Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.Von dem besondern Gericht. wort/ was hab ich fur grosse Missethaten und Sünden:Siehe/ da hat der todte Mensch sich mit dem Haupt von der Bahren auffge- richtet/ und mit harter Stimm geruffen: Auß gerechtem Vrtheil GOttes bin ich angeklagt worden. Und hat also das Haupt nie- der gelegt. Von dieser ungewohnlichen Stimm seynd alle Umbstehende billig zerschlagen worden; und hat man beschlossen/ mit der angefangenen Begängnuß einzuhalten/ und selbige den folgenden Tag abermahl zu halten/ damit sich also deß erhebten Traur Spiels weiterer Außgang zeigen mögte. Diese seltzsame Zeitung wird inzwischen bey der gantzen Stadt kundbar; und da zu der zweyten Begängnüß ein jeder zugelauffen/ und es nunmehr wie- derumb zu den oberwehnten Worten kommen: Gib mir antwort/ &c. Da hat sich der Todte abermahl erhoben und gesagt: Auß gerechtem Vrtheil Gottes bin ich gerichtet worden: und also ist er widerum nieder gelegen. Jndem nun hierüber alle sich mehr als vorhin bestürtzet/ als ist für rathtsamb befunden worden/ die Begängnuß biß auff fol- genden Tag zu verschieben. An welchem/ und zu offt gemeldten Worten: Gib mir antwort/ &c. der todte Mensch sich/ wie zuvorn/ erhebt/ und mit grausamer Stimm geruffen: Auß gerechtem Vrtheil GOttes bin ich verdambt worden. Da seynd alle/ gleich wie vom Donner zerschlagen worden/ und hat einer den andern mit grosser Verwunderung angesehen und gesagt: wer wird dann können seelig werden/ wann ein so frommer und gelehrter Mann verdambt wird? Da hat ein jeder den Todt/ und das schwäre Urtheil GOttes zu betrachten ange- fangen: da hats geheissen; ich will mein Leben bessern/ ich will für meine Sünden Buß thun; und dergleichen. Der Leichnamb ist unterdessen auff ein ungeweyhetes Ort begraben worden. 4. Wanns nun bey dem Gericht GOttes so scharff hergehet/ daß auch der F f f f
Von dem beſondern Gericht. wort/ was hab ich fůr groſſe Miſſethaten und Sünden:Siehe/ da hat der todte Menſch ſich mit dem Haupt von der Bahren auffge- richtet/ und mit harter Stimm geruffen: Auß gerechtem Vrtheil GOttes bin ich angeklagt worden. Und hat alſo das Haupt nie- der gelegt. Von dieſer ungewohnlichen Stimm ſeynd alle Umbſtehende billig zerſchlagen worden; und hat man beſchloſſen/ mit der angefangenen Begaͤngnuß einzuhalten/ und ſelbige den folgenden Tag abermahl zu halten/ damit ſich alſo deß erhebten Traur Spiels weiterer Außgang zeigen moͤgte. Dieſe ſeltzſame Zeitung wird inzwiſchen bey der gantzen Stadt kundbar; und da zu der zweyten Begaͤngnuͤß ein jeder zugelauffen/ und es nunmehr wie- derumb zu den oberwehnten Worten kommen: Gib mir antwort/ &c. Da hat ſich der Todte abermahl erhoben und geſagt: Auß gerechtem Vrtheil Gottes bin ich gerichtet worden: und alſo iſt er widerum nieder gelegen. Jndem nun hieruͤber alle ſich mehr als vorhin beſtuͤrtzet/ als iſt fuͤr rathtſamb befunden worden/ die Begaͤngnuß biß auff fol- genden Tag zu verſchieben. An welchem/ und zu offt gemeldten Worten: Gib mir antwort/ &c. der todte Menſch ſich/ wie zuvorn/ erhebt/ und mit grauſamer Stimm geruffen: Auß gerechtem Vrtheil GOttes bin ich verdambt worden. Da ſeynd alle/ gleich wie vom Donner zerſchlagen worden/ und hat einer den andern mit groſſer Verwunderung angeſehen und geſagt: wer wird dann koͤnnen ſeelig werden/ wann ein ſo frommer und gelehrter Mann verdambt wird? Da hat ein jeder den Todt/ und das ſchwaͤre Urtheil GOttes zu betrachten ange- fangen: da hats geheiſſen; ich will mein Leben beſſern/ ich will fuͤr meine Suͤnden Buß thun; und dergleichen. Der Leichnamb iſt unterdeſſen auff ein ungeweyhetes Ort begraben worden. 4. Wanns nun bey dem Gericht GOttes ſo ſcharff hergehet/ daß auch der F f f f
