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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Von der Grobheit der Sünde.
fes Gesicht. Die Fürnembste vermeinen das einige Schwachheit im
Glauben bey denen zweyen Brüdern gewesen seye; nicht daß sie an der
Macht GOTTes Zweiffel hätten; sondern/ daß sie in Ansehung der
Hartnäckigkeit deß Volcks/ zwischen Forcht und Hoffnung gestanden/
es mögte villeicht GOTT ein solche Wohlthat zu erzeigen/ sich wei-
gern. Derhalben hat er die Kinder Jsrael in diesem seinem Zweiffel al-
so angeredet: Hört/ Jhr Rebellen und Klein-Glaubi-
ge: sollen wir euch wohl auß diesem Felsen Wasser zie-
hen können:
Dieser Meinung ist das grosse Kirchen - Licht derS. P. Aug.
in q. vet.
Testam.

heilige Augustinus und mit selbigem der heilige Jsidorus/ wie auch
die Glossa Ordinaria und andere. Wegen dieser kleinen läßlichen
Sünd hat GOtt dermassen über seine Diener gezürnet; das Moyses
mit allem seinem Gebett/ krafft dessen er dem Volck so öfftere Nach-
laß bey seinem GOTT erhalten hatte/ denselben gleichwohl für sich
zur Abwendung der gedreueten Straff nicht bewegen können: dann
da er das glückseelige und fruchtbare Land von weitem betrachtet/ hat
er GOTT Fuß-fällig gebetten/ Er mögte ihn doch erlauben/ daß
er alle Länder/ so jenseit deß Jordans gelegen waren/ mit seinen Au-
gen Beschauen mögte. Der HERR aber ist über ihn erzürnet ge-
wesen/ und hat ihn nicht erhöret; sondern hat gesagt: Laß dirsDeut. [3].
v.
26.

gnug seyn/ und sage mir von der Sachen hinforder
nicht mehr.

Dieses eintzige Bey - Spiel beweiset gnug/ wie höchlich der All-
mächtige GOTT durch ein eintzige läßliche Sünd beleidiget wer-
de. Dieserthalben ist auch der gute David durch Erlegung sieben-
zig tausend Menschen von GOTT gezüchtiget worden/ daß er sein
Volck hat zehlen lassen; und also (wie die meiste Gelehrte vermei-
nen) nur läßlich gesündiget. Wann dann GOTT so scharff ver-
fahret mit seinen geheimbsten Freunden/ wer will dann dörffen sagen/
daß die läßliche Sünd wenig zu achten seye? Alphonsus Rodriquez
ein Ley-Bruder auß der Societet JESU und heiliger Mann
wurde einsmahls von Christo und dem heiligen Francisco gefragt;
warumb er weine? Gab aber zur Antwort und sagte: Solte ich
nicht weinen/ da ich die Grobheit meiner Sünden erkenne/ und
versichert bin/ daß auch eine eintzige von meinen läßlichen Sünden

ver-
C c c c 3

Von der Grobheit der Suͤnde.
fes Geſicht. Die Fuͤrnembſte vermeinen das einige Schwachheit im
Glauben bey denen zweyen Bruͤdern geweſen ſeye; nicht daß ſie an der
Macht GOTTes Zweiffel haͤtten; ſondern/ daß ſie in Anſehung der
Hartnaͤckigkeit deß Volcks/ zwiſchen Forcht und Hoffnung geſtanden/
es moͤgte villeicht GOTT ein ſolche Wohlthat zu erzeigen/ ſich wei-
gern. Derhalben hat er die Kinder Jſrael in dieſem ſeinem Zweiffel al-
ſo angeredet: Hoͤrt/ Jhr Rebellen und Klein-Glaubi-
ge: ſollen wir euch wohl auß dieſem Felſen Waſſer zie-
hen koͤnnen:
Dieſer Meinung iſt das groſſe Kirchen - Licht derS. P. Aug.
in q. vet.
Teſtam.

heilige Auguſtinus und mit ſelbigem der heilige Jſidorus/ wie auch
die Gloſſa Ordinaria und andere. Wegen dieſer kleinen laͤßlichen
Suͤnd hat GOtt dermaſſen uͤber ſeine Diener gezuͤrnet; das Moyſes
mit allem ſeinem Gebett/ krafft deſſen er dem Volck ſo oͤfftere Nach-
laß bey ſeinem GOTT erhalten hatte/ denſelben gleichwohl fuͤr ſich
zur Abwendung der gedreueten Straff nicht bewegen koͤnnen: dann
da er das gluͤckſeelige und fruchtbare Land von weitem betrachtet/ hat
er GOTT Fuß-faͤllig gebetten/ Er moͤgte ihn doch erlauben/ daß
er alle Laͤnder/ ſo jenſeit deß Jordans gelegen waren/ mit ſeinen Au-
gen Beſchauen moͤgte. Der HERR aber iſt uͤber ihn erzuͤrnet ge-
weſen/ und hat ihn nicht erhoͤret; ſondern hat geſagt: Laß dirsDeut. [3].
v.
26.

gnug ſeyn/ und ſage mir von der Sachen hinforder
nicht mehr.

