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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Von der Sacramentalischen Beicht.
selbige lauter Crocudilen Zähren gewesen seyen: von welchem Thier die
Naturalisten schreiben/ daß es sehr begierich seye Menschen-Fleisch zu essen;
dahero verschönt es keines Menschen/ sonderen tödtet denselben/ wann er ihm
begegnet/ und frisset ihnen: nachmahlen nimbt es die Hirn-Sthal zwischen
die Klawen/ und beweinet selbige mit vielen Zähren; nicht derhalben/ daß es
mit dem Todten Menschen ein Mitleiden habe; sonderen weil es ketn Fleiß
mehr an der Hirn-Schal sindet. Solche Zähren vergiessen viele Ster-
bende; nachdem sie sich mit vielen lasteren ersättiget haben/ ergreiffen sie
den Geereutzigten Herren in die Hand/ küssen denselben/ seufftzen und wei-
nen bitterlich. Von alsolchen sagt man hernach: O was ein seeliges End
hat der gehabt! Ach mögt ich doch auch also sterben! Wie hat der seine Sün-
den so schon beweinet! Es stehet aber bey vielen zu förchten/ daß dergleichen
Zähren nur Crocudilen-Zähren gewesen seyen: zumalen viele/ nicht ihre
Sünden/ sonderen allein beweinen/ daß sie von ihren Wollusten/ von ihren
weltlichen Ehren und Reichtumben scheiden müssen: und das lehret die
tägliche Erfahrnuß uns gnugsamb an denen/ so da von einer schwären
Kranckheit genesen/ und sich alsbald zu ihrem Gottlosen Leben und verfluch-
ten Gewonheiten wenden: darauß man in Warheit nicht unbillig schliessen
kan/ daß derselben Bußfertigkeit und besserungs Fürsatz nicht kräfftig gnug
gewesen seye/ die ewige Seeligkeit zu erlangen. Welches alles durch fol-
gende Histori bestättiget wird.

15. Cäsarius schreibt/ daß zu seinen Zeiten in der vorgemelten Stadt Pa-Historia.
riß gewesen seye ein ficher Canonicus/ welcher eine feiste Präbend gehabt/
und in allerhand Gemächlig- und Ergötzligkeiten gleichsamb geschwummen:
bey den Gastmalen hat er sich fleissig finden lassen; mit zeitlichen Ehren und
Aembteren ist er auch häuffig versehen worden; und/ mit wenig Worten zu
sagen/ was dem Fleisch nur geschmancket/ dessen hat er sich bedienet. Dieser
ist endlich in eine tödtliche Kranckheit gefallen: der Beichts-Vatter ist zur
Stund beruffen worden/ deme der Krancke mit vielen Zähren gebeichtet hat;
die ihm die Schmertzen deß Todts auß den Augen getrieben. Da er nun
gesehen/ daß es mit seinem weiteren Leben geschehen seye; hat er dem Beichts-
Vatter versprochen sich zu besseren: warauff er die H. H. Sacramenten/
nemblich deß Altars und der Oelung empfangen/ und gestorben. Dieser
Canonicus ist kostbarlich begraben worden und haben die Fürnembste deß
Adels den Leichenamb zum Grab begleitet bey so schönem und annemlichen
Wetter/ daß man hätte vermeinen sollen/ der Himmel habe diesen Canonicum/
als einen neu angekommenen Jnwohner mit seiner Schönheit ehren wollen/ in-

dem
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Von der Sacramentaliſchen Beicht.
ſelbige lauter Crocudilen Zaͤhren geweſen ſeyen: von welchem Thier die
Naturaliſten ſchreiben/ daß es ſehr begierich ſeye Menſchen-Fleiſch zu eſſen;
dahero verſchoͤnt es keines Menſchen/ ſonderen toͤdtet denſelben/ wann er ihm
begegnet/ und friſſet ihnen: nachmahlen nimbt es die Hirn-Sthal zwiſchen
die Klawen/ und beweinet ſelbige mit vielen Zaͤhren; nicht derhalben/ daß es
mit dem Todten Menſchen ein Mitleiden habe; ſonderen weil es ketn Fleiß
mehr an der Hirn-Schal ſindet. Solche Zaͤhren vergieſſen viele Ster-
bende; nachdem ſie ſich mit vielen laſteren erſaͤttiget haben/ ergreiffen ſie
den Geereutzigten Herren in die Hand/ kuͤſſen denſelben/ ſeufftzen und wei-
nen bitterlich. Von alſolchen ſagt man hernach: O was ein ſeeliges End
hat der gehabt! Ach moͤgt ich doch auch alſo ſterben! Wie hat der ſeine Suͤn-
den ſo ſchon beweinet! Es ſtehet aber bey vielen zu foͤrchten/ daß dergleichen
Zaͤhren nur Crocudilen-Zaͤhren geweſen ſeyen: zumalen viele/ nicht ihre
Suͤnden/ ſonderen allein beweinen/ daß ſie von ihren Wolluſten/ von ihren
weltlichen Ehren und Reichtumben ſcheiden muͤſſen: und das lehret die
taͤgliche Erfahrnuß uns gnugſamb an denen/ ſo da von einer ſchwaͤren
Kranckheit geneſen/ und ſich alsbald zu ihrem Gottloſen Leben und verfluch-
ten Gewonheiten wenden: darauß man in Warheit nicht unbillig ſchlieſſen
kan/ daß derſelben Bußfertigkeit und beſſerungs Fuͤrſatz nicht kraͤfftig gnug
geweſen ſeye/ die ewige Seeligkeit zu erlangen. Welches alles durch fol-
gende Hiſtori beſtaͤttiget wird.

