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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Die Ein und Füntzigste Geistliche Lection
dunckel und unvollkommen/ durch welchen unser GOtt uns wird vorgestel-
let; also ist GOtt im Himmel droben wie ein allerschonster und allerhelle-
ster vollkommenster Spiegel/ so da in einem eintzigen Anblick den Außer-
wählten alle Fürtreffligkeiten und Eigenschafften aller erschaffenen Dinge
viel besser und vollkommener zeigt/ als sie in denselbigen von uns können ge-
funden werden. Weiters werden die tieffe und verborgene Geheimnuß
GOttes/ so von den allerweisesten und klugesten Menschen alhier nicht ha-
ben mögen durchforschet werden/ von den himmlischen Einwohnern klär-
lich gesehen werden/ daß also derselben grosse Begierden erfüllet werden.
Dort wirstu sehen/ auff was für eine Weiß der Himmel mit so vielen und
grossen Lichtern enttzündet/ und wie alles so ordentlich eingerichtet seye/ und
so wunderbarlich zusammen stimme.

8. Daselbst wirstu sehen die allerweiseste und wunderbarligste Unterschei-
dung und Schönheit der neun Chör der Engelen/ und wie selbige in drey himm-
lische Schaaren vertheilt seyn. Alda wir stu sehen/ wie alle natürliche Gnaden
also von dem ersten Ursprung und immerfliessenden Brunnen hergenommen
werden/ und in die erschaffene Dinge fliessen/ daß sie von ihrem Brunnen nit
abgesondert werden; Sondern wie ein Bächlein in seinem Fluß/ also in
GOtt gantz und zumahlen bestehen/ und als in einem Licht/ daß sich andern
mittheilt/ und denselben zum besten sich vertheilet/ und derohalben doch
keinen Mangel noch Schaden leydet/ weder auch einiges Nutzen sich rüh-
men kan. Du wirst erfahren/ wie alle Gaben GOttes immer frisch und
neu seyen/ daß in selbigen gar kein Unterscheid der Zeit seye/ weder der ge-
genwärtigen/ weder der verflossenen noch künfftigen; sondern eine bestän-
dige Ewigkeit/ und eine gegenwärtige Zeit ohne Zeit. Du wirst sehen/ daß
Gott ein einfältiges unveränderliches und unzertheiliges höchstes Gut seye/
dessen einige mehr/ einige aber weniger theilhafftig werden/ gleich der Son-
nen/ so da bald mehr/ bald weniger ihr Liecht und Hitze nach Beschaffenheit
der vorgestalten Sachen mittheilet. Dort wirst vermercken/ wie die Werck der
Gerechtigkeit und Barmh vermischt seyen; Jn denen allen Gott seine Ehr und
Lob suchet. Schließlich muß ich dir/ mein Christliche Seel bekennen/ daß auch
alle der Rechen-Kunst erfahrne Liebhaber alles in eine Summ nicht ein-
schliessen können/ was die Außerwöhlte in Gott sehen: Kein wohlredender
Prediger wird dir jemahl mit allen seinen zierlichsten und kräfftigsten Wor-
ten dieselbe alle außlegen mögen; Kein Verstand wird diese Ding immer
alle fassen können/ so doch die Seligen im Himmel durch ein einfältige
und unaußsprechliche Anschauung begreiffen. Hierauß erwachset eine so

in-

Die Ein und Fuͤntzigſte Geiſtliche Lection
dunckel und unvollkommen/ durch welchen unſer GOtt uns wird vorgeſtel-
let; alſo iſt GOtt im Himmel droben wie ein allerſchonſter und allerhelle-
ſter vollkommenſter Spiegel/ ſo da in einem eintzigen Anblick den Außer-
waͤhlten alle Fuͤrtreffligkeiten und Eigenſchafften aller erſchaffenen Dinge
viel beſſer und vollkommener zeigt/ als ſie in denſelbigen von uns koͤnnen ge-
funden werden. Weiters werden die tieffe und verborgene Geheimnuß
GOttes/ ſo von den allerweiſeſten und klugeſten Menſchen alhier nicht ha-
ben moͤgen durchforſchet werden/ von den himmliſchen Einwohnern klaͤr-
lich geſehen werden/ daß alſo derſelben groſſe Begierden erfuͤllet werden.
Dort wirſtu ſehen/ auff was fuͤr eine Weiß der Himmel mit ſo vielen und
groſſen Lichtern enttzuͤndet/ und wie alles ſo ordentlich eingerichtet ſeye/ und
ſo wunderbarlich zuſammen ſtimme.

