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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Von den Peynen der Höllen.
lichem Weinen und Betten gezüchtiget; daß sein Leben gnugsames Zeugnuß
gegeben/ daß er die höllische Peynen gesehen habe/ wann schon die Zung ge-
schwiegen hätte. Er hat auch gesagt/ daß er einige grosse Herren dieser Welt
in den Tormenten gesehen habe. Auch erzehlet der Ehr-würdige Vatter Be-
da von einem gestorbenen Soldaten/ welcher durch GOttes Gütigkeit zum
Leben erweckt/ und durch die erschröckliche Tormenten dergestalt ist bewegt
worden/ daß er alsbald in die Wüsten nicht gegangen/ sondern gelauffen/ und
sich daselbst nahe bey einem Fluß ein Cellulein gebauet/ in welchem er sich
mit den Kleydern offt getummelt/ und selbige ans Leib frieren lassen nachinals
in ein sehr hitziges Bad gegangen/ damit er also durch die hurtige Abwechs-
lung deren beyden Schmertzen/ desto grössere Peyn leyden mögte. Da er nun
von andern dar über bestraffet/ und gefragt worden/ warumb er solches thue?
hat er ihnen also geantwortet: Wann ihr gesehen hättet/ was ich gesehen hab/
so würdet ihr villeicht noch grössere Ding thuen. Also ist selbiger in diesem
strengen Leben biß zum End verharret. Auff daß du nun denen Straffen
peinlichen Hals-Gerichts entgehen mögest; so betrachte dieselbe gar offt dannHom. 3.
in Ep. ad
Thess.

es kan schwerlich oder zumahlen nicht geschehen/ sagt der Heil. Chrisostomus
daß eine Seel/ dero die Höllen-Furcht stets anklebt/ leichtlich sündige. Kei-
ner/ der die Höll vor Augen hat/ wird in die Höll kommen. Und keiner der die
Höll nicht achtet/ wird der Höllen entkommen. Dann wie einer mehr förchtet
die Straff/ so er verdienet hat/ je mehr beweint er die Schuld/ die er begangen
hat. Auch wird der Mensch auß der Betrachtung dieser höllischen Tormen-
ten/ in Ertragung der Widerwärtigkeiten um Christi Willen/ über die Mas-
sen sehr gestärcket: Dann/ gleich wie der H. Vattter sagt/ was derSer. 109.
Mensch immer schwäres leidet/ daß ist in Ansehung deß
ewigen Feurs/ nicht allein ein gar geringes/ sondern auch
ein lauteres Nichts.
Und an einem andern Ort sagt er: Wer willIdem in
Ps.
69.

nicht gern trincken den Kelch der zeitlichen trubsalen/ wan
er zugleich förchtet die Peyn der Höllen: und wer wird
nicht verdammen die Sussigkeit deß zeitlichen/ dem da dur-
stet nach der Lieblichkeit deß ewigen Lebens: Mit meh-
rer Forcht verachtet man das Geringe/ und mit grösser
Begierd der Ewigkeit/ hat man einen Verdruß an allem
Zeitlichen.
Dahero hat der Abt Olympius/ da er gefragt worden/
wie er ein so greißliche Höhl bewohnen/ und so grosse Hitze/ sambt dem
immerwährenden Beissen der Wand-Leusen übertragen könne? geant-

wortet/
J i i i

Von den Peynen der Hoͤllen.
lichem Weinen und Betten gezuͤchtiget; daß ſein Leben gnugſames Zeugnuß
gegeben/ daß er die hoͤlliſche Peynen geſehen habe/ wann ſchon die Zung ge-
ſchwiegen haͤtte. Er hat auch geſagt/ daß er einige groſſe Herren dieſer Welt
in den Tormenten geſehen habe. Auch erzehlet der Ehr-wuͤrdige Vatter Be-
da von einem geſtorbenen Soldaten/ welcher durch GOttes Guͤtigkeit zum
Leben erweckt/ und durch die erſchroͤckliche Tormenten dergeſtalt iſt bewegt
worden/ daß er alsbald in die Wuͤſten nicht gegangen/ ſondern gelauffen/ und
ſich daſelbſt nahe bey einem Fluß ein Cellulein gebauet/ in welchem er ſich
mit den Kleydern offt getummelt/ und ſelbige ans Leib frieren laſſen nachinals
in ein ſehr hitziges Bad gegangen/ damit er alſo durch die hurtige Abwechs-
lung deren beyden Schmertzen/ deſto groͤſſere Peyn leyden moͤgte. Da er nun
von andern dar uͤber beſtraffet/ und gefragt worden/ warumb er ſolches thue?
hat er ihnen alſo geantwortet: Wann ihr geſehen haͤttet/ was ich geſehen hab/
ſo wuͤrdet ihr villeicht noch groͤſſere Ding thuen. Alſo iſt ſelbiger in dieſem
ſtrengen Leben biß zum End verharret. Auff daß du nun denen Straffen
peinlichen Hals-Gerichts entgehen moͤgeſt; ſo betrachte dieſelbe gar offt dannHom. 3.
in Ep. ad
Theſſ.

