Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

Bild:
<< vorherige Seite

Von dem besondern Gericht.
würden/ wie der fromme Job mit diesem Seufftzer meldet: Wer glbtJob 14.
v.
13.

mir/ daß du mich in der Hölle beschirmest und verber-
gest mich/ biß dein Grimm vorüber gehe:
Nun erzehlet ein
Geistlicher auß dem Orden deß heiligen Francisei/ Nahmens Raphael de
Columba/ daß Philippus der Zweyte dieses Nahmens König in Hispanien
einsmahls unter währendem Ambt der heiligen! Meeß vermerckt habe/ daß
zween seiner fürnembsten Edel - Leuthen etwan verträulich miteinander ge-
schwätzet/ habe aber so lang durch die Finger gesehen/ biß er in sein Zimmer
kommen; allwo er diese beyde ernstlich angeredet und gesagt: Jhr sollet un-
ter mein Angesicht nit mehr kommen. Von diesen Worten seynd selbige der-
massen erschlagen worden/ daß einer auß Traurigkeit bald hernach gestor-
ben; der andere aber gantz närrisch worden ist. Wann daß die Stimm
eines blossen Menschen kan außwircken/ was wird dann nicht thun die Stimm
GOttes/ deß erschröcklichen Richters/ sonderbar bey denen/ so da in Forcht
stehen/ daß einem jeden auß ihnen gesagt werde: Gehe hin du Verfluchter
und komm mir nicht wiederum unter mein Angesicht/ gehe hin in das ewige
Feuer. Auch lesen wir in den Leben der H. H. Vätter/ daß einer einsmahlsApud
Dion.
Cart. de
4. No-
viss. a. 30.
Historia.

bey sich entschlossen habe geistlich zu werden/ welcher da seine Mutter ihn ab-
gehalten wollen/ derselben geantwortet habe: Mutter/ ich gedencke meine
Seel von dem ewigen Verderben zu erretten: und habe also den geistlichen
Stand angefangen; in dem er nachmahlen nicht wohl gelebt hat. Da er
nun nach dem Todt seiner Mutter/ einsmahls in eine schwähre Kranckheit
gefallen/ ist er in einer Verzuckung zum Gericht GOttes gefordert wor-
den/ und hat seine Mutter unter der Zahl der jenigen gefunden/ so da ge-
richtet würden; welche/ nachdem sie ihren Sohn gesehen hat/ sich darüber
entsetzt und gesagt: Was ist das/ mein Sohn/ daß auch du zu diesem Gericht
geforderet werdest? Wo seynd deine Wort/ so du zu mir gesprochen hast:
Jch will meine Seel von der Verdamnuß erretten? Uber diese Wort sei-
ner Mutter ist der Geistliche zumahlen beschämbt und närrisch wor-
den; Dieweilen er seiner Mutter nicht antworten können. Nach-
dem er nun durch die Barmhertzigkeit GOTTES/ von sei-
ner Kranckheit genesen ist/ hat er vermerckt/ daß ihm GOTT
dieses Gesicht zur Besserung seines bösen und gottlosen Lebens ge-
zeiget habe; derhalben hat er sich eingeschlossen/ und das Heyl
seiner Seelen mit desto grösserer und mehrer Sorgfalt gewircket.

Die-

Von dem beſondern Gericht.
wuͤrden/ wie der fromme Job mit dieſem Seufftzer meldet: Wer glbtJob 14.
v.
13.

