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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Die Sieben und Viertzigste Geistliche Lection
sehr wenigen die höchste Gnad deß Verharrens mitgetheilet: Er will/ daß
die übrige zwischen Hoffnung und Forcht ihr Heyl wircken/ und also zum
Gericht hinzugehen. Dahero wird keiner gefunden/ der nicht mit dem
Job zu sagen genöthiget werde: Wann ich schon etwas Reches
haben werd/ so will ich doch nicht antworten/ sondern
meinen Richter bitten.

16. Dieweilen nun GOtt diese höchste Verharrung keinem verspricht/
und wir selbige durch keine tugendsame Werck jemahlen verdienen können;
so will sichs fürwahr geziemen/ daß wir selbige Gnad zu aller Stund mit
demütigstem Bitten begehren/ und alle die jenige zu Hülff ruffen/ welche
zu Erlangung derselben uns können beförderlich seyn: Alsdann wird un-
Prov. 3.ser also bewaffnetes Gebett nicht krafftloß seyn. Derhalben bereitet
den Weeg deß HErrn/ machet seine Stege richtig.
Der
Luc. 23.
14.
HErr ist nahe bey/ der Richter stehet vor der Thür. Seelig ist der
Mensch der allzeit forchtsamb ist/ der aber hart von Ge-
müth ist/ der wird in Vnglück fallen.
Keiner sagt mit dem fau-
len Haußhalter: Graben kan ich nicht/ zu betteln schäm ich
mich:
sondern sagte: Graben kan ich/ zu betteln schäm ich
mich nicht.
Verfüge dich zu deinem Gewissen/ mein Christliche Seel/
und grabe daselbst: gehe vor die Thür deß Himmels/ und Bettle da. Suche
dir zu gewinnen die Mutter deß Richters: mach dir die Engeln GOttes zu
Freund/ und ruffe zu Hülff alle Außerwöhlte deß HErrn. Und was förchte-
stu dich? Gehe hin zum Richter selbst/ und überlege mit selbigem deine Sach
in aller Verträuligkeit: Jetzt bitte/ jetzt falle ihm zu Füssen/ da es noch Zeit
ist/ die Gnaden-Thür stehet noch offen. Vor allem aber übe dich in den
Wercken der Liebe/ und sehe zu/ daß dein Leydender Jesus niemahlen auß dei-
ner Gedächtnuß lange Zeit auß geschlossen bleibe; dann du hast auß vorher-
gehender Lection gnugsamb erlernet/ wie sehr sich der himmlische Richter
das Mitt-Leyden über seine erlittene Schmertzen gefallen lasse. Zur Lin-
derung dieses strengen Gerichts kan auch ein grosses beytragen die bestän-
ge Verchrung der GOttes- Gebährerin/ und der Heiligen/ wie sichs her-
nach zeigen wird. Nehme für lieb/ mein Christliche Seel/ diese kurtze Lection
von dem besondern Gericht/ und wann du selbige wohl betrachtet hast/ so
wende dich zu dem dritten der vier letzten Dingen/ welches ist
die Peyn der Höllen.

Die

Die Sieben und Viertzigſte Geiſtliche Lection
ſehr wenigen die hoͤchſte Gnad deß Verharrens mitgetheilet: Er will/ daß
die uͤbrige zwiſchen Hoffnung und Forcht ihr Heyl wircken/ und alſo zum
Gericht hinzugehen. Dahero wird keiner gefunden/ der nicht mit dem
Job zu ſagen genoͤthiget werde: Wann ich ſchon etwas Reches
haben werd/ ſo will ich doch nicht antworten/ ſondern
meinen Richter bitten.

