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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Die Vier und Viertzigste Geistliche Lection
Reg. 6.Pharaonem und dessen gantzes Kriegs-Heer ins Meer begraben Die Sünd
war ein Ursach der grossen Hungers- Noth/ in der Stadt Samaria; alwo
die Mütter ihre Kinder geschlachtet und gessen haben. Aber was halt ich
mich in Erzehlung der Sünden/ und deren Straffen auff ins besonder? Mit
einem Wort kan ich mit dem heiligen Chrysostomo und allen andern H. H.
Vättern sagen: die Sünd ist ein Ursprung alles Ubels. Auß der Sünd
kombt die Traurigkeit; auß der Sünd entstehet die Auffruhr; und von der
Sünd kombt der Krieg her; die Sünd führt die Kranckheiten und böse Seuchten
mit sich; und alles/ was dem Menschen überlästig und schwer fallet/ hat sei-
nen Anfang von der Sünde. Dahero ermahnet uns billig der Gottselige
L. 3. c. 4.
§.
3.
Thomas a Kempis und sagt: Nichts fliehe so hart/ als deine ei-
gene Sund und Laster; die sollen dir mehr mißfallen/
dann aller Ding Schaden.
Und daß zwarn auß rechtmässigen Ur-
sachen: dieweilen nemblich aller Schad der zeitlichen Güter/ alle Kranck-
heit und schwäre Zufälle/ aller Krieg und alle Widerwärtigkeit seynd keine
Ubeln mehr/ wann sie mit der Sünd verglichen werden. Dahero sagt der
Coll. 6. c.
3.
fromme Alt- Vatter Theodorus bey dem Cassiano: Jn den menschli-
chen Dingen ist nicht für ein zu schätzen/ als die Sund
allein: dann so diese uns von dem guten GOTT scheidet/
macht sie uns dem bösen Feind gleich.
Mit diesem heiligen
Mann haltet es der erfahrne Chrysostomus und sagt: Nur ein eintzige
Sach haben wir zu förchten/ nemblich die Sünd: das übrige ist alles bey
mir nichts anders/ als ein lautere Fabel und Kinder-Spiel. Die dritte Ur-
sach/ warumb die Sünd die allerhöchste Erzürnung GOTTES seye/
kan darauß abgenommen werden; dieweilen GOTT nemblich verordnet
hat/ daß die Buß der büssenden Sünder bey ihme allzeit gelten solle. Zu-
De vera
& sal.
Poen c.
5.
mahlen kündig ist/ sagt der heilige Vatter Augustinus: Daß ihm
die Sunden sehr mißfallen/ der immer bereit/ selbige durch
die Buß zu vernichtigen. Dann wann er sie nicht hassete/
so wurde er sie nicht also suchen zu vertilgen. Sondern
er vernichtiget allzeit die Sunden/ die er findet/ auff daß
unverletzt verbleibe/ was er erschaffen hat/ und nicht ver-
derbe/ was er geliebt hat.

3. Daß andere/ so uns zur Meidung der Sünden soll antreiben/ ist
dieses; daß die Sünd auch die höchste Erzürnung Christi unseres Hey-
lands ist/ wie der heilige Bernardus uns mit diesen Worten zeiget: Jch/
sagt er/ nehme ab die grösse meiner Gefahr auß dem grossen Wort der Artze-

ney/

Die Vier und Viertzigſte Geiſtliche Lection
Reg. 6.Pharaonem und deſſen gantzes Kriegs-Heer ins Meer begraben Die Suͤnd
war ein Urſach der groſſen Hungers- Noth/ in der Stadt Samaria; alwo
die Muͤtter ihre Kinder geſchlachtet und geſſen haben. Aber was halt ich
mich in Erzehlung der Suͤnden/ und deren Straffen auff ins beſonder? Mit
einem Wort kan ich mit dem heiligen Chryſoſtomo und allen andern H. H.
Vaͤttern ſagen: die Suͤnd iſt ein Urſprung alles Ubels. Auß der Suͤnd
kombt die Traurigkeit; auß der Suͤnd entſtehet die Auffruhr; und von der
Suͤnd kombt der Krieg her; die Suͤnd fuͤhrt die Kranckheitẽ und boͤſe Seuchtẽ
mit ſich; und alles/ was dem Menſchen uͤberlaͤſtig und ſchwer fallet/ hat ſei-
nen Anfang von der Suͤnde. Dahero ermahnet uns billig der Gottſelige
L. 3. c. 4.
§.
3.
Thomas à Kempis und ſagt: Nichts fliehe ſo hart/ als deine ei-
gene Sůnd und Laſter; die ſollen dir mehr mißfallen/
dann aller Ding Schaden.
Und daß zwarn auß rechtmaͤſſigen Ur-
ſachen: dieweilen nemblich aller Schad der zeitlichen Guͤter/ alle Kranck-
heit und ſchwaͤre Zufaͤlle/ aller Krieg und alle Widerwaͤrtigkeit ſeynd keine
Ubeln mehr/ wann ſie mit der Suͤnd verglichen werden. Dahero ſagt der
Coll. 6. c.
3.
fromme Alt- Vatter Theodorus bey dem Caſſiano: Jn den menſchli-
chen Dingen iſt nicht für ein zu ſchaͤtzen/ als die Sund
allein: dann ſo dieſe uns von dem guten GOTT ſcheidet/
macht ſie uns dem boͤſen Feind gleich.
Mit dieſem heiligen
Mann haltet es der erfahrne Chryſoſtomus und ſagt: Nur ein eintzige
Sach haben wir zu foͤrchten/ nemblich die Suͤnd: das uͤbrige iſt alles bey
mir nichts anders/ als ein lautere Fabel und Kinder-Spiel. Die dritte Ur-
ſach/ warumb die Suͤnd die allerhoͤchſte Erzuͤrnung GOTTES ſeye/
kan darauß abgenommen werden; dieweilen GOTT nemblich verordnet
hat/ daß die Buß der buͤſſenden Suͤnder bey ihme allzeit gelten ſolle. Zu-
De vera
& ſal.
Pœn c.
5.
mahlen kündig iſt/ ſagt der heilige Vatter Auguſtinus: Daß ihm
die Sůnden ſehr mißfallen/ der immer bereit/ ſelbige durch
die Buß zu vernichtigen. Dann wann er ſie nicht haſſete/
ſo wůrde er ſie nicht alſo ſuchen zu vertilgen. Sondern
er vernichtiget allzeit die Sůnden/ die er findet/ auff daß
unverletzt verbleibe/ was er erſchaffen hat/ und nicht ver-
derbe/ was er geliebt hat.