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0621" n="593"/><fw place="top" type="header">Von dem beſondern Gericht.</fw><lb/><hi rendition="#fr">wort/ was hab ich fůr groſſe Miſſethaten und Sünden:</hi><lb/> Siehe/ da hat der todte Menſch ſich mit dem Haupt von der Bahren auffge-<lb/> richtet/ und mit harter Stimm geruffen: <hi rendition="#fr">Auß gerechtem Vrtheil<lb/> GOttes bin ich angeklagt worden.</hi> Und hat alſo das Haupt nie-<lb/> der gelegt. Von dieſer ungewohnlichen Stimm ſeynd alle Umbſtehende<lb/> billig zerſchlagen worden; und hat man beſchloſſen/ mit der angefangenen<lb/> Begaͤngnuß einzuhalten/ und ſelbige den folgenden Tag abermahl zu halten/<lb/> damit ſich alſo deß erhebten Traur Spiels weiterer Außgang zeigen moͤgte.<lb/> Dieſe ſeltzſame Zeitung wird inzwiſchen bey der gantzen Stadt kundbar; und<lb/> da zu der zweyten Begaͤngnuͤß ein jeder zugelauffen/ und es nunmehr wie-<lb/> derumb zu den oberwehnten Worten kommen: <hi rendition="#fr">Gib mir antwort/</hi> <hi rendition="#aq">&c.</hi><lb/> Da hat ſich der Todte abermahl erhoben und geſagt: <hi rendition="#fr">Auß gerechtem<lb/> Vrtheil Gottes bin ich gerichtet worden:</hi> und alſo iſt er widerum<lb/> nieder gelegen. Jndem nun hieruͤber alle ſich mehr als vorhin beſtuͤrtzet/ als iſt<lb/> fuͤr rathtſamb befunden worden/ die Begaͤngnuß biß auff fol-<lb/> genden Tag zu verſchieben. An welchem/ und zu offt gemeldten<lb/> Worten: <hi rendition="#fr">Gib mir antwort/</hi> <hi rendition="#aq">&c.</hi> der todte Menſch ſich/ wie<lb/> zuvorn/ erhebt/ und mit grauſamer Stimm geruffen: <hi rendition="#fr">Auß gerechtem<lb/> Vrtheil GOttes bin ich verdambt worden.</hi> Da ſeynd alle/<lb/> gleich wie vom Donner zerſchlagen worden/ und hat einer den andern mit<lb/> groſſer Verwunderung angeſehen und geſagt: wer wird dann koͤnnen ſeelig<lb/> werden/ wann ein ſo frommer und gelehrter Mann verdambt wird? Da<lb/> hat ein jeder den Todt/ und das ſchwaͤre Urtheil GOttes zu betrachten ange-<lb/> fangen: da hats geheiſſen; ich will mein Leben beſſern/ ich will fuͤr meine<lb/><hi rendition="#fr">S</hi>uͤnden Buß thun; und dergleichen. Der Leichnamb iſt unterdeſſen auff<lb/> ein ungeweyhetes Ort begraben worden.</p><lb/> <p>4. Wanns nun bey dem Gericht GOttes ſo ſcharff hergehet/ daß auch<lb/> der gerechte kaum beſtehen kan; wer ſolte dann nicht mit dem obgemeldten<lb/> Brunone die Gelegenheiten der <hi rendition="#fr">S</hi>uͤnden zu fliehen trachten? Dieſer ge-<lb/> lehrte Mann hat das zugeſchauete Trauer-Spiel dermaſſen behertziget;<lb/> daß er ſeine Schuͤhler und gute Freund beyſammen geruffen und geſagt:<lb/> Liebe Bruͤder und Mit-Gegeſellen/ was ſollen wir anfangen? ihr habt den<lb/> ellenden und unverhofften Zuſtand unſeres frommen und gelehrten Docto-<lb/> ris gehoͤrt; wer wird ſich dann jetzt nicht zu foͤrchten haben/ wanns bey<lb/> dem Goͤttlichen Richterſtuhl alſo hergehet? Gedenckt/ mein lieber Kin-<lb/> <fw place="bottom" type="sig">F f f f</fw><fw place="bottom" type="catch">der</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [593/0621]
Von dem beſondern Gericht.