16. Dieweilen nun GOtt dieſe hoͤchſte Verharrung keinem verſpricht/
und wir ſelbige durch keine tugendſame Werck jemahlen verdienen koͤnnen;
ſo will ſichs fuͤrwahr geziemen/ daß wir ſelbige Gnad zu aller Stund mit
demuͤtigſtem Bitten begehren/ und alle die jenige zu Huͤlff ruffen/ welche
zu Erlangung derſelben uns koͤnnen befoͤrderlich ſeyn: Alsdann wird un-
Prov. 3.ſer alſo bewaffnetes Gebett nicht krafftloß ſeyn. Derhalben bereitet
den Weeg deß HErrn/ machet ſeine Stege richtig.
Der
Luc. 23.
14.
HErr iſt nahe bey/ der Richter ſtehet vor der Thuͤr. Seelig iſt der
Menſch der allzeit forchtſamb iſt/ der aber hart von Ge-
muͤth iſt/ der wird in Vnglück fallen.
Keiner ſagt mit dem fau-
len Haußhalter: Graben kan ich nicht/ zu betteln ſchaͤm ich
mich:
ſondern ſagte: Graben kan ich/ zu betteln ſchaͤm ich
mich nicht.
Verfuͤge dich zu deinem Gewiſſen/ mein Chriſtliche Seel/
und grabe daſelbſt: gehe vor die Thuͤr deß Himmels/ und Bettle da. Suche
dir zu gewinnen die Mutter deß Richters: mach dir die Engeln GOttes zu
Freund/ und ruffe zu Huͤlff alle Außerwoͤhlte deß HErrn. Und was foͤrchte-
ſtu dich? Gehe hin zum Richter ſelbſt/ und uͤberlege mit ſelbigem deine Sach
in aller Vertraͤuligkeit: Jetzt bitte/ jetzt falle ihm zu Fuͤſſen/ da es noch Zeit
iſt/ die Gnaden-Thuͤr ſtehet noch offen. Vor allem aber uͤbe dich in den
Wercken der Liebe/ und ſehe zu/ daß dein Leydender Jeſus niemahlen auß dei-
ner Gedaͤchtnuß lange Zeit auß geſchloſſen bleibe; dann du haſt auß vorher-
gehender Lection gnugſamb erlernet/ wie ſehr ſich der himmliſche Richter
das Mitt-Leyden uͤber ſeine erlittene Schmertzen gefallen laſſe. Zur Lin-
derung dieſes ſtrengen Gerichts kan auch ein groſſes beytragen die beſtaͤn-
ge Verchrung der GOttes- Gebaͤhrerin/ und der Heiligen/ wie ſichs her-
nach zeigen wird. Nehme fuͤr lieb/ mein Chriſtliche Seel/ dieſe kurtze Lection
von dem beſondern Gericht/ und wann du ſelbige wohl betrachtet haſt/ ſo
wende dich zu dem dritten der vier letzten Dingen/ welches iſt
die Peyn der Hoͤllen.

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[604/0632] Die Sieben und Viertzigſte Geiſtliche Lection ſehr wenigen die hoͤchſte Gnad deß Verharrens mitgetheilet: Er will/ daß die uͤbrige zwiſchen Hoffnung und Forcht ihr Heyl wircken/ und alſo zum Gericht hinzugehen. Dahero wird keiner gefunden/ der nicht mit dem Job zu ſagen genoͤthiget werde: Wann ich ſchon etwas Reches haben werd/ ſo will ich doch nicht antworten/ ſondern meinen Richter bitten. 16. Dieweilen nun GOtt dieſe hoͤchſte Verharrung keinem verſpricht/ und wir ſelbige durch keine tugendſame Werck jemahlen verdienen koͤnnen; ſo will ſichs fuͤrwahr geziemen/ daß wir ſelbige Gnad zu aller Stund mit demuͤtigſtem Bitten begehren/ und alle die jenige zu Huͤlff ruffen/ welche zu Erlangung derſelben uns koͤnnen befoͤrderlich ſeyn: Alsdann wird un- ſer alſo bewaffnetes Gebett nicht krafftloß ſeyn. Derhalben bereitet den Weeg deß HErrn/ machet ſeine Stege richtig. Der HErr iſt nahe bey/ der Richter ſtehet vor der Thuͤr. Seelig iſt der Menſch der allzeit forchtſamb iſt/ der aber hart von Ge- muͤth iſt/ der wird in Vnglück fallen. Keiner ſagt mit dem fau- len Haußhalter: Graben kan ich nicht/ zu betteln ſchaͤm ich mich: ſondern ſagte: Graben kan ich/ zu betteln ſchaͤm ich mich nicht. Verfuͤge dich zu deinem Gewiſſen/ mein Chriſtliche Seel/ und grabe daſelbſt: gehe vor die Thuͤr deß Himmels/ und Bettle da. Suche dir zu gewinnen die Mutter deß Richters: mach dir die Engeln GOttes zu Freund/ und ruffe zu Huͤlff alle Außerwoͤhlte deß HErrn. Und was foͤrchte- ſtu dich? Gehe hin zum Richter ſelbſt/ und uͤberlege mit ſelbigem deine Sach in aller Vertraͤuligkeit: Jetzt bitte/ jetzt falle ihm zu Fuͤſſen/ da es noch Zeit iſt/ die Gnaden-Thuͤr ſtehet noch offen. Vor allem aber uͤbe dich in den Wercken der Liebe/ und ſehe zu/ daß dein Leydender Jeſus niemahlen auß dei- ner Gedaͤchtnuß lange Zeit auß geſchloſſen bleibe; dann du haſt auß vorher- gehender Lection gnugſamb erlernet/ wie ſehr ſich der himmliſche Richter das Mitt-Leyden uͤber ſeine erlittene Schmertzen gefallen laſſe. Zur Lin- derung dieſes ſtrengen Gerichts kan auch ein groſſes beytragen die beſtaͤn- ge Verchrung der GOttes- Gebaͤhrerin/ und der Heiligen/ wie ſichs her- nach zeigen wird. Nehme fuͤr lieb/ mein Chriſtliche Seel/ dieſe kurtze Lection von dem beſondern Gericht/ und wann du ſelbige wohl betrachtet haſt/ ſo wende dich zu dem dritten der vier letzten Dingen/ welches iſt die Peyn der Hoͤllen. Prov. 3. Luc. 23. 14. Die

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 604. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/632>, abgerufen am 05.05.2024.