3. Daß andere/ ſo uns zur Meidung der Suͤnden ſoll antreiben/ iſt
dieſes; daß die Suͤnd auch die hoͤchſte Erzuͤrnung Chriſti unſeres Hey-
lands iſt/ wie der heilige Bernardus uns mit dieſen Worten zeiget: Jch/
ſagt er/ nehme ab die groͤſſe meiner Gefahr auß dem groſſen Wort der Artze-

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[566/0594] Die Vier und Viertzigſte Geiſtliche Lection Pharaonem und deſſen gantzes Kriegs-Heer ins Meer begraben Die Suͤnd war ein Urſach der groſſen Hungers- Noth/ in der Stadt Samaria; alwo die Muͤtter ihre Kinder geſchlachtet und geſſen haben. Aber was halt ich mich in Erzehlung der Suͤnden/ und deren Straffen auff ins beſonder? Mit einem Wort kan ich mit dem heiligen Chryſoſtomo und allen andern H. H. Vaͤttern ſagen: die Suͤnd iſt ein Urſprung alles Ubels. Auß der Suͤnd kombt die Traurigkeit; auß der Suͤnd entſtehet die Auffruhr; und von der Suͤnd kombt der Krieg her; die Suͤnd fuͤhrt die Kranckheitẽ und boͤſe Seuchtẽ mit ſich; und alles/ was dem Menſchen uͤberlaͤſtig und ſchwer fallet/ hat ſei- nen Anfang von der Suͤnde. Dahero ermahnet uns billig der Gottſelige Thomas à Kempis und ſagt: Nichts fliehe ſo hart/ als deine ei- gene Sůnd und Laſter; die ſollen dir mehr mißfallen/ dann aller Ding Schaden. Und daß zwarn auß rechtmaͤſſigen Ur- ſachen: dieweilen nemblich aller Schad der zeitlichen Guͤter/ alle Kranck- heit und ſchwaͤre Zufaͤlle/ aller Krieg und alle Widerwaͤrtigkeit ſeynd keine Ubeln mehr/ wann ſie mit der Suͤnd verglichen werden. Dahero ſagt der fromme Alt- Vatter Theodorus bey dem Caſſiano: Jn den menſchli- chen Dingen iſt nicht für ein zu ſchaͤtzen/ als die Sund allein: dann ſo dieſe uns von dem guten GOTT ſcheidet/ macht ſie uns dem boͤſen Feind gleich. Mit dieſem heiligen Mann haltet es der erfahrne Chryſoſtomus und ſagt: Nur ein eintzige Sach haben wir zu foͤrchten/ nemblich die Suͤnd: das uͤbrige iſt alles bey mir nichts anders/ als ein lautere Fabel und Kinder-Spiel. Die dritte Ur- ſach/ warumb die Suͤnd die allerhoͤchſte Erzuͤrnung GOTTES ſeye/ kan darauß abgenommen werden; dieweilen GOTT nemblich verordnet hat/ daß die Buß der buͤſſenden Suͤnder bey ihme allzeit gelten ſolle. Zu- mahlen kündig iſt/ ſagt der heilige Vatter Auguſtinus: Daß ihm die Sůnden ſehr mißfallen/ der immer bereit/ ſelbige durch die Buß zu vernichtigen. Dann wann er ſie nicht haſſete/ ſo wůrde er ſie nicht alſo ſuchen zu vertilgen. Sondern er vernichtiget allzeit die Sůnden/ die er findet/ auff daß unverletzt verbleibe/ was er erſchaffen hat/ und nicht ver- derbe/ was er geliebt hat. Reg. 6. L. 3. c. 4. §. 3. Coll. 6. c. 3. De vera & ſal. Pœn c. 5. 3. Daß andere/ ſo uns zur Meidung der Suͤnden ſoll antreiben/ iſt dieſes; daß die Suͤnd auch die hoͤchſte Erzuͤrnung Chriſti unſeres Hey- lands iſt/ wie der heilige Bernardus uns mit dieſen Worten zeiget: Jch/ ſagt er/ nehme ab die groͤſſe meiner Gefahr auß dem groſſen Wort der Artze- ney/

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 566. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/594>, abgerufen am 17.05.2024.