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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Die Neun und Vertzigste Geistliche Lection
er die Sünd/ daß er auch seinen treuesten und geheimbsten Freunden
nicht verschone.

5 Sintemaln der Gottseel. Bischoff Udalricus dieserhalben allein das Feg-
Feur hat schmäcken müssen/ daß er dem Adelberroni seinem Vetter das
Bisthumb übertragen; ob wohln selbige Uberlassung zu gebührender Zeit/
Sur. tom.
7.
nemblich nach dem Todt deß Udalrici erstlich geschehen ist. Da ein
Cöllnischer Geistlicher einsmahls zu Pferd über den Fluß gesetzt/ hat der
heilige Severinus/ so eben vorhero gestorben/ und mit Wunder-Zei-
chen geleuchtet/ den Zügel deß Pferds ergriffen/ und den Reuther er-
sucht/ er mögt ihm die Hand reichen/ welche er mit so grossem erfolg-
ten Schmertzen ins Wasser geduncket hat/ daß selbige alsbald von allem
Fleisch entblösset worden/ und nur die Bein allein überblieben seynd: die
Ursach seiner Peinen/ hat der verstorbene Bischoff gesagt/ daß diese gewe-
sen seye; dieweilen er seine Gezeiten zu gebührender Zeit nicht gelesen
habe. Nachdem er nun dem gemeldten Geistlichen die Hand in vorigen
Stand gesetzt/ hat er von selbigem begehrt/ er wolle ihn in der anderen geist-
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40.
lichen Gebett empfehlen/ und ist also verschwunden. Paschasius der
heiligen Römischen Kirchen Diaconus ist ein so tugentsamer und heiliger
Mann gewesen/ daß nach Zeugnuß deß heiligen Gregorii durch blosse
Anrührung desselben Chor-Cappen/ so auffder Leichen gelegen/ ein Be-
sessener befreyet worden: und nichts desto weniger ist dessen Seel dem hei-
ligen Germano/ Bischoffen zu Capua erschienen/ und gesagt/ daß sie
in einem Bad ihre Sünd büssen müssen; hat auch annebens den heiligen
Mann umb Hülff ersucht; durch dessen Gebett selbige von ihren Pei-
nen erlöset worden. Wann die so grosse Freund GOTTES der-
gestalt biß zum letzten Heller alles bezahlen müssen/ und selbiger nicht
verschonet wird/ wie vielmehr werden wir armseelige Tröpff biß zum
letzten Augenblick in den Peinen verbleiben müssen? Hugo Victorinus/
ein Regulier-Canonicus war ein so gelehrter und heiliger Mann/ daß er
bey seinen Zeiten für den andern Augustinus gehalten wurde; dieweilen
er nun einige Mahl die ordinari Disciplin unterlassen/ und sich Vermög
seiner Regul andern zu züchtigen/ verabsaumet/ hat er sothane Nach-
lässigkeit gar theur bezahlen müssen: Dann nach seinem Todt ist er einem sei-
ner Mit-Brüder erschienen und hat gesagt/ daß er zwarn die ewige See-
ligkeit erlangt; habe aber durchs Feg-Feuer passiren müssen; in welchem
vorbeygehen ihn alle Teuffel angefallen/ und habe von jedem einen harten

Streich

Die Neun und Vertzigſte Geiſtliche Lection
er die Suͤnd/ daß er auch ſeinen treueſten und geheimbſten Freunden
nicht verſchone.