Dieſes eintzige Bey - Spiel beweiſet gnug/ wie hoͤchlich der All-
maͤchtige GOTT durch ein eintzige laͤßliche Suͤnd beleidiget wer-
de. Dieſerthalben iſt auch der gute David durch Erlegung ſieben-
zig tauſend Menſchen von GOTT gezuͤchtiget worden/ daß er ſein
Volck hat zehlen laſſen; und alſo (wie die meiſte Gelehrte vermei-
nen) nur laͤßlich geſuͤndiget. Wann dann GOTT ſo ſcharff ver-
fahret mit ſeinen geheimbſten Freunden/ wer will dann doͤrffen ſagen/
daß die laͤßliche Suͤnd wenig zu achten ſeye? Alphonſus Rodriquez
ein Ley-Bruder auß der Societet JESU und heiliger Mann
wurde einsmahls von Chriſto und dem heiligen Franciſco gefragt;
warumb er weine? Gab aber zur Antwort und ſagte: Solte ich
nicht weinen/ da ich die Grobheit meiner Suͤnden erkenne/ und
verſichert bin/ daß auch eine eintzige von meinen laͤßlichen Suͤnden

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C c c c 3
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[573/0601] Von der Grobheit der Suͤnde. fes Geſicht. Die Fuͤrnembſte vermeinen das einige Schwachheit im Glauben bey denen zweyen Bruͤdern geweſen ſeye; nicht daß ſie an der Macht GOTTes Zweiffel haͤtten; ſondern/ daß ſie in Anſehung der Hartnaͤckigkeit deß Volcks/ zwiſchen Forcht und Hoffnung geſtanden/ es moͤgte villeicht GOTT ein ſolche Wohlthat zu erzeigen/ ſich wei- gern. Derhalben hat er die Kinder Jſrael in dieſem ſeinem Zweiffel al- ſo angeredet: Hoͤrt/ Jhr Rebellen und Klein-Glaubi- ge: ſollen wir euch wohl auß dieſem Felſen Waſſer zie- hen koͤnnen: Dieſer Meinung iſt das groſſe Kirchen - Licht der heilige Auguſtinus und mit ſelbigem der heilige Jſidorus/ wie auch die Gloſſa Ordinaria und andere. Wegen dieſer kleinen laͤßlichen Suͤnd hat GOtt dermaſſen uͤber ſeine Diener gezuͤrnet; das Moyſes mit allem ſeinem Gebett/ krafft deſſen er dem Volck ſo oͤfftere Nach- laß bey ſeinem GOTT erhalten hatte/ denſelben gleichwohl fuͤr ſich zur Abwendung der gedreueten Straff nicht bewegen koͤnnen: dann da er das gluͤckſeelige und fruchtbare Land von weitem betrachtet/ hat er GOTT Fuß-faͤllig gebetten/ Er moͤgte ihn doch erlauben/ daß er alle Laͤnder/ ſo jenſeit deß Jordans gelegen waren/ mit ſeinen Au- gen Beſchauen moͤgte. Der HERR aber iſt uͤber ihn erzuͤrnet ge- weſen/ und hat ihn nicht erhoͤret; ſondern hat geſagt: Laß dirs gnug ſeyn/ und ſage mir von der Sachen hinforder nicht mehr. S. P. Aug. in q. vet. Teſtam. Deut. 3. v. 26. Dieſes eintzige Bey - Spiel beweiſet gnug/ wie hoͤchlich der All- maͤchtige GOTT durch ein eintzige laͤßliche Suͤnd beleidiget wer- de. Dieſerthalben iſt auch der gute David durch Erlegung ſieben- zig tauſend Menſchen von GOTT gezuͤchtiget worden/ daß er ſein Volck hat zehlen laſſen; und alſo (wie die meiſte Gelehrte vermei- nen) nur laͤßlich geſuͤndiget. Wann dann GOTT ſo ſcharff ver- fahret mit ſeinen geheimbſten Freunden/ wer will dann doͤrffen ſagen/ daß die laͤßliche Suͤnd wenig zu achten ſeye? Alphonſus Rodriquez ein Ley-Bruder auß der Societet JESU und heiliger Mann wurde einsmahls von Chriſto und dem heiligen Franciſco gefragt; warumb er weine? Gab aber zur Antwort und ſagte: Solte ich nicht weinen/ da ich die Grobheit meiner Suͤnden erkenne/ und verſichert bin/ daß auch eine eintzige von meinen laͤßlichen Suͤnden ver- C c c c 3

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 573. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/601>, abgerufen am 22.11.2024.