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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Die Vierdte Geistliche Lection

9. Ach! wann uns zugelassen wäre/ in die erschröckliche höllische
Klufften hinein zu schauen; wie viel tausend Millionen Christen würden
wir finden/ so dessentwegen in denen unerträglichen ewigen Feuer-Flam-
men sich weltzen/ daß sie das höchst-schädliche Raben-Cras, Cras, daß ist/
Morgen/ Morgen/ zu vielmahl widerholet haben. Dahero der H. Hie-
ronimus nicht ohne gründliche Ursach geschrieben; daß auß hundert tausend
Menschen/ so übel gelebt haben/ kaum ein eintziger im Todt die Göttliche
Nachlassung der Sünden erlangen werde. Die Ursach dessen gibt uns der
H. Vatter Augustinus mit diesen Worten; Es wird die Zeit kommen/
zu welcher der Sünder seine Missethaten bereuen wilt/ und wird nicht
können; dieweilen er nicht gewolt hat/ da er gekönnt hat: also hat er we-
gen deß bösen Unwillens verlohren das gute und heylsame Können. Was
Apud
Hadrian:
Pont.
ist doch/ umb GOttes willen/ ungerecht- und ungeräumbter/ als daß der
Sünder begehre/ GOtt wolle im Todt seine Bußfertigkeit anhören;
da er doch so öfftere Ermahnungen desselben GOttes Zeit seines Lebens in
den Wind geschlagen hat? Was ist abscheulicher/ als daß man GOTT
Serm. 58.
de temp.
seinen allerhöchsten Wolthäter den letzten Theil deß Lebens/ gleich einer
Hepffen und bösen Unflats opffere; dem laydigen Satan aber/ einem ge-
schwornen Feind den besten und fürnembsten Theil deß Lebens schencke?
Was vermeinstu/ mein Christliche Seel/ daß solche Menschen/ wann sie
am End ihres Lebens die Göttliche Hülff anruffen/ werden zur Antwort
hören müssen? ohn allen Zweiffel den Spruch Salomonis: Jch hab ge-
Prov. 1. v.
24.
ruffen/ und ihr habt euch gewidert: Jch hab meine Hand
außgestrecket/ und es ist keiner gewesen/ der darauff ge-
mercket hätte. Jhr habt allen meinen Rath verachtet/
und meine Straff-Reden in den Wind geschlagen; so will
ich auch in euerem Vntergang lachen/ und euerer spotten/
wann euch das uberkombt/ dafür ihr euch beförchtet.
Also
wird dann der armseelige Sünder die Augen auffthuen/ und in diese sein-
nen Aengsten nichts anders sehen/ als den Göttlichen Unwillen; unter ihm
die eröffnete Höll/ in ihm das mit Sünden beladene Gewissen; und
umb das Bett herumb gantze Scharen der Teuffelen/ die da bereit
stehen die Seel zur ewigen Verdamnuß zu begleiten: derhalben wird
er ruffen mit dem Propheten: Es haben mich die Schmertzen
Ps. 17. 5.deß Todts umbgeben/ und die Stricke der Höllen haben
mich ubereylet.

10. So siehe nun ein jeder zu/ in was grosse Gefahr er sich setze/ indem
er die Buß von Tag zu Tag auffschiebet. Er nehme an diese vätterliche

Er-
Die Vierdte Geiſtliche Lection

9. Ach! wann uns zugelaſſen waͤre/ in die erſchroͤckliche hoͤlliſche
Klufften hinein zu ſchauen; wie viel tauſend Millionen Chriſten wuͤrden
wir finden/ ſo deſſentwegen in denen unertraͤglichen ewigen Feuer-Flam-
men ſich weltzen/ daß ſie das hoͤchſt-ſchaͤdliche Raben-Cras, Cras, daß iſt/
Morgen/ Morgen/ zu vielmahl widerholet haben. Dahero der H. Hie-
ronimus nicht ohne gruͤndliche Urſach geſchrieben; daß auß hundert tauſend
Menſchen/ ſo uͤbel gelebt haben/ kaum ein eintziger im Todt die Goͤttliche
Nachlaſſung der Suͤnden erlangen werde. Die Urſach deſſen gibt uns der
H. Vatter Auguſtinus mit dieſen Worten; Es wird die Zeit kommen/
zu welcher der Suͤnder ſeine Miſſethaten bereuen wilt/ und wird nicht
koͤnnen; dieweilen er nicht gewolt hat/ da er gekoͤnnt hat: alſo hat er we-
gen deß boͤſen Unwillens verlohren das gute und heylſame Koͤnnen. Was
Apud
Hadrian:
Pont.
iſt doch/ umb GOttes willen/ ungerecht- und ungeraͤumbter/ als daß der
Suͤnder begehre/ GOtt wolle im Todt ſeine Bußfertigkeit anhoͤren;
da er doch ſo oͤfftere Ermahnungen deſſelben GOttes Zeit ſeines Lebens in
den Wind geſchlagen hat? Was iſt abſcheulicher/ als daß man GOTT
Serm. 58.
de temp.
ſeinen allerhoͤchſten Wolthaͤter den letzten Theil deß Lebens/ gleich einer
Hepffen und boͤſen Unflats opffere; dem laydigen Satan aber/ einem ge-
ſchwornen Feind den beſten und fuͤrnembſten Theil deß Lebens ſchencke?
Was vermeinſtu/ mein Chriſtliche Seel/ daß ſolche Menſchen/ wann ſie
am End ihres Lebens die Goͤttliche Huͤlff anruffen/ werden zur Antwort
hoͤren muͤſſen? ohn allen Zweiffel den Spruch Salomonis: Jch hab ge-
Prov. 1. v.
24.
ruffen/ und ihr habt euch gewidert: Jch hab meine Hand
außgeſtrecket/ und es iſt keiner geweſen/ der darauff ge-
mercket haͤtte. Jhr habt allen meinen Rath verachtet/
und meine Straff-Reden in den Wind geſchlagen; ſo will
ich auch in euerem Vntergang lachen/ und euerer ſpotten/
wann euch das ůberkombt/ dafür ihr euch befoͤrchtet.
Alſo
wird dann der armſeelige Suͤnder die Augen auffthuen/ und in dieſe ſein-
nen Aengſten nichts anders ſehen/ als den Goͤttlichen Unwillen; unter ihm
die eroͤffnete Hoͤll/ in ihm das mit Suͤnden beladene Gewiſſen; und
umb das Bett herumb gantze Scharen der Teuffelen/ die da bereit
ſtehen die Seel zur ewigen Verdamnuß zu begleiten: derhalben wird
er ruffen mit dem Propheten: Es haben mich die Schmertzen
Pſ. 17. 5.deß Todts umbgeben/ und die Stricke der Hoͤllen haben
mich ůbereylet.

