Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.Von der Betrachtung deß Leyden Christi. Sohns ein langes Gespräch gehalten/ und unter anderen auch gesagt/ dasChristus dem jenigen/ welcher seyn Leyden offt betrachte/ drey besondere Gnaden verleyhen werde. Erstens/ daß er vor seinem Todt eine vollkom- mene Rew und Leid über seine Sünden werde erwecken können. Zwey- tens/ daß sie ihn in seinem Sterb-Stündlein sonderbar beschützen wolle. Drittens/ daß ein solcher durch ihre Fürbitt. alles zu erhalten vermöge. Seynd daß nicht stattliche Verheissungen? Damit du aber den Nutzen die- ser Ubung noch bessererkennen mögest/ so lese und bedencke was solgt. 5. Es erzehlet der Gottselige Thaulerus, daß Christus einem seiner Die-Thaul. in ten P p p 3
Von der Betrachtung deß Leyden Chriſti. Sohns ein langes Geſpraͤch gehalten/ und unter anderen auch geſagt/ dasChriſtus dem jenigen/ welcher ſeyn Leyden offt betrachte/ drey beſondere Gnaden verleyhen werde. Erſtens/ daß er vor ſeinem Todt eine vollkom- mene Rew und Leid uͤber ſeine Suͤnden werde erwecken koͤnnen. Zwey- tens/ daß ſie ihn in ſeinem Sterb-Stuͤndlein ſonderbar beſchuͤtzen wolle. Drittens/ daß ein ſolcher durch ihre Fuͤrbitt. alles zu erhalten vermoͤge. Seynd daß nicht ſtattliche Verheiſſungen? Damit du aber den Nutzen die- ſer Ubung noch beſſererkennen moͤgeſt/ ſo leſe und bedencke was ſolgt. 5. Es erzehlet der Gottſelige Thaulerus, daß Chriſtus einem ſeiner Die-Thaul. in ten P p p 3
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Von der Betrachtung deß Leyden Chriſti.
Sohns ein langes Geſpraͤch gehalten/ und unter anderen auch geſagt/ das
Chriſtus dem jenigen/ welcher ſeyn Leyden offt betrachte/ drey beſondere
Gnaden verleyhen werde. Erſtens/ daß er vor ſeinem Todt eine vollkom-
mene Rew und Leid uͤber ſeine Suͤnden werde erwecken koͤnnen. Zwey-
tens/ daß ſie ihn in ſeinem Sterb-Stuͤndlein ſonderbar beſchuͤtzen wolle.
Drittens/ daß ein ſolcher durch ihre Fuͤrbitt. alles zu erhalten vermoͤge.
Seynd daß nicht ſtattliche Verheiſſungen? Damit du aber den Nutzen die-
ſer Ubung noch beſſererkennen moͤgeſt/ ſo leſe und bedencke was ſolgt.
5. Es erzehlet der Gottſelige Thaulerus, daß Chriſtus einem ſeiner Die-
ner einsmals gantz verwundet erſcheinen ſeye/ und geſagt habe: Du ſolſt
wiſſen/ daß mir die Menſchen keinen ſo angenehmen Dinſt erweiſen koͤnnen/
als wann ſie mein allerbitter ſtes Leyden und meine grauſambe Wunden in
ihren Hertzen tragen. Nach dem nun der gedachte Diener Gottes gefragt/
was fuͤr einen Nutzen man auß der Betrachtung ſeines allerheiligſten Ley-
den ſchoͤpffen koͤnne: hat er Antwort bekommen/ daß dem Betrachtenden auß
ſothaner ſeiner Ubung/ neun ſonderbare Guͤnſten oder Gnaden erſprieſſen
werden. Erſtlich wird er/ ſagt Chriſtus/ von allen Suͤnden gereiniget/
und was er vernachlaͤſſiget hat/ daß wird auß meinen Verdienſten wider-
umb erſetzet. Zum anderen/ wird er im Streit wider ſeine Feinde alſo
geſtaͤrcket werden/ daß ſie an ihm nichts haben moͤgen: Dann ob er ſchon auß
Schwachheit zu Zeiten fallet/ ſo unterſtuͤtze ich demſelbigen meine huͤlffliche
Hand/ daß er nicht koͤnne zu ſchanden werden: Zum Dritten/ geb ich
ihme Kraͤfften/ damit er alle Tugenten und gute Wercken zu meinem Ver-
gnuͤgen uͤben koͤnne. Zum Vierten/ ob er ſchon mein: Leyden kuͤrtzlich
betrachte/ ſo wird doch deſſen Seel immer in meiner Gnad erneweret.
Zum fůnfften/ bin ich gern bey dem jenigen/ und mache meine Woh-
nung bey-ſelbigem/ welcher mein Leyden andaͤchtiglich bedencket. Zum
Sechſten/ pflege ich einem ſolchen die Geheimnuß/ ſo von meinem Vatter
mir offenbahret worden/ gleicher Geſtalt gern mitzutheilen. Zum Sie-
benten/ werd ich ihn vor ſeinem Todt zur Vollkommenheit gelangen
laſſen/ ihn mir gefaͤllig machen/ und nach ſeinem Todt mit meinen Freunden
belohnen. Zum Achten/ werd ich ihmenichts weigeren/ was er nur ver-
nuͤnfftiglich von mir begehren wird. Zum Neunten/ werd ich ihm in
ſeiner Todt-Angſt trewlich beyſtehen/ und werd ihnen ſeiner Seeligkeit ver-
ſicheren. Solſtu nun wol/ meine Chriſtliche Seel/ ſo unbeſonnenen und nach-
laͤſſig ſein koͤnnen/ daß du nach angehoͤrten ſo herrlichen Gnaden und
Guͤnſten deines Heylands/ deſſelben bitteres Leyden nicht nach allen Kraͤff-
ten
Thaul. in
Explic.
Paſſ.
P p p 3
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