8. Daſelbſt wirſtu ſehen die allerweiſeſte und wunderbarligſte Unterſchei-
dung und Schoͤnheit der neun Choͤr der Engelen/ und wie ſelbige in drey him̃-
liſche Schaaren vertheilt ſeyn. Alda wir ſtu ſehen/ wie alle natuͤrliche Gnaden
alſo von dem erſten Urſprung und immerflieſſenden Brunnen hergenommen
werden/ und in die erſchaffene Dinge flieſſen/ daß ſie von ihrem Brunnen nit
abgeſondert werden; Sondern wie ein Baͤchlein in ſeinem Fluß/ alſo in
GOtt gantz und zumahlen beſtehen/ und als in einem Licht/ daß ſich andern
mittheilt/ und denſelben zum beſten ſich vertheilet/ und derohalben doch
keinen Mangel noch Schaden leydet/ weder auch einiges Nutzen ſich ruͤh-
men kan. Du wirſt erfahren/ wie alle Gaben GOttes immer friſch und
neu ſeyen/ daß in ſelbigen gar kein Unterſcheid der Zeit ſeye/ weder der ge-
genwaͤrtigen/ weder der verfloſſenen noch kuͤnfftigen; ſondern eine beſtaͤn-
dige Ewigkeit/ und eine gegenwaͤrtige Zeit ohne Zeit. Du wirſt ſehen/ daß
Gott ein einfaͤltiges unveraͤnderliches und unzertheiliges hoͤchſtes Gut ſeye/
deſſen einige mehr/ einige aber weniger theilhafftig werden/ gleich der Son-
nen/ ſo da bald mehr/ bald weniger ihr Liecht und Hitze nach Beſchaffenheit
der vorgeſtalten Sachen mittheilet. Dort wirſt vermercken/ wie die Werck der
Gerechtigkeit und Barmh vermiſcht ſeyen; Jn denen allen Gott ſeine Ehr und
Lob ſuchet. Schließlich muß ich dir/ mein Chriſtliche Seel bekennen/ daß auch
alle der Rechen-Kunſt erfahrne Liebhaber alles in eine Summ nicht ein-
ſchlieſſen koͤnnen/ was die Außerwoͤhlte in Gott ſehen: Kein wohlredender
Prediger wird dir jemahl mit allen ſeinen zierlichſten und kraͤfftigſten Wor-
ten dieſelbe alle außlegen moͤgen; Kein Verſtand wird dieſe Ding immer
alle faſſen koͤnnen/ ſo doch die Seligen im Himmel durch ein einfaͤltige
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[654/0682] Die Ein und Fuͤntzigſte Geiſtliche Lection dunckel und unvollkommen/ durch welchen unſer GOtt uns wird vorgeſtel- let; alſo iſt GOtt im Himmel droben wie ein allerſchonſter und allerhelle- ſter vollkommenſter Spiegel/ ſo da in einem eintzigen Anblick den Außer- waͤhlten alle Fuͤrtreffligkeiten und Eigenſchafften aller erſchaffenen Dinge viel beſſer und vollkommener zeigt/ als ſie in denſelbigen von uns koͤnnen ge- funden werden. Weiters werden die tieffe und verborgene Geheimnuß GOttes/ ſo von den allerweiſeſten und klugeſten Menſchen alhier nicht ha- ben moͤgen durchforſchet werden/ von den himmliſchen Einwohnern klaͤr- lich geſehen werden/ daß alſo derſelben groſſe Begierden erfuͤllet werden. Dort wirſtu ſehen/ auff was fuͤr eine Weiß der Himmel mit ſo vielen und groſſen Lichtern enttzuͤndet/ und wie alles ſo ordentlich eingerichtet ſeye/ und ſo wunderbarlich zuſammen ſtimme. 8. Daſelbſt wirſtu ſehen die allerweiſeſte und wunderbarligſte Unterſchei- dung und Schoͤnheit der neun Choͤr der Engelen/ und wie ſelbige in drey him̃- liſche Schaaren vertheilt ſeyn. Alda wir ſtu ſehen/ wie alle natuͤrliche Gnaden alſo von dem erſten Urſprung und immerflieſſenden Brunnen hergenommen werden/ und in die erſchaffene Dinge flieſſen/ daß ſie von ihrem Brunnen nit abgeſondert werden; Sondern wie ein Baͤchlein in ſeinem Fluß/ alſo in GOtt gantz und zumahlen beſtehen/ und als in einem Licht/ daß ſich andern mittheilt/ und denſelben zum beſten ſich vertheilet/ und derohalben doch keinen Mangel noch Schaden leydet/ weder auch einiges Nutzen ſich ruͤh- men kan. Du wirſt erfahren/ wie alle Gaben GOttes immer friſch und neu ſeyen/ daß in ſelbigen gar kein Unterſcheid der Zeit ſeye/ weder der ge- genwaͤrtigen/ weder der verfloſſenen noch kuͤnfftigen; ſondern eine beſtaͤn- dige Ewigkeit/ und eine gegenwaͤrtige Zeit ohne Zeit. Du wirſt ſehen/ daß Gott ein einfaͤltiges unveraͤnderliches und unzertheiliges hoͤchſtes Gut ſeye/ deſſen einige mehr/ einige aber weniger theilhafftig werden/ gleich der Son- nen/ ſo da bald mehr/ bald weniger ihr Liecht und Hitze nach Beſchaffenheit der vorgeſtalten Sachen mittheilet. Dort wirſt vermercken/ wie die Werck der Gerechtigkeit und Barmh vermiſcht ſeyen; Jn denen allen Gott ſeine Ehr und Lob ſuchet. Schließlich muß ich dir/ mein Chriſtliche Seel bekennen/ daß auch alle der Rechen-Kunſt erfahrne Liebhaber alles in eine Summ nicht ein- ſchlieſſen koͤnnen/ was die Außerwoͤhlte in Gott ſehen: Kein wohlredender Prediger wird dir jemahl mit allen ſeinen zierlichſten und kraͤfftigſten Wor- ten dieſelbe alle außlegen moͤgen; Kein Verſtand wird dieſe Ding immer alle faſſen koͤnnen/ ſo doch die Seligen im Himmel durch ein einfaͤltige und unaußſprechliche Anſchauung begreiffen. Hierauß erwachſet eine ſo in-

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 654. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/682>, abgerufen am 22.11.2024.