5 Sintemaln der Gottſeel. Biſchoff Udalricus dieſerhalben allein das Feg-
Feur hat ſchmaͤcken muͤſſen/ daß er dem Adelberroni ſeinem Vetter das
Biſthumb uͤbertragen; ob wohln ſelbige Uberlaſſung zu gebuͤhrender Zeit/
Sur. tom.
7.
nemblich nach dem Todt deß Udalrici erſtlich geſchehen iſt. Da ein
Coͤllniſcher Geiſtlicher einsmahls zu Pferd uͤber den Fluß geſetzt/ hat der
heilige Severinus/ ſo eben vorhero geſtorben/ und mit Wunder-Zei-
chen geleuchtet/ den Zuͤgel deß Pferds ergriffen/ und den Reuther er-
ſucht/ er moͤgt ihm die Hand reichen/ welche er mit ſo groſſem erfolg-
ten Schmertzen ins Waſſer geduncket hat/ daß ſelbige alsbald von allem
Fleiſch entbloͤſſet worden/ und nur die Bein allein uͤberblieben ſeynd: die
Urſach ſeiner Peinen/ hat der verſtorbene Biſchoff geſagt/ daß dieſe gewe-
ſen ſeye; dieweilen er ſeine Gezeiten zu gebuͤhrender Zeit nicht geleſen
habe. Nachdem er nun dem gemeldten Geiſtlichen die Hand in vorigen
Stand geſetzt/ hat er von ſelbigem begehrt/ er wolle ihn in der anderen geiſt-
L. 4. Dial.
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lichen Gebett empfehlen/ und iſt alſo verſchwunden. Paſchaſius der
heiligen Roͤmiſchen Kirchen Diaconus iſt ein ſo tugentſamer und heiliger
Mann geweſen/ daß nach Zeugnuß deß heiligen Gregorii durch bloſſe
Anruͤhrung deſſelben Chor-Cappen/ ſo auffder Leichen gelegen/ ein Be-
ſeſſener befreyet worden: und nichts deſto weniger iſt deſſen Seel dem hei-
ligen Germano/ Biſchoffen zu Capua erſchienen/ und geſagt/ daß ſie
in einem Bad ihre Suͤnd buͤſſen muͤſſen; hat auch annebens den heiligen
Mann umb Huͤlff erſucht; durch deſſen Gebett ſelbige von ihren Pei-
nen erloͤſet worden. Wann die ſo groſſe Freund GOTTES der-
geſtalt biß zum letzten Heller alles bezahlen muͤſſen/ und ſelbiger nicht
verſchonet wird/ wie vielmehr werden wir armſeelige Troͤpff biß zum
letzten Augenblick in den Peinen verbleiben muͤſſen? Hugo Victorinus/
ein Regulier-Canonicus war ein ſo gelehrter und heiliger Mann/ daß er
bey ſeinen Zeiten fuͤr den andern Auguſtinus gehalten wurde; dieweilen
er nun einige Mahl die ordinari Diſciplin unterlaſſen/ und ſich Vermoͤg
ſeiner Regul andern zu zuͤchtigen/ verabſaumet/ hat er ſothane Nach-
laͤſſigkeit gar theur bezahlen muͤſſen: Dann nach ſeinem Todt iſt er einem ſei-
ner Mit-Bruͤder erſchienen und hat geſagt/ daß er zwarn die ewige See-
ligkeit erlangt; habe aber durchs Feg-Feuer paſſiren muͤſſen; in welchem
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Streich
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[630/0658] Die Neun und Vertzigſte Geiſtliche Lection er die Suͤnd/ daß er auch ſeinen treueſten und geheimbſten Freunden nicht verſchone. 5 Sintemaln der Gottſeel. Biſchoff Udalricus dieſerhalben allein das Feg- Feur hat ſchmaͤcken muͤſſen/ daß er dem Adelberroni ſeinem Vetter das Biſthumb uͤbertragen; ob wohln ſelbige Uberlaſſung zu gebuͤhrender Zeit/ nemblich nach dem Todt deß Udalrici erſtlich geſchehen iſt. Da ein Coͤllniſcher Geiſtlicher einsmahls zu Pferd uͤber den Fluß geſetzt/ hat der heilige Severinus/ ſo eben vorhero geſtorben/ und mit Wunder-Zei- chen geleuchtet/ den Zuͤgel deß Pferds ergriffen/ und den Reuther er- ſucht/ er moͤgt ihm die Hand reichen/ welche er mit ſo groſſem erfolg- ten Schmertzen ins Waſſer geduncket hat/ daß ſelbige alsbald von allem Fleiſch entbloͤſſet worden/ und nur die Bein allein uͤberblieben ſeynd: die Urſach ſeiner Peinen/ hat der verſtorbene Biſchoff geſagt/ daß dieſe gewe- ſen ſeye; dieweilen er ſeine Gezeiten zu gebuͤhrender Zeit nicht geleſen habe. Nachdem er nun dem gemeldten Geiſtlichen die Hand in vorigen Stand geſetzt/ hat er von ſelbigem begehrt/ er wolle ihn in der anderen geiſt- lichen Gebett empfehlen/ und iſt alſo verſchwunden. Paſchaſius der heiligen Roͤmiſchen Kirchen Diaconus iſt ein ſo tugentſamer und heiliger Mann geweſen/ daß nach Zeugnuß deß heiligen Gregorii durch bloſſe Anruͤhrung deſſelben Chor-Cappen/ ſo auffder Leichen gelegen/ ein Be- ſeſſener befreyet worden: und nichts deſto weniger iſt deſſen Seel dem hei- ligen Germano/ Biſchoffen zu Capua erſchienen/ und geſagt/ daß ſie in einem Bad ihre Suͤnd buͤſſen muͤſſen; hat auch annebens den heiligen Mann umb Huͤlff erſucht; durch deſſen Gebett ſelbige von ihren Pei- nen erloͤſet worden. Wann die ſo groſſe Freund GOTTES der- geſtalt biß zum letzten Heller alles bezahlen muͤſſen/ und ſelbiger nicht verſchonet wird/ wie vielmehr werden wir armſeelige Troͤpff biß zum letzten Augenblick in den Peinen verbleiben muͤſſen? Hugo Victorinus/ ein Regulier-Canonicus war ein ſo gelehrter und heiliger Mann/ daß er bey ſeinen Zeiten fuͤr den andern Auguſtinus gehalten wurde; dieweilen er nun einige Mahl die ordinari Diſciplin unterlaſſen/ und ſich Vermoͤg ſeiner Regul andern zu zuͤchtigen/ verabſaumet/ hat er ſothane Nach- laͤſſigkeit gar theur bezahlen muͤſſen: Dann nach ſeinem Todt iſt er einem ſei- ner Mit-Bruͤder erſchienen und hat geſagt/ daß er zwarn die ewige See- ligkeit erlangt; habe aber durchs Feg-Feuer paſſiren muͤſſen; in welchem vorbeygehen ihn alle Teuffel angefallen/ und habe von jedem einen harten Streich Sur. tom. 7. L. 4. Dial. c. 40.

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 630. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/658>, abgerufen am 22.11.2024.