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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Von der Barmhertzigkeit gegen die Abgestorbene.
geistliche Allmuß/ so den verlassenen und Blut-armen Seelen gegeben wird?
Dahero ermahnet uns recht der heilige Vatter Augustinus/ und sagt:
Wilstu/ O Mensch/ daß sich GOtt deiner erbarme: Wol-Ad F. F.
in Eremo

an/ so sehe zu daß du dich auch erbarmest über deinen Näch-
sten im Feg-Feur: dann eben so viel wird sich GOtt erbar-
men deiner/ als viel du dich erbarmbt hast uber deinen
Nächsten. So bette dann fur die Abgestorbene.

5. Weiters sagt auch der heilige Chrysostomus/ daß kaum ein kräfftige-
res Mittel gefunden werde/ alles von GOtt zu erlangen; als eben die-
se: dieweilen solche fürtreffliche Barmhertzigkeit/ als ein wohlberedete Für-
sprecher in leichtlich durchtringet; und die erlösete Seelen annebens die Grös-
se der geleisteten Wohlthat erkennen; und derhalben für uns mit höchstem
Eyffer zu erlangen sich unterstehen/ was wir von GOtt begehren. Auch
stimmet selbigem bey der Geistreiche Richardus a S. Victore und sagt: Die
erlöste Seelen/ wann sie der himmlischen Freude beywohnen/ lassen sie sich
sonderlich angelegen seyn/ zu betten für die jenige/ von denen sie in ihren
eussersten Schmertzen Hülff empfangen haben: dann GOtt weigert den-
selben nichts: und ist sothanen Wohltätern so danckbar/ als ein König
für die gethane Erlösung seines eintzigen und allerliebsten Sohns einem
Menschen immer seyn könne. Dahero sagt der heilige Bernardus: Wolt
ihr wissen/ wie danckbar sich die erlöste Seelen zeigen werden? Jch sag/
daß sie ein hundert-fältiges ersetzen werden. Diese Freygebigkeit hat er-
fahren ein sicher Abt/ welcher sonst wegen der von dem bösen Feind ihm in sei-Baron.
tom. 9.
Ann.

nem Sterbstündlein vorgeworffenen Sünden in Verzweifflung geraten wär;
wie ein erweckter Englischer Münch Anno 716. bezeugt hat/ wann er nicht
von acht tausent/ von ihm erlöseten Seelen vorm Gericht GOttes wären
secundiret worden. Hierauß kan man nicht uneben schliessen/ daß diese Barm-
hertzigkeit unter die gewisseste Zeichen der Erwählung zur ewigen Seeligkeit
könne gezehlet werden: Dann so man von keinem leset/ welcher den armen
Seelen nur gemeine Barmhertzigkeit gern erwiesen hat/ daß er jemahlen ü-
bel gestorben seye; wie viel mehr können wir dann solches nicht hoffen von
den jenigen/ so sich in diesem fürtreffligsten Werck der Barmhertzigkeit im-
mer beständiglich geübt haben.

6. Auch kan bewiesen werden/ daß diese Art der Barmhertzigkeit nicht
allein zu Verhütung der ewigen/ sondern auch der zeitlichen Straffen im
Feg-Feur gar dienlich seye: und dieses kan auff dreyerley Weiß dargethan
werden. Erstlich von wegen unsers Heylands und Seeligmachers JEsu

Christi
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Von der Barmhertzigkeit gegen die Abgeſtorbene.
geiſtliche Allmuß/ ſo den verlaſſenen und Blut-armen Seelen gegeben wird?
Dahero ermahnet uns recht der heilige Vatter Auguſtinus/ und ſagt:
Wilſtu/ O Menſch/ daß ſich GOtt deiner erbarme: Wol-Ad F. F.
in Eremo

an/ ſo ſehe zu daß du dich auch erbarmeſt über deinen Naͤch-
ſten im Feg-Feur: dann eben ſo viel wird ſich GOtt erbar-
men deiner/ als viel du dich erbarmbt haſt ůber deinen
Naͤchſten. So bette dann fůr die Abgeſtorbene.

5. Weiters ſagt auch der heilige Chryſoſtomus/ daß kaum ein kraͤfftige-
res Mittel gefunden werde/ alles von GOtt zu erlangen; als eben die-
ſe: dieweilen ſolche fuͤrtreffliche Barmhertzigkeit/ als ein wohlberedete Fuͤr-
ſprecher in leichtlich durchtringet; und die erloͤſete Seelen annebens die Groͤſ-
ſe der geleiſteten Wohlthat erkennen; und derhalben fuͤr uns mit hoͤchſtem
Eyffer zu erlangen ſich unterſtehen/ was wir von GOtt begehren. Auch
ſtimmet ſelbigem bey der Geiſtreiche Richardus à S. Victore und ſagt: Die
erloͤſte Seelen/ wann ſie der himmliſchen Freude beywohnen/ laſſen ſie ſich
ſonderlich angelegen ſeyn/ zu betten fuͤr die jenige/ von denen ſie in ihren
euſſerſten Schmertzen Huͤlff empfangen haben: dann GOtt weigert den-
ſelben nichts: und iſt ſothanen Wohltaͤtern ſo danckbar/ als ein Koͤnig
fuͤr die gethane Erloͤſung ſeines eintzigen und allerliebſten Sohns einem
Menſchen immer ſeyn koͤnne. Dahero ſagt der heilige Bernardus: Wolt
ihr wiſſen/ wie danckbar ſich die erloͤſte Seelen zeigen werden? Jch ſag/
daß ſie ein hundert-faͤltiges erſetzen werden. Dieſe Freygebigkeit hat er-
fahren ein ſicher Abt/ welcher ſonſt wegen der von dem boͤſen Feind ihm in ſei-Baron.
tom. 9.
Ann.

