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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Die Ein und Füntzigste Geistliche Lection
Gen. 15.
v.
1.
hero sagt Gott zum Abraham. Jch bin dein Beschirmer/ und dein
uber uberauß grosser Lohn.
Wie groß aber vermeinen wir/ daß
dieser Lohn seye? Diese Frag beantwortet uns der H. Bernardus/ und
L. de
Cons. ad
Euge.
Pap.
sagt: Der Lohn der Ausserwählten ist so groß/ daß er nit
gemessen; so hauffig/ daß er nicht könne geendiget; und
so kostbar/ daß er nicht möge geschätzet werden.

3. Zu diesem unserm Vorhaben meldet der Gottseelige Dionysius Car-
tusianus von dem Glorwürdigen Vatter Augustino/ daß selbiger ein Buch
von der Glory der Seeligen zu schreiben/ sich vorgenommen/ habe aber
vorhero das Gutachten deß heiligen Hieronymi hierüber vernehmen wollen/
was nemblich er von dieser Seeligkeit halte? Dieweilen aber der jetzt-ge-
meldte Hieronymus immittels mit Todt ist abgangen; so ist er ihm
nach selbigem erschienen/ und hat ihn also angeredet und gesagt: Augusti-
ne/ Augustine/ was fragstu? Getrauestu dir wohl/ das gantze Meer in ei-
nem kleinen Geschirr zu begreiffen? Vermeinstu/ daß du die gantze Welt in
einer Hand verschliessen könnest? Oder solstu wohl das Gestirn deß Him-
mels so vest machen können/ daß es seine gewöhnliche Bewegnüssen nicht
wircken möge? Was keines Menschen Aug hat sehen können/ soll das
das Deinige wohl sehen? Was kein Ohr durch den Schall geschöpffet hat/
soll daß dein Ohr wohl hören können? Was kein menschliches Hertz je-
mahl im geringsten verstanden noch gedacht hat/ geduncket dich/ daß du
solches verstehen werdest? Was wird auß einer unendlichen Sache für ein
End zu gewarten seyn? Was unermeßlich ist/ mit welcher Maß wilstu
selbiges messen? Viel leichter würde alles Meer-Wasser in einem engen
Geschirr/ und die gantze Welt in einer Hand können verschlossen werden:
viel ehender solte der Himmel von seiner Bewegung einhalten/ als du einen
geringen Theil der Freuden und Herrligkeit der Secligen im Himmel be-
greiffen mögest. Dann es ist eine Sach von so grossem und unbeschreib-
lichen/ Werth daß/ wann ichs nicht erfahren hätte/ niemahlen würde ge-
glaubet haben; und ist so weit von dem/ daß ich mir in meinen Leb-Zeiten
eingebildet hab/ als weit ein endliches Ding von einen unendlichen entfernet ist.
Es sey dann/ daß du hierüber durch die eigene Erfahrnuß unterwiesen werdest;
im widrigen fall wir stu dich umbsonst bemühen. Vollende den Lauff dei-
nes Lebens/ und wandere also/ damit du das jenige/ so du einiges Weegs
allhier zu verstehen trachtest/ im Himmel völlig besitzen mögest. Also ist
der heilige Vatter Augustinus von dem heil. Hieronymo über die Freuden
deß Himmels unterrichtet worden.

7. Die-

Die Ein und Fuͤntzigſte Geiſtliche Lection
Gen. 15.
v.
1.
hero ſagt Gott zum Abraham. Jch bin dein Beſchirmer/ und dein
ůber ůberauß groſſer Lohn.
Wie groß aber vermeinen wir/ daß
dieſer Lohn ſeye? Dieſe Frag beantwortet uns der H. Bernardus/ und
L. de
Conſ. ad
Euge.
Pap.
ſagt: Der Lohn der Auſſerwaͤhlten iſt ſo groß/ daß er nit
gemeſſen; ſo hauffig/ daß er nicht koͤnne geendiget; und
ſo koſtbar/ daß er nicht moͤge geſchaͤtzet werden.

