zum Exem- pel/ der zum Zorn geneigt iſt/ muß ſich als dan zum meiſten uͤben in der Sanfft- muth/ wann empflndet/ daß er zum Zorn am hefftigſten angereitzet wird. Der dem Fraaß iſt zugethan/ muß ſich als dann fuͤrm Uberfluß am mehriſten huͤ- ten/ wann ihn der unordentliche Appetit am ſtaͤrckeſten anfechtet: und ſolche Beſchaffenheit hat es mit den uͤbrigen. Andere boͤſe Anmuthungen/ ſo den Menſchen/ der ſich zur Vollkommenheit zu bequemen ſuchet/ ſeltener anfech- ten/ oder die man vermeinet/ daß durch langwirige Ubung der Mortification gehemmet ſeyn/ muͤſſen zur Vorſorg/ damit ſie nicht widerumb lebendig wer- den/ verbannet werden durch Entziehung einiger/ auch zulaͤſſiger Dingen: dann der ſich vonden zulaͤſſigen Sachen zu Zeiten enthaltet/ der wird ſich in den unzulaͤſſigen Dingen nicht leichtlich vergreiffen: als nemblich/ wann ei- ner ſeine Augen alſo im Zaum haltet/ daß/ ob er ſchon zulaͤſſige Sachen koͤnne anſchauen/ wolle aber ſeine Augen darzu nicht erheben auß Liebe Gottes/ oder der allerſeligſten Jungfrauen: dieſer wird nicht bald in die ſchaͤdliche Neu- ſchierigkeit der Augen fallen/ daß er verlange zu ſehen/ was nicht zulaͤſſig iſt: eben ſelbiges kan auch von andern geſagt werden. Zum vierten: Beobachte/ daß/ wann du ſchwacher Naturen biſt/ und empfindeſt mit dem H. Hietonymo, daß auch der ſchwache Leib dem Geiſt zu Zeiten widerſpaͤnnig werde; ſo wirſt du zwarn wohl thun/ daß du bißweilen einige euſſerliche Abtoͤdtungen zu Untertruckung deß Fleiſches gebraucheſt: du muſt aber hierin dich groſſer Beſcheidenheit befleiſſen/ auff daß du den elen- den Leib nicht mehr ſchwaͤcheſt/ und gar krafftloß macheſt zu dem/ daß du dei- nem Stand gemaͤß zu verrichten ſchuldig biſt: wie einigen unbehutſamen Geiſtlichen zu widerfahren pfleget/ welche zum Anfang ihrer Bekehrung/ oh- ne

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 726. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/754>, abgerufen am 03.12.2024.