mir/ daß du mich in der Hoͤlle beſchirmeſt und verber-
geſt mich/ biß dein Grimm vorüber gehe:
Nun erzehlet ein
Geiſtlicher auß dem Orden deß heiligen Franciſei/ Nahmens Raphael de
Columba/ daß Philippus der Zweyte dieſes Nahmens Koͤnig in Hiſpanien
einsmahls unter waͤhrendem Ambt der heiligen! Meeß vermerckt habe/ daß
zween ſeiner fuͤrnembſten Edel - Leuthen etwan vertraͤulich miteinander ge-
ſchwaͤtzet/ habe aber ſo lang durch die Finger geſehen/ biß er in ſein Zimmer
kommen; allwo er dieſe beyde ernſtlich angeredet und geſagt: Jhr ſollet un-
ter mein Angeſicht nit mehr kommen. Von dieſen Worten ſeynd ſelbige der-
maſſen erſchlagen worden/ daß einer auß Traurigkeit bald hernach geſtor-
ben; der andere aber gantz naͤrriſch worden iſt. Wann daß die Stimm
eines bloſſen Menſchen kan außwircken/ was wird dann nicht thun die Stimm
GOttes/ deß erſchroͤcklichen Richters/ ſonderbar bey denen/ ſo da in Forcht
ſtehen/ daß einem jeden auß ihnen geſagt werde: Gehe hin du Verfluchter
und komm mir nicht wiederum unter mein Angeſicht/ gehe hin in das ewige
Feuer. Auch leſen wir in den Leben der H. H. Vaͤtter/ daß einer einsmahlsApud
Dion.
Cart. de
4. No-
viſſ. a. 30.
Hiſtoria.

bey ſich entſchloſſen habe geiſtlich zu werden/ welcher da ſeine Mutter ihn ab-
gehalten wollen/ derſelben geantwortet habe: Mutter/ ich gedencke meine
Seel von dem ewigen Verderben zu erretten: und habe alſo den geiſtlichen
Stand angefangen; in dem er nachmahlen nicht wohl gelebt hat. Da er
nun nach dem Todt ſeiner Mutter/ einsmahls in eine ſchwaͤhre Kranckheit
gefallen/ iſt er in einer Verzuckung zum Gericht GOttes gefordert wor-
den/ und hat ſeine Mutter unter der Zahl der jenigen gefunden/ ſo da ge-
richtet wuͤrden; welche/ nachdem ſie ihren Sohn geſehen hat/ ſich daruͤber
entſetzt und geſagt: Was iſt das/ mein Sohn/ daß auch du zu dieſem Gericht
geforderet werdeſt? Wo ſeynd deine Wort/ ſo du zu mir geſprochen haſt:
Jch will meine Seel von der Verdamnuß erretten? Uber dieſe Wort ſei-
ner Mutter iſt der Geiſtliche zumahlen beſchaͤmbt und naͤrriſch wor-
den; Dieweilen er ſeiner Mutter nicht antworten koͤnnen. Nach-
dem er nun durch die Barmhertzigkeit GOTTES/ von ſei-
ner Kranckheit geneſen iſt/ hat er vermerckt/ daß ihm GOTT
dieſes Geſicht zur Beſſerung ſeines boͤſen und gottloſen Lebens ge-
zeiget habe; derhalben hat er ſich eingeſchloſſen/ und das Heyl
ſeiner Seelen mit deſto groͤſſerer und mehrer Sorgfalt gewircket.

