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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Von der Forcht GOttes.
sen Glauben hätte/ daß er mit dem Evangelischen Hauptman von ChristoM atth. 8
gelobt/ und zu hören gewürdiget würde: Jch hab so grossen Glau-
ben nicht gefunden in Jsrael.
Wann einer so unsträffliches Le-
ben führete/ daß ihn der Heyland mit dem Lob verehrete/ daß er den Nata-
nael gegeben und gesagt hat: Siehe der ist warhafftig ein
Jsraeliter/ in welchem kein Betrug ist.
Endlich/ wann einer
für die Ehr GOttes und Außbreitung deß Glaubens so eifferig wäre/ so
gearbeitet hätte/ und ein ausserwältes Gefäß von GOtt selbst genennet wür-
de/ wie Paulus. Und/ mit einem Wort/ wann er so vollkommen und
gerecht wäre/ wie der heilige Joannes der Täuffer/ daß er alle/ so von den
Weibern gebohren/ an Heiligkeit übertreffe; so kan er doch von der Forcht
nicht außgeschlossen werden; dann ob er schon allen den gemeldten Lob ver-
dienet hätte/ so hat er dannoch Ursach sich zu förchten; zumahlen der jeni-
ge/ so da vermeint/ er stehe/ nach Meynung deß Apostels/ solle zusehen/ daß
er nicht falle. Dahero sagt der fromme und erfahrne Job: Siehe/ die4. v. 18.
ihm dienen/ seynd nicht beständig/ und in seinen Engeln
hat er Bößheit gefunden: wie viel mehr die jenige/ wel-
che in Leymen Häussern wohnen.

5. Haben nun diese sich zu förchten/ welche auch alle die vorbenente Eh-
ren Titulen verdienet hätten; wie viel wichterige Ursach haben dann nicht
in Forcht zu leben die jenige/ so da mit den Stricken allerhand Sünden umb-
geben seynd/ und immer in grosser Gefahr ihres Heyls schweben? O
Blindheit! Wir wissen/ daß viele beruffen seynd/ aber wenig werden auß-
erwählet werden; wir wissen daß die ewige Warheit nicht liegen kan; und
daß nicht alle/ die da HErr/ HErr/ sagen/ werden zum Himmel eingelas-
sen werden; und gleichwohl leben wir in so gar geringer Forcht daher/ als
wann sothane Warheiten uns zum wenigsten gesagt wären. Dieß ist das
erste Bedencken. Zum andern bedencke/ mein Christliche Seel/ daß der
Mensch auffs wenigst ohne läßliche Sünd kaum leben könne. Wie groß
und schwär aber ein eintzige der gleichen Sünde seye/ das hastu in voriger
Lection vernommen. Es sagt der Heil. Geist durch den Mund deß aller-
weisesten Salomon: Sey nicht ohne Forcht der vergebenenEccl. 5. 5.
Sünde halben; und du förchtest dich nicht für den Sünden/ für welche
du oder geringe/ oder gar keine Buß gethan hast? Sollen uns nicht in Forcht
setzen die Sünden so wir täglich und immerfort begehen durch Gedancken/
durch Unwissenheit/ durch Vergessenheit/ durch Noth/ durch den Willen/Serm. 4.
de jejun.

durch einschleichen/ durch die Träum/ &c. Nicht leichtlich/ sagt
der heilige Papst Leo/ kombt ein Soldat in einem

hitzi-
D d d d 2

Von der Forcht GOttes.
ſen Glauben haͤtte/ daß er mit dem Evangeliſchen Hauptman von ChriſtoM atth. 8
gelobt/ und zu hoͤren gewuͤrdiget wuͤrde: Jch hab ſo groſſen Glau-
ben nicht gefunden in Jſrael.
Wann einer ſo unſtraͤffliches Le-
ben fuͤhrete/ daß ihn der Heyland mit dem Lob verehrete/ daß er den Nata-
nael gegeben und geſagt hat: Siehe der iſt warhafftig ein
Jſraeliter/ in welchem kein Betrug iſt.
Endlich/ wann einer
fuͤr die Ehr GOttes und Außbreitung deß Glaubens ſo eifferig waͤre/ ſo
gearbeitet haͤtte/ und ein auſſerwaͤltes Gefaͤß von GOtt ſelbſt genennet wuͤr-
de/ wie Paulus. Und/ mit einem Wort/ wann er ſo vollkommen und
gerecht waͤre/ wie der heilige Joannes der Taͤuffer/ daß er alle/ ſo von den
Weibern gebohren/ an Heiligkeit uͤbertreffe; ſo kan er doch von der Forcht
nicht außgeſchloſſen werden; dann ob er ſchon allen den gemeldten Lob ver-
dienet haͤtte/ ſo hat er dannoch Urſach ſich zu foͤrchten; zumahlen der jeni-
ge/ ſo da vermeint/ er ſtehe/ nach Meynung deß Apoſtels/ ſolle zuſehen/ daß
er nicht falle. Dahero ſagt der fromme und erfahrne Job: Siehe/ die4. v. 18.
ihm dienen/ ſeynd nicht beſtaͤndig/ und in ſeinen Engeln
hat er Boͤßheit gefunden: wie viel mehr die jenige/ wel-
che in Leymen Haͤuſſern wohnen.