es kan ſchwerlich oder zumahlen nicht geſchehen/ ſagt der Heil. Chriſoſtomus
daß eine Seel/ dero die Hoͤllen-Furcht ſtets anklebt/ leichtlich ſuͤndige. Kei-
ner/ der die Hoͤll vor Augen hat/ wird in die Hoͤll kommen. Und keiner der die
Hoͤll nicht achtet/ wird der Hoͤllen entkommen. Dann wie einer mehr foͤrchtet
die Straff/ ſo er verdienet hat/ je mehr beweint er die Schuld/ die er begangen
hat. Auch wird der Menſch auß der Betrachtung dieſer hoͤlliſchen Tormen-
ten/ in Ertragung der Widerwaͤrtigkeiten um Chriſti Willen/ uͤber die Maſ-
ſen ſehr geſtaͤrcket: Dann/ gleich wie der H. Vattter ſagt/ was derSer. 109.
Menſch immer ſchwaͤres leidet/ daß iſt in Anſehung deß
ewigen Feurs/ nicht allein ein gar geringes/ ſondern auch
ein lauteres Nichts.
Und an einem andern Ort ſagt er: Wer willIdem in
Pſ.
69.

nicht gern trincken den Kelch der zeitlichen trůbſalen/ wan
er zugleich foͤrchtet die Peyn der Hoͤllen: und wer wird
nicht verdammen die Sůſſigkeit deß zeitlichen/ dem da důr-
ſtet nach der Lieblichkeit deß ewigen Lebens: Mit meh-
rer Forcht verachtet man das Geringe/ und mit groͤſſer
Begierd der Ewigkeit/ hat man einen Verdruß an allem
Zeitlichen.
Dahero hat der Abt Olympius/ da er gefragt worden/
wie er ein ſo greißliche Hoͤhl bewohnen/ und ſo groſſe Hitze/ ſambt dem
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wortet/
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[617/0645] Von den Peynen der Hoͤllen. lichem Weinen und Betten gezuͤchtiget; daß ſein Leben gnugſames Zeugnuß gegeben/ daß er die hoͤlliſche Peynen geſehen habe/ wann ſchon die Zung ge- ſchwiegen haͤtte. Er hat auch geſagt/ daß er einige groſſe Herren dieſer Welt in den Tormenten geſehen habe. Auch erzehlet der Ehr-wuͤrdige Vatter Be- da von einem geſtorbenen Soldaten/ welcher durch GOttes Guͤtigkeit zum Leben erweckt/ und durch die erſchroͤckliche Tormenten dergeſtalt iſt bewegt worden/ daß er alsbald in die Wuͤſten nicht gegangen/ ſondern gelauffen/ und ſich daſelbſt nahe bey einem Fluß ein Cellulein gebauet/ in welchem er ſich mit den Kleydern offt getummelt/ und ſelbige ans Leib frieren laſſen nachinals in ein ſehr hitziges Bad gegangen/ damit er alſo durch die hurtige Abwechs- lung deren beyden Schmertzen/ deſto groͤſſere Peyn leyden moͤgte. Da er nun von andern dar uͤber beſtraffet/ und gefragt worden/ warumb er ſolches thue? hat er ihnen alſo geantwortet: Wann ihr geſehen haͤttet/ was ich geſehen hab/ ſo wuͤrdet ihr villeicht noch groͤſſere Ding thuen. Alſo iſt ſelbiger in dieſem ſtrengen Leben biß zum End verharret. Auff daß du nun denen Straffen peinlichen Hals-Gerichts entgehen moͤgeſt; ſo betrachte dieſelbe gar offt dann es kan ſchwerlich oder zumahlen nicht geſchehen/ ſagt der Heil. Chriſoſtomus daß eine Seel/ dero die Hoͤllen-Furcht ſtets anklebt/ leichtlich ſuͤndige. Kei- ner/ der die Hoͤll vor Augen hat/ wird in die Hoͤll kommen. Und keiner der die Hoͤll nicht achtet/ wird der Hoͤllen entkommen. Dann wie einer mehr foͤrchtet die Straff/ ſo er verdienet hat/ je mehr beweint er die Schuld/ die er begangen hat. Auch wird der Menſch auß der Betrachtung dieſer hoͤlliſchen Tormen- ten/ in Ertragung der Widerwaͤrtigkeiten um Chriſti Willen/ uͤber die Maſ- ſen ſehr geſtaͤrcket: Dann/ gleich wie der H. Vattter ſagt/ was der Menſch immer ſchwaͤres leidet/ daß iſt in Anſehung deß ewigen Feurs/ nicht allein ein gar geringes/ ſondern auch ein lauteres Nichts. Und an einem andern Ort ſagt er: Wer will nicht gern trincken den Kelch der zeitlichen trůbſalen/ wan er zugleich foͤrchtet die Peyn der Hoͤllen: und wer wird nicht verdammen die Sůſſigkeit deß zeitlichen/ dem da důr- ſtet nach der Lieblichkeit deß ewigen Lebens: Mit meh- rer Forcht verachtet man das Geringe/ und mit groͤſſer Begierd der Ewigkeit/ hat man einen Verdruß an allem Zeitlichen. Dahero hat der Abt Olympius/ da er gefragt worden/ wie er ein ſo greißliche Hoͤhl bewohnen/ und ſo groſſe Hitze/ ſambt dem immerwaͤhrenden Beiſſen der Wand-Leuſen uͤbertragen koͤnne? geant- wortet/ Hom. 3. in Ep. ad Theſſ. Ser. 109. Idem in Pſ. 69. J i i i

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 617. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/645>, abgerufen am 05.05.2024.