10. So ſiehe nun ein jeder zu/ in was groſſe Gefahr er ſich ſetze/ indem
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Er-
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[40/0068] Die Vierdte Geiſtliche Lection 9. Ach! wann uns zugelaſſen waͤre/ in die erſchroͤckliche hoͤlliſche Klufften hinein zu ſchauen; wie viel tauſend Millionen Chriſten wuͤrden wir finden/ ſo deſſentwegen in denen unertraͤglichen ewigen Feuer-Flam- men ſich weltzen/ daß ſie das hoͤchſt-ſchaͤdliche Raben-Cras, Cras, daß iſt/ Morgen/ Morgen/ zu vielmahl widerholet haben. Dahero der H. Hie- ronimus nicht ohne gruͤndliche Urſach geſchrieben; daß auß hundert tauſend Menſchen/ ſo uͤbel gelebt haben/ kaum ein eintziger im Todt die Goͤttliche Nachlaſſung der Suͤnden erlangen werde. Die Urſach deſſen gibt uns der H. Vatter Auguſtinus mit dieſen Worten; Es wird die Zeit kommen/ zu welcher der Suͤnder ſeine Miſſethaten bereuen wilt/ und wird nicht koͤnnen; dieweilen er nicht gewolt hat/ da er gekoͤnnt hat: alſo hat er we- gen deß boͤſen Unwillens verlohren das gute und heylſame Koͤnnen. Was iſt doch/ umb GOttes willen/ ungerecht- und ungeraͤumbter/ als daß der Suͤnder begehre/ GOtt wolle im Todt ſeine Bußfertigkeit anhoͤren; da er doch ſo oͤfftere Ermahnungen deſſelben GOttes Zeit ſeines Lebens in den Wind geſchlagen hat? Was iſt abſcheulicher/ als daß man GOTT ſeinen allerhoͤchſten Wolthaͤter den letzten Theil deß Lebens/ gleich einer Hepffen und boͤſen Unflats opffere; dem laydigen Satan aber/ einem ge- ſchwornen Feind den beſten und fuͤrnembſten Theil deß Lebens ſchencke? Was vermeinſtu/ mein Chriſtliche Seel/ daß ſolche Menſchen/ wann ſie am End ihres Lebens die Goͤttliche Huͤlff anruffen/ werden zur Antwort hoͤren muͤſſen? ohn allen Zweiffel den Spruch Salomonis: Jch hab ge- ruffen/ und ihr habt euch gewidert: Jch hab meine Hand außgeſtrecket/ und es iſt keiner geweſen/ der darauff ge- mercket haͤtte. Jhr habt allen meinen Rath verachtet/ und meine Straff-Reden in den Wind geſchlagen; ſo will ich auch in euerem Vntergang lachen/ und euerer ſpotten/ wann euch das ůberkombt/ dafür ihr euch befoͤrchtet. Alſo wird dann der armſeelige Suͤnder die Augen auffthuen/ und in dieſe ſein- nen Aengſten nichts anders ſehen/ als den Goͤttlichen Unwillen; unter ihm die eroͤffnete Hoͤll/ in ihm das mit Suͤnden beladene Gewiſſen; und umb das Bett herumb gantze Scharen der Teuffelen/ die da bereit ſtehen die Seel zur ewigen Verdamnuß zu begleiten: derhalben wird er ruffen mit dem Propheten: Es haben mich die Schmertzen deß Todts umbgeben/ und die Stricke der Hoͤllen haben mich ůbereylet. Apud Hadrian: Pont. Serm. 58. de temp. Prov. 1. v. 24. Pſ. 17. 5. 10. So ſiehe nun ein jeder zu/ in was groſſe Gefahr er ſich ſetze/ indem er die Buß von Tag zu Tag auffſchiebet. Er nehme an dieſe vaͤtterliche Er-

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/68>, abgerufen am 29.03.2024.