5. Haben nun dieſe ſich zu foͤrchten/ welche auch alle die vorbenente Eh-
ren Titulen verdienet haͤtten; wie viel wichterige Urſach haben dann nicht
in Forcht zu leben die jenige/ ſo da mit den Stricken allerhand Suͤnden umb-
geben ſeynd/ und immer in groſſer Gefahr ihres Heyls ſchweben? O
Blindheit! Wir wiſſen/ daß viele beruffen ſeynd/ aber wenig werden auß-
erwaͤhlet werden; wir wiſſen daß die ewige Warheit nicht liegen kan; und
daß nicht alle/ die da HErr/ HErr/ ſagen/ werden zum Himmel eingelaſ-
ſen werden; und gleichwohl leben wir in ſo gar geringer Forcht daher/ als
wann ſothane Warheiten uns zum wenigſten geſagt waͤren. Dieß iſt das
erſte Bedencken. Zum andern bedencke/ mein Chriſtliche Seel/ daß der
Menſch auffs wenigſt ohne laͤßliche Suͤnd kaum leben koͤnne. Wie groß
und ſchwaͤr aber ein eintzige der gleichen Suͤnde ſeye/ das haſtu in voriger
Lection vernommen. Es ſagt der Heil. Geiſt durch den Mund deß aller-
weiſeſten Salomon: Sey nicht ohne Forcht der vergebenenEccl. 5. 5.
Sünde halben; und du foͤrchteſt dich nicht fuͤr den Suͤnden/ fuͤr welche
du oder geringe/ oder gar keine Buß gethan haſt? Sollen uns nicht in Forcht
ſetzen die Suͤnden ſo wir taͤglich und immerfort begehen durch Gedancken/
durch Unwiſſenheit/ durch Vergeſſenheit/ durch Noth/ durch den Willen/Serm. 4.
de jejun.

durch einſchleichen/ durch die Traͤum/ &c. Nicht leichtlich/ ſagt
der heilige Papſt Leo/ kombt ein Soldat in einem

hitzi-
D d d d 2
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[579/0607] Von der Forcht GOttes. ſen Glauben haͤtte/ daß er mit dem Evangeliſchen Hauptman von Chriſto gelobt/ und zu hoͤren gewuͤrdiget wuͤrde: Jch hab ſo groſſen Glau- ben nicht gefunden in Jſrael. Wann einer ſo unſtraͤffliches Le- ben fuͤhrete/ daß ihn der Heyland mit dem Lob verehrete/ daß er den Nata- nael gegeben und geſagt hat: Siehe der iſt warhafftig ein Jſraeliter/ in welchem kein Betrug iſt. Endlich/ wann einer fuͤr die Ehr GOttes und Außbreitung deß Glaubens ſo eifferig waͤre/ ſo gearbeitet haͤtte/ und ein auſſerwaͤltes Gefaͤß von GOtt ſelbſt genennet wuͤr- de/ wie Paulus. Und/ mit einem Wort/ wann er ſo vollkommen und gerecht waͤre/ wie der heilige Joannes der Taͤuffer/ daß er alle/ ſo von den Weibern gebohren/ an Heiligkeit uͤbertreffe; ſo kan er doch von der Forcht nicht außgeſchloſſen werden; dann ob er ſchon allen den gemeldten Lob ver- dienet haͤtte/ ſo hat er dannoch Urſach ſich zu foͤrchten; zumahlen der jeni- ge/ ſo da vermeint/ er ſtehe/ nach Meynung deß Apoſtels/ ſolle zuſehen/ daß er nicht falle. Dahero ſagt der fromme und erfahrne Job: Siehe/ die ihm dienen/ ſeynd nicht beſtaͤndig/ und in ſeinen Engeln hat er Boͤßheit gefunden: wie viel mehr die jenige/ wel- che in Leymen Haͤuſſern wohnen. M atth. 8 4. v. 18. 5. Haben nun dieſe ſich zu foͤrchten/ welche auch alle die vorbenente Eh- ren Titulen verdienet haͤtten; wie viel wichterige Urſach haben dann nicht in Forcht zu leben die jenige/ ſo da mit den Stricken allerhand Suͤnden umb- geben ſeynd/ und immer in groſſer Gefahr ihres Heyls ſchweben? O Blindheit! Wir wiſſen/ daß viele beruffen ſeynd/ aber wenig werden auß- erwaͤhlet werden; wir wiſſen daß die ewige Warheit nicht liegen kan; und daß nicht alle/ die da HErr/ HErr/ ſagen/ werden zum Himmel eingelaſ- ſen werden; und gleichwohl leben wir in ſo gar geringer Forcht daher/ als wann ſothane Warheiten uns zum wenigſten geſagt waͤren. Dieß iſt das erſte Bedencken. Zum andern bedencke/ mein Chriſtliche Seel/ daß der Menſch auffs wenigſt ohne laͤßliche Suͤnd kaum leben koͤnne. Wie groß und ſchwaͤr aber ein eintzige der gleichen Suͤnde ſeye/ das haſtu in voriger Lection vernommen. Es ſagt der Heil. Geiſt durch den Mund deß aller- weiſeſten Salomon: Sey nicht ohne Forcht der vergebenen Sünde halben; und du foͤrchteſt dich nicht fuͤr den Suͤnden/ fuͤr welche du oder geringe/ oder gar keine Buß gethan haſt? Sollen uns nicht in Forcht ſetzen die Suͤnden ſo wir taͤglich und immerfort begehen durch Gedancken/ durch Unwiſſenheit/ durch Vergeſſenheit/ durch Noth/ durch den Willen/ durch einſchleichen/ durch die Traͤum/ &c. Nicht leichtlich/ ſagt der heilige Papſt Leo/ kombt ein Soldat in einem hitzi- Eccl. 5. 5. Serm. 4. de jejun. D d d d 2

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 579. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/607>, abgerufen am 22.11.2024.