Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.Von dem besondern Gericht. ren/ auff daß ich mit meinem Weinen dem Weinen vor-komme: Siehe/ mein Christliche Seel/ thut daß der fromme und un- sträffliche Bernardus? Entsetzt sich dieser also von allem dem/ was sich an jenem Tag wird zutragen/ wie grosse Ursach zu erstarren hat dann nicht ein träger Geistlicher/ der seine Regulen bey weitem nicht haltet/ wie Ber- nardus gethan hat? Was ein Grausen und Schröcken wird nicht über- fallen einen in Sünden vertiefften Menschen/ wann der fromme David bettet: HERR/ gehe nicht zu Gericht mit deinem Knecht/P al. 142. Luc. 23. v. 3. dann vor deinem Angesicht wird kein Lebendiger gerecht- fertiget werden. Sollen wir uns nicht allhier der Worten unsers Heylands gebrauchen und sagen: Thun sie das am grünen Holtz/ was wird dann am Dörren geschehen: Wann in solchen äng- sten seynd die Freund GOttes/ was wird dann nicht widerfahren den Feinden? 13. Zu Pariß in Franckreich/ in einem Franciscaner Kloster/ ist ein 14. Jch bilde mir anders nicht ein/ als die Leut müssen nicht glauben/ daß tes/ G g g g
Von dem beſondern Gericht. ren/ auff daß ich mit meinem Weinen dem Weinen vor-komme: Siehe/ mein Chriſtliche Seel/ thut daß der fromme und un- ſtraͤffliche Bernardus? Entſetzt ſich dieſer alſo von allem dem/ was ſich an jenem Tag wird zutragen/ wie groſſe Urſach zu erſtarren hat dann nicht ein traͤger Geiſtlicher/ der ſeine Regulen bey weitem nicht haltet/ wie Ber- nardus gethan hat? Was ein Grauſen und Schroͤcken wird nicht uͤber- fallen einen in Suͤnden vertiefften Menſchen/ wann der fromme David bettet: HERR/ gehe nicht zu Gericht mit deinem Knecht/P al. 142. Luc. 23. v. 3. dann vor deinem Angeſicht wird kein Lebendiger gerecht- fertiget werden. Sollen wir uns nicht allhier der Worten unſers Heylands gebrauchen und ſagen: Thun ſie das am grünen Holtz/ was wird dann am Doͤrren geſchehen: Wann in ſolchen aͤng- ſten ſeynd die Freund GOttes/ was wird dann nicht widerfahren den Feinden? 13. Zu Pariß in Franckreich/ in einem Franciſcaner Kloſter/ iſt ein 14. Jch bilde mir anders nicht ein/ als die Leut muͤſſen nicht glauben/ daß tes/ G g g g
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Von dem beſondern Gericht.
ren/ auff daß ich mit meinem Weinen dem Weinen vor-
komme: Siehe/ mein Chriſtliche Seel/ thut daß der fromme und un-
ſtraͤffliche Bernardus? Entſetzt ſich dieſer alſo von allem dem/ was ſich an
jenem Tag wird zutragen/ wie groſſe Urſach zu erſtarren hat dann nicht ein
traͤger Geiſtlicher/ der ſeine Regulen bey weitem nicht haltet/ wie Ber-
nardus gethan hat? Was ein Grauſen und Schroͤcken wird nicht uͤber-
fallen einen in Suͤnden vertiefften Menſchen/ wann der fromme David
bettet: HERR/ gehe nicht zu Gericht mit deinem Knecht/
dann vor deinem Angeſicht wird kein Lebendiger gerecht-
fertiget werden. Sollen wir uns nicht allhier der Worten unſers
Heylands gebrauchen und ſagen: Thun ſie das am grünen Holtz/
was wird dann am Doͤrren geſchehen: Wann in ſolchen aͤng-
ſten ſeynd die Freund GOttes/ was wird dann nicht widerfahren den
Feinden?
P al. 142.
Luc. 23. v.
3.
13. Zu Pariß in Franckreich/ in einem Franciſcaner Kloſter/ iſt ein
Geiſtlicher Neuling zu ſterben kommen/ und hat in ſeiner letzten Stund er-
ſchroͤcklicher Weiß zu ruffen angehebt/ und geſagt: O ich armſeeliger
Menſch/ waͤre ich doch niemahl gebohren! Ein wenig
hernach ſagt er: Jch bitte dich/ gehe doch mit der Waage
treulich umb. Und gleich darauff ſagt er: Lege etwas von den
Schmertzen JEſu darzu. Dieſes ſcheinete den Anweſenden nur
ein Traum odet Krancken Fabul zu ſeyn. Nicht lang hernach rufft er:
Jetzt iſts recht. Da er nun wiederumb zu ſich kommen/ hat er erzeh-
let/ daß er geſehen habe/ wie ſcharffe Rechenſchafft der gerechte GOtt for-
dere/ auch von den heimblichen Gedancken/ von den muͤſſigen Worten/
und von den allergeringſten Fehlern. Es wird/ ſagt er/ durch die Waa-
ge alles genau erforſchet/ dahero hab ich mich fuͤr ungluͤckſeelig außge-
ſchriehen/ und den Waag-Meiſter umb Huͤlff erſucht. Und da ich ſa-
he/ daß meine Verdienſten gegen meine Suͤnden zu leicht waͤren/ da fieng
ich an zu betten/ es moͤgte von den Verdienſten deß leydenden Heylandes
meinen Verdienſten etwas zugelegt werden: ſo auch geſchehen. Allhier
hab ich einen Muth geſchoͤpfft und geſagt: daß nun alles recht ſeye. Nach
dieſen Worten iſt der Junge Muͤnch verſchieden.
14. Jch bilde mir anders nicht ein/ als die Leut muͤſſen nicht glauben/ daß
GOtt von unſerm Thun und Laſſen ſo ſcharffe Rechenſchafft fordere/
ſonſten waͤre es ſchier unmoͤglich/ ſie wuͤrden ſo uͤbel nicht leben. Wir
hoͤren ſo viele erſchroͤckliche Wunder/ ſo handgreiffliche Zeichen deß ge-
nauen Gerichts GOttes/ unter welchen ich dieſes/ ob zwarn ſehr beken-
tes/
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Zitationshilfe: | Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 601. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/629>, abgerufen am 16.07.2024. |