wort/ was hab ich fůr groſſe Miſſethaten und Sünden:
Siehe/ da hat der todte Menſch ſich mit dem Haupt von der Bahren auffge-
richtet/ und mit harter Stimm geruffen: Auß gerechtem Vrtheil
GOttes bin ich angeklagt worden. Und hat alſo das Haupt nie-
der gelegt. Von dieſer ungewohnlichen Stimm ſeynd alle Umbſtehende
billig zerſchlagen worden; und hat man beſchloſſen/ mit der angefangenen
Begaͤngnuß einzuhalten/ und ſelbige den folgenden Tag abermahl zu halten/
damit ſich alſo deß erhebten Traur Spiels weiterer Außgang zeigen moͤgte.
Dieſe ſeltzſame Zeitung wird inzwiſchen bey der gantzen Stadt kundbar; und
da zu der zweyten Begaͤngnuͤß ein jeder zugelauffen/ und es nunmehr wie-
derumb zu den oberwehnten Worten kommen: Gib mir antwort/ &c.
Da hat ſich der Todte abermahl erhoben und geſagt: Auß gerechtem
Vrtheil Gottes bin ich gerichtet worden: und alſo iſt er widerum
nieder gelegen. Jndem nun hieruͤber alle ſich mehr als vorhin beſtuͤrtzet/ als iſt
fuͤr rathtſamb befunden worden/ die Begaͤngnuß biß auff fol-
genden Tag zu verſchieben. An welchem/ und zu offt gemeldten
Worten: Gib mir antwort/ &c. der todte Menſch ſich/ wie
zuvorn/ erhebt/ und mit grauſamer Stimm geruffen: Auß gerechtem
Vrtheil GOttes bin ich verdambt worden. Da ſeynd alle/
gleich wie vom Donner zerſchlagen worden/ und hat einer den andern mit
groſſer Verwunderung angeſehen und geſagt: wer wird dann koͤnnen ſeelig
werden/ wann ein ſo frommer und gelehrter Mann verdambt wird? Da
hat ein jeder den Todt/ und das ſchwaͤre Urtheil GOttes zu betrachten ange-
fangen: da hats geheiſſen; ich will mein Leben beſſern/ ich will fuͤr meine
Suͤnden Buß thun; und dergleichen. Der Leichnamb iſt unterdeſſen auff
ein ungeweyhetes Ort begraben worden.
4. Wanns nun bey dem Gericht GOttes ſo ſcharff hergehet/ daß auch
der gerechte kaum beſtehen kan; wer ſolte dann nicht mit dem obgemeldten
Brunone die Gelegenheiten der Suͤnden zu fliehen trachten? Dieſer ge-
lehrte Mann hat das zugeſchauete Trauer-Spiel dermaſſen behertziget;
daß er ſeine Schuͤhler und gute Freund beyſammen geruffen und geſagt:
Liebe Bruͤder und Mit-Gegeſellen/ was ſollen wir anfangen? ihr habt den
ellenden und unverhofften Zuſtand unſeres frommen und gelehrten Docto-
ris gehoͤrt; wer wird ſich dann jetzt nicht zu foͤrchten haben/ wanns bey
dem Goͤttlichen Richterſtuhl alſo hergehet? Gedenckt/ mein lieber Kin-
der
F f f f
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |