Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.Von der Hand-Arbeit. ren alle weiß gekleidet/ und hatte unter selbigen den Vorzug; welche mitihrer ansehnlichen Grösse und Schönheit alle andere weit übertraffe. Da nun selbige zu den arbeitenden Geistlichen kommen/ hat sie einen jeden gar lieblich und holdseelig umbhälset und geküsset/ auch alsbald mit denen Lei- nen Tüchlein/ welche ihre Gesellinnen bey sich trugen/ ihnen den Schweiß und Staub abzuwischen angefangen. Jndem aber der H. Mann bey sich erwogen/ wer diese seyn müsten; ist ihm offenbahret worden/ daß diese/ so er für die Vornehmbste ansehe/ die Mutter deß Heylands seye/ die andere aber heilige Jungfrauen. Dieses Gesicht hat den obgemeldten Reinaldum zum arbeiten sehr angefrischet: die übrige/ denen sothane Gnad widerfahren ware/ und dannoch mit den Augen deß Leibs nichts gesehen; haben dieser Offenbahrung den gebürlichen Glauben leichtlich zustellen können; in dem sie empfunden/ daß ihre Kräfften deß Leibs gestärcket/ die Gedult gemehret/ und sie mit einem sonderbahren Geschmack der Süssigkeit er götzet worden. Auch hat die allerseeligste Jungfrau einen Koch desselben Klosters getröstet/ und ihm zur Ruhe einzuligen befohlen/ welcher/ nach lang wiriger verrichteten Arbeit/ deß Abends noch betten wollen. Wann dann GOtt/ und die Seinige an den arbeitenden Geistlichen ein solches Wohlgefallen an- noch zeigen auff Erden/ daß sie auch dieselbe besuchen/ trösten/ und so gar derselben Schritt zehlen (wie wir in dem Leben der heiligen Alt- Vätter le- sen) was grossen Lohn wird dann nicht wegen seiner vernünfftlichen Arbeit ein Geistlicher empfangen im Himmel? Obschon Christus die betrachten- de Magdalenam gelobet/ so hat er dannoch die Arbeit der sorgfältigen Mar- thä nicht verachtet. Eins ist gut beym andern. Recht und wohl kan an- jetzo die himmlische Köchin sagen mit dem Weisen Mann: Siehet zu mit eueren Augen/ dann ich hab ein wenig für den HErrn mit Zurüsten und Auffwarten mich bemühet/ und hab mir ein grosse Ruhe gefunden. 7. Merck nun auff/ mein Christliche Seel/ was ich dir sage. Wer ro
Von der Hand-Arbeit. ren alle weiß gekleidet/ und hatte unter ſelbigen den Vorzug; welche mitihrer anſehnlichen Groͤſſe und Schoͤnheit alle andere weit uͤbertraffe. Da nun ſelbige zu den arbeitenden Geiſtlichen kommen/ hat ſie einen jeden gar lieblich und holdſeelig umbhaͤlſet und gekuͤſſet/ auch alsbald mit denen Lei- nen Tuͤchlein/ welche ihre Geſellinnen bey ſich trugen/ ihnen den Schweiß und Staub abzuwiſchen angefangen. Jndem aber der H. Mann bey ſich erwogen/ wer dieſe ſeyn muͤſten; iſt ihm offenbahret worden/ daß dieſe/ ſo er fuͤr die Vornehmbſte anſehe/ die Mutter deß Heylands ſeye/ die andere aber heilige Jungfrauen. Dieſes Geſicht hat den obgemeldten Reinaldum zum arbeiten ſehr angefriſchet: die uͤbrige/ denen ſothane Gnad widerfahren ware/ und dannoch mit den Augen deß Leibs nichts geſehen; haben dieſer Offenbahrung den gebuͤrlichen Glauben leichtlich zuſtellen koͤnnen; in dem ſie empfunden/ daß ihre Kraͤfften deß Leibs geſtaͤrcket/ die Gedult gemehret/ und ſie mit einem ſonderbahren Geſchmack der Suͤſſigkeit er goͤtzet worden. Auch hat die allerſeeligſte Jungfrau einen Koch deſſelben Kloſters getroͤſtet/ und ihm zur Ruhe einzuligen befohlen/ welcher/ nach lang wiriger verrichteten Arbeit/ deß Abends noch betten wollen. Wann dann GOtt/ und die Seinige an den arbeitenden Geiſtlichen ein ſolches Wohlgefallen an- noch zeigen auff Erden/ daß ſie auch dieſelbe beſuchen/ troͤſten/ und ſo gar derſelben Schritt zehlen (wie wir in dem Leben der heiligen Alt- Vaͤtter le- ſen) was groſſen Lohn wird dann nicht wegen ſeiner vernuͤnfftlichen Arbeit ein Geiſtlicher empfangen im Himmel? Obſchon Chriſtus die betrachten- de Magdalenam gelobet/ ſo hat er dannoch die Arbeit der ſorgfaͤltigen Mar- thaͤ nicht verachtet. Eins iſt gut beym andern. Recht und wohl kan an- jetzo die himmliſche Koͤchin ſagen mit dem Weiſen Mann: Siehet zu mit eueren Augen/ dann ich hab ein wenig fuͤr den HErrn mit Zuruͤſten und Auffwarten mich bemuͤhet/ und hab mir ein groſſe Ruhe gefunden. 7. Merck nun auff/ mein Chriſtliche Seel/ was ich dir ſage. Wer ro
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Von der Hand-Arbeit.
ren alle weiß gekleidet/ und hatte unter ſelbigen den Vorzug; welche mit
ihrer anſehnlichen Groͤſſe und Schoͤnheit alle andere weit uͤbertraffe. Da
nun ſelbige zu den arbeitenden Geiſtlichen kommen/ hat ſie einen jeden gar
lieblich und holdſeelig umbhaͤlſet und gekuͤſſet/ auch alsbald mit denen Lei-
nen Tuͤchlein/ welche ihre Geſellinnen bey ſich trugen/ ihnen den Schweiß
und Staub abzuwiſchen angefangen. Jndem aber der H. Mann bey ſich
erwogen/ wer dieſe ſeyn muͤſten; iſt ihm offenbahret worden/ daß dieſe/ ſo
er fuͤr die Vornehmbſte anſehe/ die Mutter deß Heylands ſeye/ die andere
aber heilige Jungfrauen. Dieſes Geſicht hat den obgemeldten Reinaldum
zum arbeiten ſehr angefriſchet: die uͤbrige/ denen ſothane Gnad widerfahren
ware/ und dannoch mit den Augen deß Leibs nichts geſehen; haben dieſer
Offenbahrung den gebuͤrlichen Glauben leichtlich zuſtellen koͤnnen;
in dem ſie empfunden/ daß ihre Kraͤfften deß Leibs geſtaͤrcket/ die Gedult
gemehret/ und ſie mit einem ſonderbahren Geſchmack der Suͤſſigkeit er goͤtzet
worden. Auch hat die allerſeeligſte Jungfrau einen Koch deſſelben Kloſters
getroͤſtet/ und ihm zur Ruhe einzuligen befohlen/ welcher/ nach lang wiriger
verrichteten Arbeit/ deß Abends noch betten wollen. Wann dann GOtt/
und die Seinige an den arbeitenden Geiſtlichen ein ſolches Wohlgefallen an-
noch zeigen auff Erden/ daß ſie auch dieſelbe beſuchen/ troͤſten/ und ſo gar
derſelben Schritt zehlen (wie wir in dem Leben der heiligen Alt- Vaͤtter le-
ſen) was groſſen Lohn wird dann nicht wegen ſeiner vernuͤnfftlichen Arbeit
ein Geiſtlicher empfangen im Himmel? Obſchon Chriſtus die betrachten-
de Magdalenam gelobet/ ſo hat er dannoch die Arbeit der ſorgfaͤltigen Mar-
thaͤ nicht verachtet. Eins iſt gut beym andern. Recht und wohl kan an-
jetzo die himmliſche Koͤchin ſagen mit dem Weiſen Mann: Siehet zu mit
eueren Augen/ dann ich hab ein wenig fuͤr den HErrn mit Zuruͤſten und
Auffwarten mich bemuͤhet/ und hab mir ein groſſe Ruhe gefunden.
7. Merck nun auff/ mein Chriſtliche Seel/ was ich dir ſage. Wer
fleiſſig/ vernuͤnfftig und wohl arbeitet/ derſelbe erwirbt ſich eine dreyfache
Ruhe. Eine vor den Todt: dann er verurſachet ſeinem Leib eine Ruhe/ in-
dem er macht/ daß er ruhiger und ſanffter ſchlaffe/ nach dieſen Worten deß
Weiſen Manns: Wer arbeitet dem iſt der Schlaaff ſůß. Und
der Seelen; indem er durch die Arbeit den Muͤſſiggang/ und mit ſelbigem
die boͤſe Laſter vertreibet; und ſich alſo ein ruhiges und ſicheres Gewiſſen/
welches alle Freuden der Welt uͤbertrifft/ zu wegen bringt. Die andere
Ruhe erwirbt er ſich in dem Tod; zumahlen er weiß/ daß er die Tag ſeines
Lebens nicht muͤſſig zugebracht habe/ ſondern fleiſſig gearbeitet; und dahe-
ro
Eccl. 5. 11.
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