15. Caͤſarius ſchreibt/ daß zu ſeinen Zeiten in der vorgemelten Stadt Pa-Hiſtoria.
riß geweſen ſeye ein ficher Canonicus/ welcher eine feiſte Praͤbend gehabt/
und in allerhand Gemaͤchlig- und Ergoͤtzligkeiten gleichſamb geſchwummen:
bey den Gaſtmalen hat er ſich fleiſſig finden laſſen; mit zeitlichen Ehren und
Aembteren iſt er auch haͤuffig verſehen worden; und/ mit wenig Worten zu
ſagen/ was dem Fleiſch nur geſchmãcket/ deſſen hat er ſich bedienet. Dieſer
iſt endlich in eine toͤdtliche Kranckheit gefallen: der Beichts-Vatter iſt zur
Stund beruffen worden/ deme der Krancke mit vielen Zaͤhren gebeichtet hat;
die ihm die Schmertzen deß Todts auß den Augen getrieben. Da er nun
geſehen/ daß es mit ſeinem weiteren Leben geſchehen ſeye; hat er dem Beichts-
Vatter verſprochen ſich zu beſſeren: warauff er die H. H. Sacramenten/
nemblich deß Altars und der Oelung empfangen/ und geſtorben. Dieſer
Canonicus iſt koſtbarlich begraben worden und haben die Fuͤrnembſte deß
Adels den Leichenamb zum Grab begleitet bey ſo ſchoͤnem und annemlichen
Wetter/ daß man haͤtte vermeinen ſollen/ der Himmel habe dieſen Canonicum/
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dem
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[521/0549] Von der Sacramentaliſchen Beicht. ſelbige lauter Crocudilen Zaͤhren geweſen ſeyen: von welchem Thier die Naturaliſten ſchreiben/ daß es ſehr begierich ſeye Menſchen-Fleiſch zu eſſen; dahero verſchoͤnt es keines Menſchen/ ſonderen toͤdtet denſelben/ wann er ihm begegnet/ und friſſet ihnen: nachmahlen nimbt es die Hirn-Sthal zwiſchen die Klawen/ und beweinet ſelbige mit vielen Zaͤhren; nicht derhalben/ daß es mit dem Todten Menſchen ein Mitleiden habe; ſonderen weil es ketn Fleiß mehr an der Hirn-Schal ſindet. Solche Zaͤhren vergieſſen viele Ster- bende; nachdem ſie ſich mit vielen laſteren erſaͤttiget haben/ ergreiffen ſie den Geereutzigten Herren in die Hand/ kuͤſſen denſelben/ ſeufftzen und wei- nen bitterlich. Von alſolchen ſagt man hernach: O was ein ſeeliges End hat der gehabt! Ach moͤgt ich doch auch alſo ſterben! Wie hat der ſeine Suͤn- den ſo ſchon beweinet! Es ſtehet aber bey vielen zu foͤrchten/ daß dergleichen Zaͤhren nur Crocudilen-Zaͤhren geweſen ſeyen: zumalen viele/ nicht ihre Suͤnden/ ſonderen allein beweinen/ daß ſie von ihren Wolluſten/ von ihren weltlichen Ehren und Reichtumben ſcheiden muͤſſen: und das lehret die taͤgliche Erfahrnuß uns gnugſamb an denen/ ſo da von einer ſchwaͤren Kranckheit geneſen/ und ſich alsbald zu ihrem Gottloſen Leben und verfluch- ten Gewonheiten wenden: darauß man in Warheit nicht unbillig ſchlieſſen kan/ daß derſelben Bußfertigkeit und beſſerungs Fuͤrſatz nicht kraͤfftig gnug geweſen ſeye/ die ewige Seeligkeit zu erlangen. Welches alles durch fol- gende Hiſtori beſtaͤttiget wird. 15. Caͤſarius ſchreibt/ daß zu ſeinen Zeiten in der vorgemelten Stadt Pa- riß geweſen ſeye ein ficher Canonicus/ welcher eine feiſte Praͤbend gehabt/ und in allerhand Gemaͤchlig- und Ergoͤtzligkeiten gleichſamb geſchwummen: bey den Gaſtmalen hat er ſich fleiſſig finden laſſen; mit zeitlichen Ehren und Aembteren iſt er auch haͤuffig verſehen worden; und/ mit wenig Worten zu ſagen/ was dem Fleiſch nur geſchmãcket/ deſſen hat er ſich bedienet. Dieſer iſt endlich in eine toͤdtliche Kranckheit gefallen: der Beichts-Vatter iſt zur Stund beruffen worden/ deme der Krancke mit vielen Zaͤhren gebeichtet hat; die ihm die Schmertzen deß Todts auß den Augen getrieben. Da er nun geſehen/ daß es mit ſeinem weiteren Leben geſchehen ſeye; hat er dem Beichts- Vatter verſprochen ſich zu beſſeren: warauff er die H. H. Sacramenten/ nemblich deß Altars und der Oelung empfangen/ und geſtorben. Dieſer Canonicus iſt koſtbarlich begraben worden und haben die Fuͤrnembſte deß Adels den Leichenamb zum Grab begleitet bey ſo ſchoͤnem und annemlichen Wetter/ daß man haͤtte vermeinen ſollen/ der Himmel habe dieſen Canonicum/ als einen neu angekommenẽ Jnwohner mit ſeiner Schoͤnheit ehren wollen/ in- dem Hiſtoria. U u u

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 521. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/549>, abgerufen am 22.11.2024.