Die-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0619" n="591"/><fw place="top" type="header">Von dem be&#x017F;ondern Gericht.</fw><lb/>
wu&#x0364;rden/ wie der fromme Job mit die&#x017F;em Seufftzer meldet: <hi rendition="#fr">Wer glbt</hi><note place="right"><hi rendition="#aq">Job 14.<lb/>
v.</hi> 13.</note><lb/><hi rendition="#fr">mir/ daß du mich in der Ho&#x0364;lle be&#x017F;chirme&#x017F;t und verber-<lb/>
ge&#x017F;t mich/ biß dein Grimm vorüber gehe:</hi> Nun erzehlet ein<lb/>
Gei&#x017F;tlicher auß dem Orden deß heiligen Franci&#x017F;ei/ Nahmens Raphael de<lb/>
Columba/ daß Philippus der Zweyte die&#x017F;es Nahmens Ko&#x0364;nig in Hi&#x017F;panien<lb/>
einsmahls unter wa&#x0364;hrendem Ambt der heiligen! Meeß vermerckt habe/ daß<lb/>
zween &#x017F;einer fu&#x0364;rnemb&#x017F;ten Edel - Leuthen etwan vertra&#x0364;ulich miteinander ge-<lb/>
&#x017F;chwa&#x0364;tzet/ habe aber &#x017F;o lang durch die Finger ge&#x017F;ehen/ biß er in &#x017F;ein Zimmer<lb/>
kommen; allwo er die&#x017F;e beyde ern&#x017F;tlich angeredet und ge&#x017F;agt: Jhr &#x017F;ollet un-<lb/>
ter mein Ange&#x017F;icht nit mehr kommen. Von die&#x017F;en Worten &#x017F;eynd &#x017F;elbige der-<lb/>
ma&#x017F;&#x017F;en er&#x017F;chlagen worden/ daß einer auß Traurigkeit bald hernach ge&#x017F;tor-<lb/>
ben; der andere aber gantz na&#x0364;rri&#x017F;ch worden i&#x017F;t. Wann daß die Stimm<lb/>
eines blo&#x017F;&#x017F;en Men&#x017F;chen kan außwircken/ was wird dann nicht thun die Stimm<lb/>
GOttes/ deß er&#x017F;chro&#x0364;cklichen Richters/ &#x017F;onderbar bey denen/ &#x017F;o da in Forcht<lb/>
&#x017F;tehen/ daß einem jeden auß ihnen ge&#x017F;agt werde: Gehe hin du Verfluchter<lb/>
und komm mir nicht wiederum unter mein Ange&#x017F;icht/ gehe hin in das ewige<lb/>
Feuer. Auch le&#x017F;en wir in den Leben der H. H. Va&#x0364;tter/ daß einer einsmahls<note place="right"><hi rendition="#aq">Apud<lb/>
Dion.<lb/>
Cart. de<lb/>
4. No-<lb/>
vi&#x017F;&#x017F;. a. 30.<lb/>
Hi&#x017F;toria.</hi></note><lb/>
bey &#x017F;ich ent&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en habe gei&#x017F;tlich zu werden/ welcher da &#x017F;eine Mutter ihn ab-<lb/>
gehalten wollen/ der&#x017F;elben geantwortet habe: Mutter/ ich gedencke meine<lb/>
Seel von dem ewigen Verderben zu erretten: und habe al&#x017F;o den gei&#x017F;tlichen<lb/>
Stand angefangen; in dem er nachmahlen nicht wohl gelebt hat. Da er<lb/>
nun nach dem Todt &#x017F;einer Mutter/ einsmahls in eine &#x017F;chwa&#x0364;hre Kranckheit<lb/>
gefallen/ i&#x017F;t er in einer Verzuckung zum Gericht GOttes gefordert wor-<lb/>
den/ und hat &#x017F;eine Mutter unter der Zahl der jenigen gefunden/ &#x017F;o da ge-<lb/>
richtet wu&#x0364;rden; welche/ nachdem &#x017F;ie ihren Sohn ge&#x017F;ehen hat/ &#x017F;ich daru&#x0364;ber<lb/>
ent&#x017F;etzt und ge&#x017F;agt: Was i&#x017F;t das/ mein Sohn/ daß auch du zu die&#x017F;em Gericht<lb/>
geforderet werde&#x017F;t? Wo &#x017F;eynd deine Wort/ &#x017F;o du zu mir ge&#x017F;prochen ha&#x017F;t:<lb/>
Jch will meine Seel von der Verdamnuß erretten? Uber die&#x017F;e Wort &#x017F;ei-<lb/>
ner Mutter i&#x017F;t der Gei&#x017F;tliche zumahlen be&#x017F;cha&#x0364;mbt und na&#x0364;rri&#x017F;ch wor-<lb/>
den; Dieweilen er &#x017F;einer Mutter nicht antworten ko&#x0364;nnen. Nach-<lb/>