3. Zu dieſem unſerm Vorhaben meldet der Gottſeelige Dionyſius Car-
tuſianus von dem Glorwuͤrdigen Vatter Auguſtino/ daß ſelbiger ein Buch
von der Glory der Seeligen zu ſchreiben/ ſich vorgenommen/ habe aber
vorhero das Gutachten deß heiligen Hieronymi hieruͤber vernehmen wollen/
was nemblich er von dieſer Seeligkeit halte? Dieweilen aber der jetzt-ge-
meldte Hieronymus immittels mit Todt iſt abgangen; ſo iſt er ihm
nach ſelbigem erſchienen/ und hat ihn alſo angeredet und geſagt: Auguſti-
ne/ Auguſtine/ was fragſtu? Getraueſtu dir wohl/ das gantze Meer in ei-
nem kleinen Geſchirr zu begreiffen? Vermeinſtu/ daß du die gantze Welt in
einer Hand verſchlieſſen koͤnneſt? Oder ſolſtu wohl das Geſtirn deß Him-
mels ſo veſt machen koͤnnen/ daß es ſeine gewoͤhnliche Bewegnuͤſſen nicht
wircken moͤge? Was keines Menſchen Aug hat ſehen koͤnnen/ ſoll das
das Deinige wohl ſehen? Was kein Ohr durch den Schall geſchoͤpffet hat/
ſoll daß dein Ohr wohl hoͤren koͤnnen? Was kein menſchliches Hertz je-
mahl im geringſten verſtanden noch gedacht hat/ geduncket dich/ daß du
ſolches verſtehen werdeſt? Was wird auß einer unendlichen Sache fuͤr ein
End zu gewarten ſeyn? Was unermeßlich iſt/ mit welcher Maß wilſtu
ſelbiges meſſen? Viel leichter wuͤrde alles Meer-Waſſer in einem engen
Geſchirr/ und die gantze Welt in einer Hand koͤnnen verſchloſſen werden:
viel ehender ſolte der Himmel von ſeiner Bewegung einhalten/ als du einen
geringen Theil der Freuden und Herrligkeit der Secligen im Himmel be-
greiffen moͤgeſt. Dann es iſt eine Sach von ſo groſſem und unbeſchreib-
lichen/ Werth daß/ wann ichs nicht erfahren haͤtte/ niemahlen wuͤrde ge-
glaubet haben; und iſt ſo weit von dem/ daß ich mir in meinen Leb-Zeiten
eingebildet hab/ als weit ein endliches Ding von einẽ unendlichẽ entfernet iſt.
Es ſey dann/ daß du hieruͤber durch die eigene Erfahrnuß unterwieſen werdeſt;
im widrigen fall wir ſtu dich umbſonſt bemuͤhen. Vollende den Lauff dei-
nes Lebens/ und wandere alſo/ damit du das jenige/ ſo du einiges Weegs
allhier zu verſtehen trachteſt/ im Himmel voͤllig beſitzen moͤgeſt. Alſo iſt
der heilige Vatter Auguſtinus von dem heil. Hieronymo uͤber die Freuden
deß Himmels unterrichtet worden.

7. Die-
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[650/0678] Die Ein und Fuͤntzigſte Geiſtliche Lection hero ſagt Gott zum Abraham. Jch bin dein Beſchirmer/ und dein ůber ůberauß groſſer Lohn. Wie groß aber vermeinen wir/ daß dieſer Lohn ſeye? Dieſe Frag beantwortet uns der H. Bernardus/ und ſagt: Der Lohn der Auſſerwaͤhlten iſt ſo groß/ daß er nit gemeſſen; ſo hauffig/ daß er nicht koͤnne geendiget; und ſo koſtbar/ daß er nicht moͤge geſchaͤtzet werden. Gen. 15. v. 1. L. de Conſ. ad Euge. Pap. 3. Zu dieſem unſerm Vorhaben meldet der Gottſeelige Dionyſius Car- tuſianus von dem Glorwuͤrdigen Vatter Auguſtino/ daß ſelbiger ein Buch von der Glory der Seeligen zu ſchreiben/ ſich vorgenommen/ habe aber vorhero das Gutachten deß heiligen Hieronymi hieruͤber vernehmen wollen/ was nemblich er von dieſer Seeligkeit halte? Dieweilen aber der jetzt-ge- meldte Hieronymus immittels mit Todt iſt abgangen; ſo iſt er ihm nach ſelbigem erſchienen/ und hat ihn alſo angeredet und geſagt: Auguſti- ne/ Auguſtine/ was fragſtu? Getraueſtu dir wohl/ das gantze Meer in ei- nem kleinen Geſchirr zu begreiffen? Vermeinſtu/ daß du die gantze Welt in einer Hand verſchlieſſen koͤnneſt? Oder ſolſtu wohl das Geſtirn deß Him- mels ſo veſt machen koͤnnen/ daß es ſeine gewoͤhnliche Bewegnuͤſſen nicht wircken moͤge? Was keines Menſchen Aug hat ſehen koͤnnen/ ſoll das das Deinige wohl ſehen? Was kein Ohr durch den Schall geſchoͤpffet hat/ ſoll daß dein Ohr wohl hoͤren koͤnnen? Was kein menſchliches Hertz je- mahl im geringſten verſtanden noch gedacht hat/ geduncket dich/ daß du ſolches verſtehen werdeſt? Was wird auß einer unendlichen Sache fuͤr ein End zu gewarten ſeyn? Was unermeßlich iſt/ mit welcher Maß wilſtu ſelbiges meſſen? Viel leichter wuͤrde alles Meer-Waſſer in einem engen Geſchirr/ und die gantze Welt in einer Hand koͤnnen verſchloſſen werden: viel ehender ſolte der Himmel von ſeiner Bewegung einhalten/ als du einen geringen Theil der Freuden und Herrligkeit der Secligen im Himmel be- greiffen moͤgeſt. Dann es iſt eine Sach von ſo groſſem und unbeſchreib- lichen/ Werth daß/ wann ichs nicht erfahren haͤtte/ niemahlen wuͤrde ge- glaubet haben; und iſt ſo weit von dem/ daß ich mir in meinen Leb-Zeiten eingebildet hab/ als weit ein endliches Ding von einẽ unendlichẽ entfernet iſt. Es ſey dann/ daß du hieruͤber durch die eigene Erfahrnuß unterwieſen werdeſt; im widrigen fall wir ſtu dich umbſonſt bemuͤhen. Vollende den Lauff dei- nes Lebens/ und wandere alſo/ damit du das jenige/ ſo du einiges Weegs allhier zu verſtehen trachteſt/ im Himmel voͤllig beſitzen moͤgeſt. Alſo iſt der heilige Vatter Auguſtinus von dem heil. Hieronymo uͤber die Freuden deß Himmels unterrichtet worden. 7. Die-

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 650. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/678>, abgerufen am 22.11.2024.