nem Sterbſtuͤndlein vorgeworffenen Suͤnden in Verzweifflung geraten waͤr;
wie ein erweckter Engliſcher Muͤnch Anno 716. bezeugt hat/ wann er nicht
von acht tauſent/ von ihm erloͤſeten Seelen vorm Gericht GOttes waͤren
ſecundiret worden. Hierauß kan man nicht uneben ſchlieſſen/ daß dieſe Barm-
hertzigkeit unter die gewiſſeſte Zeichen der Erwaͤhlung zur ewigen Seeligkeit
koͤnne gezehlet werden: Dann ſo man von keinem leſet/ welcher den armen
Seelen nur gemeine Barmhertzigkeit gern erwieſen hat/ daß er jemahlen uͤ-
bel geſtorben ſeye; wie viel mehr koͤnnen wir dann ſolches nicht hoffen von
den jenigen/ ſo ſich in dieſem fuͤrtreffligſten Werck der Barmhertzigkeit im-
mer beſtaͤndiglich geuͤbt haben.

6. Auch kan bewieſen werden/ daß dieſe Art der Barmhertzigkeit nicht
allein zu Verhuͤtung der ewigen/ ſondern auch der zeitlichen Straffen im
Feg-Feur gar dienlich ſeye: und dieſes kan auff dreyerley Weiß dargethan
werden. Erſtlich von wegen unſers Heylands und Seeligmachers JEſu

Chriſti
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[641/0669] Von der Barmhertzigkeit gegen die Abgeſtorbene. geiſtliche Allmuß/ ſo den verlaſſenen und Blut-armen Seelen gegeben wird? Dahero ermahnet uns recht der heilige Vatter Auguſtinus/ und ſagt: Wilſtu/ O Menſch/ daß ſich GOtt deiner erbarme: Wol- an/ ſo ſehe zu daß du dich auch erbarmeſt über deinen Naͤch- ſten im Feg-Feur: dann eben ſo viel wird ſich GOtt erbar- men deiner/ als viel du dich erbarmbt haſt ůber deinen Naͤchſten. So bette dann fůr die Abgeſtorbene. Ad F. F. in Eremo 5. Weiters ſagt auch der heilige Chryſoſtomus/ daß kaum ein kraͤfftige- res Mittel gefunden werde/ alles von GOtt zu erlangen; als eben die- ſe: dieweilen ſolche fuͤrtreffliche Barmhertzigkeit/ als ein wohlberedete Fuͤr- ſprecher in leichtlich durchtringet; und die erloͤſete Seelen annebens die Groͤſ- ſe der geleiſteten Wohlthat erkennen; und derhalben fuͤr uns mit hoͤchſtem Eyffer zu erlangen ſich unterſtehen/ was wir von GOtt begehren. Auch ſtimmet ſelbigem bey der Geiſtreiche Richardus à S. Victore und ſagt: Die erloͤſte Seelen/ wann ſie der himmliſchen Freude beywohnen/ laſſen ſie ſich ſonderlich angelegen ſeyn/ zu betten fuͤr die jenige/ von denen ſie in ihren euſſerſten Schmertzen Huͤlff empfangen haben: dann GOtt weigert den- ſelben nichts: und iſt ſothanen Wohltaͤtern ſo danckbar/ als ein Koͤnig fuͤr die gethane Erloͤſung ſeines eintzigen und allerliebſten Sohns einem Menſchen immer ſeyn koͤnne. Dahero ſagt der heilige Bernardus: Wolt ihr wiſſen/ wie danckbar ſich die erloͤſte Seelen zeigen werden? Jch ſag/ daß ſie ein hundert-faͤltiges erſetzen werden. Dieſe Freygebigkeit hat er- fahren ein ſicher Abt/ welcher ſonſt wegen der von dem boͤſen Feind ihm in ſei- nem Sterbſtuͤndlein vorgeworffenen Suͤnden in Verzweifflung geraten waͤr; wie ein erweckter Engliſcher Muͤnch Anno 716. bezeugt hat/ wann er nicht von acht tauſent/ von ihm erloͤſeten Seelen vorm Gericht GOttes waͤren ſecundiret worden. Hierauß kan man nicht uneben ſchlieſſen/ daß dieſe Barm- hertzigkeit unter die gewiſſeſte Zeichen der Erwaͤhlung zur ewigen Seeligkeit koͤnne gezehlet werden: Dann ſo man von keinem leſet/ welcher den armen Seelen nur gemeine Barmhertzigkeit gern erwieſen hat/ daß er jemahlen uͤ- bel geſtorben ſeye; wie viel mehr koͤnnen wir dann ſolches nicht hoffen von den jenigen/ ſo ſich in dieſem fuͤrtreffligſten Werck der Barmhertzigkeit im- mer beſtaͤndiglich geuͤbt haben. Baron. tom. 9. Ann. 6. Auch kan bewieſen werden/ daß dieſe Art der Barmhertzigkeit nicht allein zu Verhuͤtung der ewigen/ ſondern auch der zeitlichen Straffen im Feg-Feur gar dienlich ſeye: und dieſes kan auff dreyerley Weiß dargethan werden. Erſtlich von wegen unſers Heylands und Seeligmachers JEſu Chriſti M m m m

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 641. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/669>, abgerufen am 22.11.2024.