dem er nun durch die Barmhertzigkeit <hi rendition="#g">GOTTES/</hi> von &#x017F;ei-<lb/>
ner Kranckheit gene&#x017F;en i&#x017F;t/ hat er vermerckt/ daß ihm GOTT<lb/>
die&#x017F;es Ge&#x017F;icht zur Be&#x017F;&#x017F;erung &#x017F;eines bo&#x0364;&#x017F;en und gottlo&#x017F;en Lebens ge-<lb/>
zeiget habe; derhalben hat er &#x017F;ich einge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en/ und das Heyl<lb/>
&#x017F;einer Seelen mit de&#x017F;to gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;erer und mehrer Sorgfalt gewircket.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Die-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[591/0619] Von dem beſondern Gericht. wuͤrden/ wie der fromme Job mit dieſem Seufftzer meldet: Wer glbt mir/ daß du mich in der Hoͤlle beſchirmeſt und verber- geſt mich/ biß dein Grimm vorüber gehe: Nun erzehlet ein Geiſtlicher auß dem Orden deß heiligen Franciſei/ Nahmens Raphael de Columba/ daß Philippus der Zweyte dieſes Nahmens Koͤnig in Hiſpanien einsmahls unter waͤhrendem Ambt der heiligen! Meeß vermerckt habe/ daß zween ſeiner fuͤrnembſten Edel - Leuthen etwan vertraͤulich miteinander ge- ſchwaͤtzet/ habe aber ſo lang durch die Finger geſehen/ biß er in ſein Zimmer kommen; allwo er dieſe beyde ernſtlich angeredet und geſagt: Jhr ſollet un- ter mein Angeſicht nit mehr kommen. Von dieſen Worten ſeynd ſelbige der- maſſen erſchlagen worden/ daß einer auß Traurigkeit bald hernach geſtor- ben; der andere aber gantz naͤrriſch worden iſt. Wann daß die Stimm eines bloſſen Menſchen kan außwircken/ was wird dann nicht thun die Stimm GOttes/ deß erſchroͤcklichen Richters/ ſonderbar bey denen/ ſo da in Forcht ſtehen/ daß einem jeden auß ihnen geſagt werde: Gehe hin du Verfluchter und komm mir nicht wiederum unter mein Angeſicht/ gehe hin in das ewige Feuer. Auch leſen wir in den Leben der H. H. Vaͤtter/ daß einer einsmahls bey ſich entſchloſſen habe geiſtlich zu werden/ welcher da ſeine Mutter ihn ab- gehalten wollen/ derſelben geantwortet habe: Mutter/ ich gedencke meine Seel von dem ewigen Verderben zu erretten: und habe alſo den geiſtlichen Stand angefangen; in dem er nachmahlen nicht wohl gelebt hat. Da er nun nach dem Todt ſeiner Mutter/ einsmahls in eine ſchwaͤhre Kranckheit gefallen/ iſt er in einer Verzuckung zum Gericht GOttes gefordert wor- den/ und hat ſeine Mutter unter der Zahl der jenigen gefunden/ ſo da ge- richtet wuͤrden; welche/ nachdem ſie ihren Sohn geſehen hat/ ſich daruͤber entſetzt und geſagt: Was iſt das/ mein Sohn/ daß auch du zu dieſem Gericht geforderet werdeſt? Wo ſeynd deine Wort/ ſo du zu mir geſprochen haſt: Jch will meine Seel von der Verdamnuß erretten? Uber dieſe Wort ſei- ner Mutter iſt der Geiſtliche zumahlen beſchaͤmbt und naͤrriſch wor- den; Dieweilen er ſeiner Mutter nicht antworten koͤnnen. Nach- dem er nun durch die Barmhertzigkeit GOTTES/ von ſei- ner Kranckheit geneſen iſt/ hat er vermerckt/ daß ihm GOTT dieſes Geſicht zur Beſſerung ſeines boͤſen und gottloſen Lebens ge- zeiget habe; derhalben hat er ſich eingeſchloſſen/ und das Heyl ſeiner Seelen mit deſto groͤſſerer und mehrer Sorgfalt gewircket. Die- Job 14. v. 13. Apud Dion. Cart. de 4. No- viſſ. a. 30. Hiſtoria.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/619
Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 591. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/619>, abgerufen am 05.05.2024.